Als ein Ausbilder fragt, wer Lust hat, einmal den Hindernisparcours auszuprobieren, den die Anwärter für die Aufnahme bei der Bundespolizei absolvieren müssen, tritt die 13-jährige Alina unerschrocken vor. Nachdem sie die Übung mit Bravour beendet hat, brandet bei den Umstehenden Applaus auf.
37 Mädchen im Alter von zwölf bis 14 Jahren nutzten kürzlich die Möglichkeit, sich beim Girls’ Day der Bundespolizeischule in Diez über eine Karriere bei der Behörde zu informieren. Die Veranstaltung ist seit jeher beliebt. In diesem Jahr kommen die Schülerinnen, die einen Platz ergattern konnten, aus Rheinland-Pfalz und Hessen. Eine Austauschschülerin aus Frankreich ist auch dabei. Letztes Jahr reiste ein Mädchen sogar eigens aus Bayern nach Diez, um sich über die Ausbildung bei der Bundespolizei zu informieren. Und die Hürden für die Aufnahme sowohl bei der Bundespolizei als auch beim Girls’ Day sind hoch. Die Bewerberinnen dürfen in Sport schlechtestenfalls eine Drei auf dem Zeugnis mitbringen.
Bundespolizei will Frauenanteil weiter steigern
„Meine Tante ist bei der Polizei“, sagt Alina. „Sie hat mir viel über den Beruf erzählt, was ich interessant finde. Da ich gern und viel Sport mache und man für die Ausbildung bei der Bundespolizei fit sein muss, wollte ich am Girls’ Day gerne hier herkommen und mir alles ansehen“, sagt die Schülerin aus Mengerskirchen. „Wie bei Alina verhält es sich bei vielen Interessentinnen“, erzählt Melanie Kostka, Pressesprecherin der Bundespolizeischule. Oft kämen Mädchen zum Girls’ Day, die einen oder mehrere Verwandte hätten, die bei der Bundespolizei arbeiteten. Aber natürlich sei es dennoch nötig, für die Ausbildung weiterhin an Schulen zu werben. „Stand heute haben wir insgesamt 197 Anwärterinnen und Anwärter verteilt in drei Lehrgängen. Davon sind 43 weibliche Auszubildende. Es sind also circa 21 Prozent Frauen, sagt Kostka. Das ist viel im Vergleich zu anderen männerdominierten Berufen, aber die Bundespolizei will ihren Frauen Anteil dennoch erhöhen.
Ähnliches gilt für andere Berufsfelder, die hauptsächlich von Männern gewählt werden. Das weiß auch Marius Engel vom Landesbetrieb Mobilität: „Der LBM weist aufgrund seiner überwiegend technisch geprägten Aufgaben einen höheren Anteil an männlichen Beschäftigten auf. Dennoch lässt sich hier in der jüngeren Vergangenheit durchaus ein leichter Wandel erkennen.“ Im Bereich des klassischen Betriebsdienstes ist der Anteil an weiblichen Beschäftigten des LBM mit 0,8 Prozent äußerst gering. „Der Anteil an weiblichen Auszubildenden von 2,1 Prozent zeigt hier bereits Anzeichen einer Steigerung“, freut sich Engel. „Dies dürfte auch das Ergebnis unseres Engagements am Girls’ Day in den vergangenen Jahren sein. Gerade der Ausbildungsberuf der Straßenwärterin wird hier in den Fokus gerückt.“ Im technischen Bereich des Straßenbaus liegt der Anteil an weiblichen Beschäftigten mittlerweile bei 25,8 Prozent. Dieser lag vor einigen Jahren noch unter 20 Prozent. Hier brachte vor allem das Angebot des kooperativen Studiums in der Fachrichtung Bauingenieurwesen einen Schub.

Zurück in der Bundespolizeischule Diez: Eine Gruppe von Schülerinnen betritt die Waffenkammer. Hier bekommen sie ein Modell der Dienstwaffe vorgeführt, die einige von ihnen in ein paar Jahren vielleicht im Holster tragen werden. „Wir hätten die Veranstaltung auch Girls’ and Boys’ Day’ oder ,Zukunftstag’ nennen können, wie andere Einrichtungen das tun, um sie für Jungen zu öffnen, aber wir haben uns bewusst dazu entschieden, beim Girls’ Day zu bleiben“, erklärt Melanie Kostka. Denn hätte man das Konzept umgekehrt und versucht, Jungen jene Berufsgruppen bei der Bundespolizei näherzubringen, in denen sie unterrepräsentiert sind, und so den männlichen Nachwuchs folgerichtig beim Sanitätsdienst oder in der Verwaltung einsetzen müssen. Das ist aber nicht das, was Jungs interessiert, wenn sie mit dem Gedanken spielen, später einmal zur Bundespolizei zu gehen“, so Kostka.
An der nächsten Station wärmt sich gerade eine Gruppe von Mädchen mit Sit-ups und Liegestützen auf. Anschließend geht es zum Boxtraining. „Immer auf die Deckung achten“, erklärt eine Ausbilderin. „Und wo kommt der Daumen hin?“, fragt sie die Mädchen prüfend. „Nach draußen“, weiß eine Schülerin, die bereits die Fäuste erhoben hat. „Und warum?“ „Weil er sonst brechen könnte, wenn man ihn in der Faust lässt.“ – „Sehr richtig.“

Eine Station weiter nehmen die Schülerinnen in CSI-Manier Fingerabdrücke. Sorgfältig vergleichen sie anschließend die Ergebnisse. Nun müssen sie beurteilen, welche Fingerabdrücke zueinander passen, um die Täter zu überführen. Ein Mädchen ist überzeugt, die Übereinstimmung anhand eines besonders ausgeprägten Schwunges einer Linie auf den Abdrücken erkannt zu haben.
„Es geht hier nicht um Rekrutierung“, sagt Melanie Kostka. „Vielmehr hoffen wir, dass die Mädchen hier einen schönen Tag verleben und sich in ein paar Jahren, wenn sie entscheiden müssen, welchen Beruf sie später ausüben möchten, an diesen Tag erinnern.“ Dann erzählt sie von einer Schülerin, die vor einigen Jahren so große Angst bekam, vom Stufenbarren zu springen, dass sie zu weinen begann. Nur durch gutes Zureden des Ausbilders überwand sie schließlich ihre Angst und sprang doch. „Dieses Mädchen meldet sich regelmäßig bei uns und ist fest entschlossen, nach der Schule bei der Bundespolizei anzufangen“, freut sich Kostka.