Die meisten Menschen kennen die Filialen von „Schäfer Dein Bäcker“, und zwar nicht nur in der heimischen Region, sondern inzwischen auch im Rheinland und im Rhein-Main-Gebiet. Das in Elz gegründete Familienunternehmen, das seit 2020 seinen Stammsitz im ICE-Gebiet in Limburg hat, will weiter wachsen, neue Mitarbeiter einstellen, mehr Filialen eröffnen, mehr Umsatz machen. Einer von drei Geschäftsführern, Johann Schäfer (32), erklärt im Gespräch mit dieser Zeitung die Wachstumsstrategie der Bäckerei, was im ICE-Gebiet zusätzlich gebaut werden soll und was er von der Stadtpolitik erwartet.
Herr Schäfer, immer mehr Bäckereien in Deutschland geben auf. Ihr Unternehmen will hingegen deutlich wachsen. Können nur noch große Bäckereien überleben?
Unsere Branche bietet trotz aller Herausforderungen weiterhin unglaubliche Chancen. Unsere Strategie, auf Wachstum zu setzen, zeichnet „Schäfer Dein Bäcker“ schon seit Jahrzehnten aus. Seit 30 Jahren wachsen wir jedes Jahr im Durchschnitt um 20 Prozent. Im Jahr 1995 betrug unser Jahresumsatz noch eine Million D-Mark, aktuell sind es 155 Millionen Euro. Wir betreiben derzeit rund 190 Filialen mit insgesamt knapp 2000 Mitarbeitern, davon 400 an unserem Hauptsitz in Limburg. Wir wollen weiter wachsen, weil es die Zukunft unserer Bäckerei sichert. Andere Bäckereien müssen auch deshalb schließen, weil die Inhaber leider keinen Nachfolger finden.
Wie sind Sie in Ihrem Unternehmen aufgestellt?
„Schäfer, Dein Bäcker“ hat derzeit drei Geschäftsführer: Mein Vater Johannes ist für die Themen Expansion und Bau verantwortlich, unser kaufmännischer Geschäftsführer Ali Eskiocak kümmert sich um Verwaltung, Personal und Controlling, und mein Bereich sind neben der Produktion Logistik, Verkauf und Marketing. Bis Ende des Jahres wollen wir uns in der Geschäftsführung breiter aufstellen. Wir verteilen die Verantwortung auf mehrere Schultern.
Sie wollen 270 Millionen Euro im ICE-Gebiet investieren, wie finanzieren Sie das?
Wir werden diese Summe nicht auf einen Schlag ausgeben, sondern über mehrere Jahre verteilt bis zum Jahr 2040. Wir sind wirtschaftlich gut aufgestellt und finanzieren das zum großen Teil durch Bankkredite; dank unseres sehr guten Kredit-Ratings ist das kein Problem.
Sie wollen Ihre jetzige Backproduktion deutlich vergrößern. Dabei haben Sie diese erst im Jahr 2020 eröffnet. Haben Sie zu klein kalkuliert?
Wir sind stärker gewachsen als gedacht und haben 37 Millionen Euro in unseren jetzigen Standort investiert. Für uns war das damals eine riesengroße Nummer. Unsere jetzige Backstube ist gebaut worden für einen Jahresumsatz von 130 Millionen Euro. Nächstes Jahr müssen deshalb die Bagger rollen, sonst können wir nicht weiter wachsen.

Gehen wir die geplanten Projekte einzeln durch. Wie sieht die zeitliche
Reihenfolge aus?
Als Erstes wollen wir ein Mitarbeiter-Parkhaus errichten mit einer Investition in Höhe von zehn bis 15 Millionen Euro und einer Bauzeit von bis zu neun Monaten. Damit können Parkflächen auf unserem Betriebsgelände wegfallen, mit denen wir notwendigen Platz für weitere unserer Bauvorhaben schaffen. Im Anschluss steht der Backstuben-Anbau auf unserem bestehenden Gelände an mit einer Investition in Höhe von 60 bis 70 Millionen Euro. Parallel errichten wir gerade ein Schulungszentrum für unsere neuen Mitarbeiter.
Um das Parkhaus bauen zu können, benötigen Sie ein städtisches Grundstück. Die Stadt Limburg möchte, dass das Parkhaus auch von anderen Firmen-Mitarbeitern im ICE-Gebiet genutzt werden darf. Zeichnet sich eine Lösung ab?
Ja. Die Stadt hat diesen Wunsch geäußert und uns gebeten, die Firmen im ICE-Gebiet nach deren Stellplatzbedarf abzufragen. Wir könnten bis zu 300 Stellflächen in unserem künftigen Parkhaus zu marktüblichen Preisen an andere Unternehmen vermieten. Das Parkhaus soll insgesamt Platz für bis zu 1200 Autos bieten. Viele unserer Mitarbeiter sind zwingend auf ihr Auto angewiesen, weil sie nachts arbeiten, und da fahren nun mal keine Busse und Bahnen.
Warum wollen Sie ein Wohnhaus für Ihre Mitarbeiter im ICE-Gebiet errichten?
Der Bau von 60 Mitarbeiter-Wohnungen zwischen dem neuen Parkhaus und unserer neuen Logistikhalle ist ein weiterer wichtiger Baustein in unseren Plänen. Die beiden Wohnhäuser sind für eine temporäre Nutzung gedacht, um Mitarbeiter unterbringen zu können. Dafür müsste der Bebauungsplan geändert werden. Wir hoffen auf politische Unterstützung.
Geht es nicht ohne Wohnhaus?
Wir wollen im ICE-Gebiet in den nächsten Jahren 600 neue Arbeitsplätze schaffen. Diese Kapazität bietet der heimische Arbeitsmarkt nicht, wenn es um neue Bäcker, Fachverkäufer und Fahrer geht. Wir sind deshalb zunehmend auf Mitarbeiter angewiesen, die wir gezielt im Ausland anwerben, aus der Türkei und aus Vietnam. Diese Menschen brauchen zumindest für eine Übergangszeit eine Wohnung, bis sie selbst etwas gefunden haben.
Wie wichtig ist für Sie Zuwanderung?
Sehr wichtig. Unter unseren Mitarbeitern beträgt der Migrationsanteil 75 Prozent. Wir brauchen weiter qualifizierte Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt.
Wie viele Mitarbeiter bilden Sie selbst aus?
Wir sind der größte Bäcker-Ausbilder in Deutschland mit derzeit mehr als 30 Auszubildenden. Wir verfügen über eine eigene Lehrlingsbackstube, stellen jedes Jahr zehn neue Bäcker-Azubis ein und sichern so den Berufsschulstandort für Bäcker in Limburg, den es ohne uns nicht mehr geben würde. Wir schulen in Limburg alle neuen Verkäufer für unsere Filialen und arbeiten mit Akademien zusammen. Gute Umsätze erreicht man nur durch gute Mitarbeiter.
Sie wollen auch Ihren Logistik-Bereich ausbauen. Wie weit liefern Ihre Fahrer aus?
Von Limburg aus können wir alles beliefern, was unsere Fahrer in vier Stunden Fahrtzeit erreichen. Wir können unser Verbreitungsgebiet noch massiv erweitern. Wir haben derzeit eine Filiale in Mainz und vier in Wiesbaden, da ist noch einiges an Potenzial vorhanden, und wir können auch bis Nürnberg, Mannheim oder Düsseldorf fahren. Wir stellen alle unsere Produkte in Limburg her. Die frischen Teige werden kurz darauf in den Filialen gebacken.
Zu dem 270-Millionen-Euro-Paket gehört eine weitere Backstube auf einer noch unbebauten Fläche zwischen A3 und B8. Welchen Stellenwert hat das für Ihre Bäckerei?
Wir benötigen sie, um als Unternehmen langfristig planen zu können. Zusätzlich sollen nebenan ein weiteres Parkhaus und unser neuer Verwaltungssitz mit einem Café im Erdgeschoss und auf dem Dach entstehen. Wir haben da noch kein Zeit-Limit, wünschen uns aber von der Stadt, dass sie dem positiv gegenübersteht und uns diese Fläche eines Tages zur Verfügung stellt. Wir wachsen in und für die Region und wollen allein dafür rund 100 Millionen Euro investieren.
Was erwarten Sie noch von der Stadt?
Wir haben im Sommer 2024 dem Magistrat und allen Fraktionen unsere Investitionspläne im ICE-Gebiet vorgestellt, die auf positive Resonanz gestoßen sind, und haben Ende 2024 zwei Anträge gestellt: zum Kauf des städtischen Grundstücks, auf dem das Parkhaus entstehen soll, und zur Änderung des Bebauungsplans unserer Grundstücke, um die vorhandenen Flächen bestmöglich auszunutzen. Der Bürgermeister hat uns mitgeteilt, wir müssten auf die Ergebnisse einer Potenzialanalyse für Gewerbeflächen warten, unter anderem im ICE-Gebiet, die voraussichtlich bis Sommer 2025 vorliegen sollen. Bis dahin ruhen leider unsere Anträge. Das macht uns etwas nervös. Uns geht der Platz aus, wir sitzen auf heißen Kohlen. Anfang nächsten Jahres müssen wir anfangen zu bauen. Wir tun nur das, was sich alle wünschen: die Wirtschaft ankurbeln. Jetzt hoffen wir, dass die Politik schnell Entscheidungen trifft.