Knatsch trotz Zustimmung
Diez oder Limburg: Wem nützt Stadtwerke-Fusion mehr?
Die Energieversorgung Limburg (EVL) will mit den Stadtwerken Diez zusammengehen.
Stefan Dickmann

Die Limburger Stadtverordneten stimmen über die Fusion der Energieversorgung Limburg (EVL) und der Stadtwerke Diez ab. Zwar sprach sich der Haupt- und Finanzausschusses einstimmig für den Schritt aus, dennoch gibt es Fragen.

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Die Energieversorgung Limburg (EVL) und die Stadtwerke Diez werden zu einem gemeinsamen Unternehmen verschmelzen. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses nahm die Fusion die letzte entscheidende politische Hürde mit einer einstimmigen Empfehlung an die Stadtverordneten, diesem Geschäft am Montag, 26. Mai, zuzustimmen. Zwar gab es keine Gegenstimmen, aber Enthaltungen (von den Grünen und der FDP) und eine teilweise giftige Debatte darüber, wie gut (oder schlecht) die beiden kleineren Parteien im Vorfeld informiert worden waren. Und es ging auch um die entscheidende Frage, ob die Stadt Limburg gegenüber der Stadt Diez benachteiligt wird. Mit Ja stimmten CDU und SPD der Fusion zu, die eine satte Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung haben (30 der insgesamt 45 Mandate). Die verbindliche Zustimmung der Stadtverordneten gilt als reine Formsache.

„Es ist nicht illegitim, wenn wir uns Gedanken machen, was mit unserer EVL passiert.“
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer verteidigte die kritischen Nachfragen ihrer Fraktion zur geplanten Fusion.

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer erklärte im Ausschuss, die Diezer könnten sich bei den Limburgern bedanken. In einem dreiseitigen Papier mit kritischen Einschätzungen der Liberalen und elf Fragen, das sie kurz vor der Sitzung am Mittwoch, 21. Mai, an alle Teilnehmer verteilt hatte, ist von einem „sehr vorteilhaften Geschäft“ für die Stadt Diez die Rede. Dieser Zungenschlag kam beim Geschäftsführer der Stadtwerke, Peter Keßler, der demnächst in den Ruhestand geht, in der Sitzung gar nicht gut an. „Diez bettelt nicht“, sagte er. „Das finde ich unmöglich.“ Die Stadtverordnete wies diesen Vorwurf zurück, das habe sie gar nicht gesagt. „Es ist nicht illegitim, wenn wir uns Gedanken machen, was mit unserer EVL passiert“, sagte sie.

Diezer Stadtwerke geben Eigenständigkeit auf

Dieser Streit rief Bürgermeister Marius Hahn und Fraktionschef Peter Rompf (beide SPD) auf den Plan. „Die Diezer müssen uns nicht dankbar sein“, sagte Rompf. Es habe schließlich einen Mitbewerber gegeben, der ebenfalls die Diezer Stadtwerke habe übernehmen wollen (und zwar die Süwag). „Wir verbreitern unsere Netze und unsere Kundschaft“, sagte Rompf. Auch Bürgermeister Hahn wies auf die Vorteile der Fusion hin. „Wir vergrößern unser Versorgungsgebiet“, sagte er. „Der Unternehmenswert steigt, das gilt auch für die Gewinnerwartung.“ Michael Stock (CDU) äußerte sich ebenfalls positiv. „Das macht Sinn, es jetzt zu machen“, sagte er. „Die Stadt behält auf jeden Fall die Mehrheit.“ Wer aber profitiert von der Verschmelzung?

Folgt man der offiziellen Lesart, profitieren beide Seiten. Die Initiative ging von den Stadtwerken Diez aus: Allein ist das Unternehmen zu klein, um dauerhaft auf einem schwieriger werdenden Energiemarkt bestehen zu können. Also suchte es sich einen strategischen Partner und fand gleich zwei Interessierte: die EVL und die Süwag (mit zehn Prozent an der EVL beteiligt). Die Stadtwerke entschieden sich für die EVL und geben ihre Eigenständigkeit auf; deren einziger Gesellschafter, die Stadt Diez, erhält 14 Prozent der Gesellschafteranteile an der EVL. Die Anteile der Stadt Limburg reduzieren sich von 60 Prozent auf etwas mehr als 50 Prozent.

EVL-Gewinne ermöglichen Stadtlinie

Wie aber kommt man auf diese beiden Anteile? Entscheidend ist die jeweilige Unternehmensbewertung der Stadtwerke Diez und der EVL. Der Fraktionssprecher der Grünen, Sebastian Schaub, vertrat im Ausschuss die Auffassung, die EVL hätte höher bewertet werden müssen. Dadurch wäre der Gesellschafteranteil der Stadt Diez kleiner und der der Stadt Limburg höher ausgefallen. Mit anderen Worten: mehr Gewinne für Limburg und weniger für Diez. Ausschussvorsitzender Richard Eisenbach (CDU) widersprach: Die Bewertungskriterien seien bei beiden Unternehmen gleich. Mit anderen Worten: Die Stadt Limburg ist nicht benachteiligt worden.

Die Stadt Limburg kann sich ihre kostenintensive Stadtlinie (Busverkehr) nur dank der jährlichen Millionen-Gewinne der EVL leisten. Da das Angebot der Stadtbusse vom 1. Juli 2025 an deutlich ausgeweitet wird (damit mehr Menschen in Limburg vom Auto auf den Bus umsteigen), wird diese finanzielle Abhängigkeit noch größer. Doch obwohl sich die Gesellschafteranteile der Stadt an der EVL reduzieren, soll trotzdem mehr Geld fließen. „Es wird gemeinsam mehr erwirtschaftet, der kleinere Anteil der Stadt gibt am Ende mehr her als die 60 Prozent“, sagte EVL-Geschäftsführer Gert Vieweg. So äußerte sich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende: „Die 60 Prozent jetzt sind weniger werthaltig als die künftig knapp über 50 Prozent“, sagte Peter Rompf. „Das ist ein Glücksfall.“

Informationsdefizit kritisiert

Im März 2025 waren alle Fraktionsvorsitzenden in einer vertraulichen Runde von den Fusionsplänen in Kenntnis gesetzt worden. Zwar habe ein Gutachten einer Unternehmensberatung vorgelegen, sagte Grünen-Fraktionssprecher Schaub, aber eine Vorlage des Magistrats mit weitergehenden Informationen habe es noch nicht gegeben. Auch Schardt-Sauer beklagte ein „Informationsdefizit“ der FDP. Sie habe nach der vertraulichen Sitzung vergeblich um eine Beschlussempfehlung des Magistrats gebeten. Stattdessen habe es erst einmal eine Pressemitteilung der Stadt gegeben. „Das zeigt, dass die Stadtverordneten am Ende der Nahrungskette stehen“, sagte sie. Der Bürgermeister verteidigte das Vorgehen: Es habe sowohl während der vertraulichen Sitzung als auch danach die Möglichkeit gegeben, allen Beteiligten Fragen zu stellen. Das sei jedoch nicht passiert.

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