Die Reben in den Weinbergen am Rhein leiden unter der Hitze - Bewässerungssysteme und Bodenpflege sollen helfen
Dürre im Weinberg: Trockenheit bereitet Winzern Sorgen
„Reben brauchen unbedingt Wasser, um überleben zu können“, sagt Winzerin Ida Didinger aus Osterspai, deren Anbauflächen allesamt im Bopparder Hamm liegen. Die Trockenheit bereitet auch ihr Sorge. Foto: Elina Didinger

Die Natur leidet unter dem wochenlangen Sonnenschein, Regen wird sehnlichst erwartet. Besonders die jungen Reben, die in diesem Frühjahr gepflanzt wurden, müssen gehegt und gepflegt werden. Das bereitet den Winzern am Mittelrhein nicht nur viel Arbeit, sondern auch eine Menge Sorge.

„Reben brauchen unbedingt Wasser, um überleben zu können“, sagt Winzerin Ida Didinger aus Osterspai, deren Anbauflächen allesamt im Bopparder Hamm liegen. Die Trockenheit bereitet auch ihr Sorge. Foto: Elina Didinger

„Früher galt einmal das Sprichwort ,Niedriger Rhein, goldener Wein'“, sagt Ida Didinger vom Osterspaier Weingut Didinger, dessen Anbauflächen allesamt gegenüber im Bopparder Hamm liegen. „Das kann man eigentlich nicht mehr sagen, denn die Frage ist, wie oft in einem Jahrzehnt wir das gebrauchen können. Bereits 2015 war ein sehr trockenes Jahr, dann folgte 2018. Mittlerweile kommt die Trockenheit fast jedes Jahr. Und die Reben brauchen unbedingt Wasser, um überleben zu können.“

Winzer Johannes Müller aus Spay hat im Bopparder Hamm in der Lage Mandelstein erst im Mai neue Rieslingreben gepflanzt. Verwitterter, trockener Untergrund mit einer geringen Wasserhaltekapazität macht den jungen Reben jetzt das Leben schwer. Sie sind durstig. „Der natürliche Wasservorrat ist schnell verbraucht, hier haben wir einen hohen Arbeitsaufwand“, erklärt der Winzer vom Weingut Matthias Müller aus Spay.

Den ganzen Tag beschäftigt

Bislang hat das Familienweingut jeden Rebstock dreimal gewässert. Je nach Wasserdruck sind es etwa 20 Sekunden, die die Rebe Wasser erhält, um zu überleben. 850 Reben sind es alleine in dieser Weinbergsparzelle. „Damit sind wir einen ganzen Tag im Jungfeld beschäftigt“, berichtet der Jungwinzer. Das liegt daran, dass das Wasser zunächst transportiert und dann die Reben mithilfe einer Wasserlanze bewässert werden müssen. Der Vorteil der Lanze liegt darin, dass das lebensnotwendige Wasser an der Oberfläche vorbei zur Wurzel gebracht wird.

Der natürliche Wasservorrat ist schnell verbraucht, hier haben wir einen hohen Arbeitsaufwand.

Johannes Müller, Winzer aus Spay

In einer Tiefe von 25 bis 30 Zentimetern kommt das Wasser direkt an, ohne an der Oberfläche zu verdunsten. Fünf bis zehn Liter Wasser pro Gabe und Rebe kommen direkt an der Wurzel an. Ein weiterer Vorteil beim Bewässern mit der Wasserlanze ist, dass der Winzer parallel zur Wassergabe den Rebstock pflegen kann. Überschüssige Rebtriebe werden ausgegeizt, ähnlich wie im Hobbygarten bei den Tomatenpflanzen.

Eine Alternative zur Wasserlanze stellt die Tröpfchenbewässerung dar. Aufgrund von Materialengpässen im Frühjahr soll das Jungfeld im November mit Tröpfchenbewässerungsschläuchen ausgestattet werden.

Bewässern nicht einzige Methode

„Falls die Niederschläge über die Wintermonate gering ausfallen sollten, können wir direkt reagieren und Wasser zuführen“, sagt Müller. Nicht mehr nötig ist dann der Wasserlanzeneinsatz, bei dem die Pumpe mit laufendem Motor des Traktors bedient wird. Größere Flächen lassen sich laut dem Jungwinzer mit Bewässerungsschläuchen wesentlich einfacher handhaben. Langfristig sind die Winzer des Bopparder Hamms daran interessiert, eine auf die Gegebenheiten des Hamms zugeschnittene Wasserversorgung der 75 Hektar Rebfläche zu installieren.

„Wasser marsch“ heißt es in den Weinbergen am Mittelrhein. Die frisch gepflanzten Reben leiden extrem unter der Trockenheit. Alle 14 Tage macht sich die Winzerfamilie Müller mit Traktor, Wasserlanze, Schlauch, Wasserfass und Pumpe auf den Weg zu ihren Jungfeldern, um Wasser an die Wurzeln zu bringen. Auf dem Bild versorgt Johannes Müller Rebe für Rebe mit der Wasserlanze im Jungfeld. Foto: Suzanne Breitbach
Suzanne Breitbach

Bewässerung allein ist nicht das einzige Mittel gegen Trockenheit. Parzellenangepasste Bodenpflege und Laubarbeit sind weitere Maßnahmen, die die Rebstöcke entlasten und auf diese Weise deren Wasserbedarf reduzieren können. An einem weiteren Jungfeld an einem vergleichbaren Standort hat sich die Winzerfamilie Müller dazu entschieden, den Traubenertrag zu reduzieren, um die Rebstöcke langfristig vital zu erhalten.

Rückschnitt wird nötig werden

Damit ist gewährleistet, dass der Winzer noch viele Jahre von diesen Reben und deren Erträgen profitieren kann. Dank der aufwendigen Bewässerung der Jungfelder verzeichnen die Winzer im Bopparder Hamm kaum Verluste. Ein starker Rückschnitt im Winter wird allerdings notwendig sein, damit die Reben im kommenden Jahr ihre Kraft auf ein oder zwei Triebe konzentrieren können.

„Die Situation ist bei uns kaum anders“, schildert Winzer Peter Bahles aus Kaub. „Ich habe letztes Jahr eine Junganlage mit 1800 Reben der Rebsorte Hibernal , eine pilzwiderstandsfähige Rebsorte, die nur wenig Pflanzenschutz benötigt gepflanzt und direkt eine Tröpfchenbewässerung mit eingebaut.“ Diese technisch zu bewässern, ist also kein Problem, aber woher das Wasser nehmen?

Trinkwasser nicht verwenden

„Wenn eine Wassergabe auch wirklich am Rebstock ankommen soll, sind bei Tröpfchenbewässerung 10 Liter pro Stock als Mindestmenge erforderlich, also in diesem Fall 18 Kubikmeter“, sagt Bahles. „Das habe ich einmal gemacht, aber jetzt habe ich keinen Wasservorrat mehr, auf den ich zurückgreifen kann. Und Trinkwasser sollte hier nicht zum Einsatz kommen. Wir müssen uns über Wasserreservoirs und die dazu gehörende Technik Gedanken machen und möglichst schnell Lösungen finden“, meint Bahles.

Und auch die alten Rebanlagen leiden, die Beeren sind noch sehr klein und in manchen Flächen wird die zu erwartende Erntemenge sehr gering ausfallen. „Die Qualität dürfte jedoch sehr gut werden. Ich hoffe weiter auf ergiebigen Regen“, sagt er. Das Weingut Didinger hat zwar aktuell keine einjährigen Reben, die bewässert werden müssen, aber die Trockenheit ist bei allen Winzern ein großes Thema. „Auf tiefgründigen Standorten sind die Trauben noch super gesund und in der Reife bereits weit fortgeschritten“, sagt Ida Didinger. Junge Anlagen auf flachgründigen Böden leiden deutlich erkennbar: Die Laubwand ist teilweise bis zur halben Höhe vergilbt.

Regen sehnsüchtig erwartet

„Früher hat man junge Reben gepflanzt und nach drei Jahren den ersten Ertrag gehabt“, weiß Didinger. „Inzwischen sind wir bei fünf bis sechs Jahren. Junge Anlagen brauchen durch den Klimawandel doppelt so lange, bis zum ersten Mal Trauben gelesen werden können. Vielleicht müssen wir neue Sorten pflanzen, die mit dem veränderten Klima besser zurecht kommen.“

Früher hat man junge Reben gepflanzt und nach drei Jahren den ersten Ertrag gehabt. Inzwischen sind wir bei fünf bis sechs Jahren.

Winzerin Ida Didinger aus Osterspai

Die Familie Didinger hat im Bopparder Hamm hauptsächlich Riesling, Grauburgunder und Spätburgunder. In jungen Anlagen musste teilweise die ganze Bogrebe abgeschnitten werden, damit die Pflanze trotz des Wassermangels überlebt.

Trockenstress als Dauerthema

Familie Didinger hat durch den niedrigen Wasserstand noch ein logistisches Problem: Sie fahren in der Regel mit der Fähre zur Arbeit in den Weinberg. Ob das im Herbst zur Lese klappt, ist offen. „Notfalls müssen wir mit dem Unimog den weiten Umweg über Koblenz nehmen“, fürchtet die junge Winzerin.

Aufatmen können Winzerinnen und Winzer am Mittelrhein und anderswo allerdings erst, wenn der erste Landregen die Region erreicht. Trockenstress und Sonnenbrand wie in den Jahren 2018 bis 2020 sind vielleicht ein Dauerproblem, das sie auch in den kommenden Jahren immer wieder beschäftigen wird und für das sie langfristige Lösungen benötigen.

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