Es war eine Zitterpartie. Nein, nicht das Konzert als solches. Sondern die Frage, ob es überhaupt in der geplanten Form würde über die Bühne gehen können. Den Auftritt der D. King’s Club Band beim Nassauer Löwenhof Open Air hätten sie eigentlich schon 2024 im Programm gehabt, berichtete Hermann Bubinger, der Vorsitzende des veranstaltenden KulturWerks Nassau, in seiner Begrüßung: „Aber dann regnete es, sodass wir das Konzert auf dieses Jahr verschieben mussten.“ Und jetzt, beim zweiten Anlauf, drohte ein Déjà-vu: Nachmittags war noch heftiger Gewitterregen über das Freiherr-vom-Stein-Städtchen hinweggefegt, und alles schien auf Plan B, einen Unplugged-Auftritt drinnen im Restaurant Nassauer Löwen, hinauszulaufen – was zwar eine praktikable Alternative, aber trotzdem irgendwie nicht so schön wie Open Air gewesen wäre. Um es kurz zu machen: Sämtlichen Wetter-Apps zum Trotz blieb es trocken – und Hermann Bubinger konnte das „ganz breite Spektrum an hervorragend interpretierten Songs“ draußen auf der Restaurant-Terrasse ankündigen.
Womit er wahrlich nicht zu viel versprochen hatte. Der Bogen spannte sich von 1960er- und 1970er-Titeln wie „Something’s Got A Hold on Me“ (Etta James) oder „I Heard it through the Grapevine“ (Creedence Clearwater Revival) bis hin zu, man könnte sagen, fast noch taufrischen Hits, zu denen unter anderem der Dance-Pop-Song „Lie to Me“, mit dem der tschechische Sänger Mikolas Josef beim Eurovision Song Contest 2018 auf dem sechsten Platz landete, oder Beth Harts Femme-Fatale-Hymne „Bad Woman Blues“ von 2019 gehörten. Aber nicht nur chronologisch gesehen war es eine weite Reise, was es da beim Löwenhof Open Air auf die Ohren gab: Dem „bezaubernden Publikum“ (O-Ton Bandleaderin Diane King) bot sich ein grandioser, mit viel Fingerspitzengefühl und Instinkt zusammengestellter Mix aus Rock, Blues und Soul – Ausflüge in die Singer-Songwriter-Szene und Anklänge an weitere Genres wie, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Country, Elektroswing, Funk oder Hip-Hop inklusive.

Und was die Interpretation betrifft: Die war in der Tat hervorragend – was zum einen zweifelsohne Frontfrau Diane King zu verdanken war. Mit ihrer swingenden, ungemein wandlungsfähigen Stimme, die je nach Bedarf mal soulig tief, mal filigran zart oder, vor allem natürlich bei den Rocktiteln, kehlig und mit ungebremster Kraft daherkam, wickelte die Sängerin, eine gebürtige US-Amerikanerin, die heute in Neuwied lebt, das Publikum vom ersten Moment an um den kleinen Finger. Und zum anderen? Das 2018 gegründete und seit vier Jahren in der aktuellen Besetzung agierende Quintett hat auch vier Top-Instrumentalisten in seinen Reihen. Zum Beispiel Ausnahme-Gitarrist Chris Schmitt, der die Zuhörer mit einer ganzen Reihe furioser Soli, so etwa bei George „Shadow“ Mortens „Remember – Walking in the Sand“ (1964) oder Etta James‘ von einer unglücklichen Liebe handelndem Song „Damn your Eyes“ (1988) zum Staunen brachte.
Aber auch die anderen Jungs ließen keinen Zweifel an ihrem auf einem weit überdurchschnittlich hohen Niveau angesiedelten Können. Keyboarder Daniel Kleiter, Bassist Volker Born und Drummer Torsten Garbe lieferten an Tasten, Saiten und Schlagzeug nicht nur die kongeniale Ergänzung, sondern brillierten auch immer wieder selbst mit diversen Soli.

Unmöglich, an dieser Stelle im Detail auf jeden der fast 30 Songs einzugehen, die diesen – wider Erwarten – lauschigen Sommerabend bereicherten. Etliche Klassiker der Musikgeschichte wie beispielsweise der Hardrock-Song „Born to be Wild“ der US-amerikanisch-kanadischen Band Steppenwolf, zwei Elvis-Presley-Titel, Stevie Wonders „I Wish“ oder, bei „Rockröhre“ Diane King ziemlich naheliegend, Tina Turners „Steamy Windows“, aber auch einige nicht ganz so bekannte Songs befanden sich darunter. Gemeinsam hatten sie alle eines: Von den fünf Akteuren der D. King’s Club Band wurden sie nicht einfach nur einfallslos gecovert, sondern in einer jeweils eigenen, meist ungewohnten und mitunter überraschenden, immer aber sehr hörenswerten Interpretation auf die Bühne gebracht. Dazu kam eine launige Moderation, die sich Diane King vor allem mit Schlagzeuger Torsten Garbe („Wir hier auf dieser Seite der Bühne sind die Pflichtbewussten, die Revoluzzer findet ihr da drüben“) teilte.
All das machte, nebenbei bemerkt, nicht nur dem Publikum großen Spaß: Man merkte den fünf Musikern da vorne auf der pflanzenumrankten Open-Air-Bühne die Freude am Zusammenspiel und am gemeinsamen Agieren förmlich an. Dass sie sich nach Konzertende gegenseitig herzten, war da nur so etwas wie die logische Folge. Und dass sie ein komplett begeistertes Publikum zurückließen, auch.