Das Kochrezept für eine gelungene Fastnachts-Sitzung? Man nehme: acht Tanzeinlagen, sieben Büttenreden und Zwiegespräche, viele Gesangs- und Musikstücke, Tollitäten nebst Gefolge sowie zwei Chaoten. Und anschließend würze man das karnevalistische Gericht mit einem feierfreudigen Publikum. So geschehen bei der ersten Sitzung des Niederlahnsteiner Carneval Vereins (NCV) in der Stadthalle. Und wieder einmal konnte der NCV im 75. Jahr seines Bestehens beweisen, dass er keine abgestandene Kost serviert.
Womit wir beim Programm wären: Michael Kost und sein Partner Uwe Unkelbach sorgten mit Kokolores wieder einmal für viele Lacher. Mit Grazie wuchteten sie ihre anmutigen Körper gazellenhaft über die Bühne. Was Sitzungspräsident Günter Groß in seiner 20. Amtszeit zum Kommentar animierte: „Kosti, der einzige Rentner, der noch nicht der Pubertät entwachsen ist.“ Dagegen konnte sich ein älteres Ehepaar, dargestellt von Florian und Janine Thiel, bei ihrem Fernsehabend nicht auf ein gemeinsames Programm einigen. Er zur ihr: „Was die im Dschungelcamp essen müssen, ist weniger schlimm als das, was Du manchmal kochst.“ Als Koordinations-Talent erwies sich die ehemalige NCV-Vorsitzende Anna Sauer bei ihrem Auftritt. Denn sie schaffte es, während ihrer Rede minutenlang einen Hula-Hoop-Reifen um die Hüfte kreisen zu lassen. Und dabei exklamierte sie Weisheiten wie: „Schönheit vergeht, Hunger hast Du immer.“
„Dat Schwaadmaul“ denkt übers Altern nach
Eine weitere Welterkenntnis verkündete Heribert Seil in seiner Rolle als Rentner: „Reise vor dem Sterben, sonst reisen deine Erben!“ Dem konnte sich Klaus Bollinger als zweiter Oldie in einer wieder einmal gelungenen Rede nur anschließen. Wobei er durchaus differenziert erzählte, dass früher doch nicht alles besser gewesen sei. So habe seine Mutter ihn, bei den schmutzigen Füßen beginnend, mit dem gleichen Lappen immer von unten nach oben gewaschen.

Über das Altern machte sich auch der einige Jahrzehnte jüngere Robert Maxeiner als „Dat Schwaadmaul“ so seine Gedanken. Sein Fazit: „Früher bin ich noch ein heißes Eisen gewesen, heute nur noch eine Wärmflasche.“
Auch die Politik muss sich Spott gefallen lassen
In seinem Jahresrückblick feuerte Günter Groß gewohnt schnell rhetorische Spitzen in Richtung der Politik. Wobei er vorher mitgeteilt hatte, dass er aus einer Mischehe stamme: „Mein Vater war ein Mann, meine Mutter eine Frau.“ Und nachdem im Laufe der Rede auch OB Lennart Siefert den einen oder anderen Seitenhieb abbekommen hatte, resümierte Groß im Hinblick auf die Berliner Volksvertreter: „Einige in den Parteien meinen, dass sie ihre Politik nur besser erklären müssen. Aber könnte nicht genau das Gegenteil der Fall sein - dass die Menschen die jeweiligen Positionen sehr genau verstanden haben?“

In einer weiteren Büttenrede stellte Jochen Michels klar: „Nach der Brückensperrung ist vor der BUGA.“ Einerseits habe die Renovierung der Lahnüberquerung ja gut geklappt. Andererseits gelte für die Fahrradbrücke über die Lahn: „Wenn Plan A nicht funktioniert, gibt es noch 25 weitere Buchstaben.“ Außerdem schlug er vor, Olympia 2040 nach Lahnstein zu holen. Allerdings müsse dafür unter anderem „der Minigolfplatz am Rhein noch etwas in Schuss gebracht werden“.
Viel Stimmungsvolles zum Mitsingen
Ein schönes musikalisches Intermezzo lieferten die NCV Lokalpatrioten. Mit vielen kölschen Tönen rissen sie das Publikum von den Sitzen. Eine gute Idee, die Stimmungs-Spritze im vorderen Drittel des Programms zu platzieren. Im restlichen Verlauf des Abends sorgten dann Redner mit Gesangseinlagen während ihrer Auftritte immer wieder für melodische Momente.

Außerdem spielte der Musikzug Osterspai als Sitzungskapelle zwischendurch Stimmungslieder zum Mitsingen. Zusätzlich wurden die Tollitäten bei ihrem Einmarsch von einem Auftritt des TGO-Fanfarenzuges überrascht. Natürlich war das Erscheinen von Lahno Sira I. und Prinz Sascha I. bei ihrem NCV ein Heimspiel. Schließlich sind beide in diesem Verein seit vielen Jahren in unterschiedlichen Funktionen selbst aktiv- insbesondere natürlich beim Tanzen.

Das Tanzen war an diesem Abend traditionell ein wichtiger Teil des Programms - angefangen bei den Kleinsten im Kinderballett. Wie so häufig bot dieser Auftritt viele niedliche Momente: Es ist erstaunlich, wie sehr die Persönlichkeiten der jungen Bewegungskünstler schon in diesem Alter ausgebildet sind.

Über die Gäste der Närrischen Turmgarde (NTG), die Traditionsgarde Rot-Weiß, das NCV-Männerballett sowie die Junioren- und Marschtanzgarden des NCV ging es tänzerisch weiter. Höhepunkte waren die Darbietungen von Family & Friends und der Showtänzerinnen des NCV.

Wobei ersichtlich war: Den Grundstock für den Erfolg haben sich die meisten der Gruppenmitglieder von Kindheit an unter guten Trainerinnen und Trainern selbst erarbeitet. Rhythmusgefühl, Präzision und Körperspannung kommen nicht von ungefähr, sondern haben ihre Wurzeln beispielsweise in jahrelangem Marschtanz-Training. Das Resultat war in diesem Jahr eine märchenhafte Disney-Interpretation von Family & Friends. Und beim „Sommerparadies“ der NCV-Showtanzgruppe hat an diesem Abend wirklich alles perfekt geklappt.