Betrug, Urkundenfälschung, Verleumdung und Falschanzeigen – all das wurde einer 45-jährigen Frau aus der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau vorgeworfen, die sich im Frühjahr vor dem Diezer Amtsgericht verantworten musste. Ein psychologischer Gutachter hatte ihr dort „Lügensucht“ attestiert. Letztlich wurden die Frau und ihr 49-jähriger Untermieter zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Inzwischen wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat. Sie hatte für die Frau eine Haftstrafe ohne Bewährung gefordert. Der Bericht in unserer Zeitung veranlasste zudem den Vizepräsidenten des rheinland-pfälzischen Landtags, Matthias Lammert, zu einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung. Er wollte damit mehr über die Hintergründe in Erfahrung bringen, da gegen die Angeklagten noch Hunderte Anzeigen vorliegen. Nun erfolgte die Antwort des Justizministeriums.
Mehr als 100 weitere Strafanzeigen anhängig
Zur Erinnerung: Die 45-jährige Frau und der 49-jährige Mann waren im März vom Amtsgericht Diez wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Beleidigung, Bedrohung, Verleumdung, des Missbrauchs von Notrufen und Falschanzeigen verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft, die im Prozess eine Haftstrafe ohne Bewährung für die Frau gefordert hatte, zeigte sich mit der verhängten Bewährungsstrafe unzufrieden. Die 45-Jährige wurde von allen Zeugen als die „treibende Kraft“ beschrieben. Sie sei eine Narzisstin, die immer wieder neue Lügen erfinde, hieß es. Der 49-jährige Mann wurde als Mitläufer beschrieben. Das Urteil gegen ihn ist bereits rechtskräftig.
Beide Täter sind Deutsche
Matthias Lammert wollte nun unter anderem von der Landesregierung wissen, welche Straftatbestände noch angezeigt wurden und welche Staatsbürgerschaft die Verurteilten innehaben. Die Antwort lautet: Beide Verurteilten sind Deutsche. „Hinsichtlich des Angeklagten sind weitere 41 Verfahren erfasst“, hieß es aus dem Landesjustizministerium. Aktuell ist lediglich ein weiteres Verfahren wegen des Vorwurfs der Beleidigung bei der Staatsanwaltschaft Koblenz anhängig, in dem die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. In einem weiteren Verfahren ist eine Verurteilung wegen Computerbetruges und Urkundenfälschung ergangen. Drei Verfahren wurden unter Verweis auf den Privatklageweg eingestellt. Weitere 23 Verfahren wurden wegen des Vorliegens eines Strafverfolgungshindernisses eingestellt.
Staatsanwaltschaft legte Berufung ein
Hinsichtlich der Angeklagten sind bei der Staatsanwaltschaft Koblenz weitere 68 Verfahren erfasst. Drei Verfahren wurden unter Verweis auf den Privatklageweg eingestellt. 48 Verfahren wurden wegen des Vorliegens eines Strafverfolgungshindernisses eingestellt. Wie hoch die Gerichtskosten ausfallen, die die Verurteilten tragen müssen, steht noch nicht fest.
Das Amtsgericht Diez sah es unter anderem als erwiesen an, dass die Angeklagten Nachbarn und andere Hausbewohner persönlich, per E-Mail, Facebook-Posts und per Falschanzeigen diffamiert hatten. Zudem hat die Frau laut Staatsanwaltschaft zu Unrecht 8720 Euro Pflegegeld erhalten. red
Wann kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Straftat absehen?
Gemäß §§ 154 Absatz 1 StPO, 153 Absatz 1 und 170 Absatz 2 StPO kann ein Verfahren eingestellt werden. Diese Paragraphen besagen, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen kann, wenn die zu erwartende Strafe neben einer anderen Strafe, die bereits verhängt wurde oder noch aussteht, nicht ins Gewicht fällt, wenn die zu erwartende Strafe gering ausfällt, es kein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Straftat gibt, kein hinreichender Tatverdacht besteht oder wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist.

„Lügensucht“ beschäftigt Diezer Amtsgericht
Mehr als 100 Anzeigen, 16 Zeugen, ein Gutachter und die Vorführung der Angeklagten durch die Polizei zeichneten jüngst ein Verfahren vor dem Diezer Amtsgericht aus. Es ging dabei um insgesamt 28 Fälle von Betrug und weiteren Straftaten.