„Nach oben werden die Zimmer größer, denn die Mauern werden dünner“, sagt Klaus Nickenig, als er die steile Stiege – nicht alle sind so steil – im Wohnturm erklimmt. Zu jedem kleinen Winkel und jedem Bild an den Wänden kann er etwas erzählen, während er die zu gotischen Bögen geformten alten Holztüren zu den Zimmern öffnet. Hereinspazieren, ankommen, sich wohlfühlen und vor allem von der Nische auf den beiden steinernen Bänken aus, die tatsächlich noch aus dem Mittelalter stammen, bei einem Glas Wein den grandiosen Blick auf den Rhein und die Landschaft ringsum genießen.
Vor rund 35 Jahren haben Nickenig, der eigentlich Bäckermeister ist, und seine Frau Anita die Burg gepachtet. „Wir wollten ein schönes Ausflugslokal daraus machen“, erinnert er sich. Das hat anfangs nicht wirklich geklappt und das Ehepaar Nickenig, das in Kamp-Bornhofen auch eine Bäckerei und ein Café betreibt, wollte schon aufgeben. Dann aber entschlossen sie sich, auszubauen und Gästezimmer einzurichten. Und je mehr Nickenig an der Burg Liebenstein werkelte, restaurierte, ausbaute, desto mehr Spaß fand er daran. „Nachts habe ich gebacken, tagsüber habe ich gemauert.“ Denn es gab viel zu tun, um das Gemäuer, das eher einer Ruine glich als einem Ritterdomizil, zu einem einladenden kleinen Hotel zu machen.
Im 15. Jahrhundert war die Burg Liebenstein, die gemeinsam mit Burg Sterrenberg nebenan auch als „Die feindlichen Brüder“ bekannt ist, aufgegeben und zu großen Teilen abgetragen worden. Aus ihren Steinen wurden Weinbergsmauern und Häuser gebaut. Der ehemalige Wohnturm stand glücklicherweise noch, als Nickenig sie übernahm. Wenn auch reichlich marode. Überall wurden neue Decken eingezogen und das verwinkelte Innere zu mehreren Zimmern ausgebaut, die heute Gäste aus der ganzen Welt anlocken. „Aus allen Ländern, in denen die Leute Geld haben, um zu reisen“, fügt er hinzu.
Wie aber stattet man eine uralte Burg aus, wenn das Interieur des Vorpächters – alles im afrikanischen Stil – noch drin ist und so gar nicht zum rheinischen Mittelalter passt? „Alles, was aus Metall ist, hat mein Schwager, der Kunstschmied war, für uns gemacht: Lampen, Leuchter, Geländer und vieles mehr.“ Sämtliche Betten wurden von einem Schreiner angefertigt – nach Entwürfen von Nickenig und ein wenig im mittelalterlichen Stil. Auch ein Himmelbett gibt's.
Alles Übrige im wie ein kleiner Rittersaal anmutenden Gastraum, Tische, Stühle, Sessel für die Zimmer, die vielen unzähligen kleinen Dinge für die Dekoration, die Bilder, die alten Fliesen, die als Wandschmuck dienen, alte Ofenplatten und mehr hat Klaus Nickenig, inzwischen zum eifrigen Floh- und Antikmarktgänger avanciert, selbst zusammengetragen und mit viel Gespür für die Geschichte in der Burg Liebenstein platziert.
In jedem kleinen Winkel der Burg gibt es Schätze zu entdecken. Ein bisschen stolz ist er auf einzelne Teile einer Ritterrüstung, die er bei den Bauarbeiten in den Gräben rund um die Burg gefunden hat und die sorgsam in einer Vitrine ausgestellt sind.
Sie haben also wirklich hier gelebt, die Rittersleut. Und auch heute noch, nach vielen Hundert Jahren, ist ihre Aura irgendwie zu spüren. Natürlich ist die Geschichte von Freifrau von Liebenstein, die manchmal nachts in der Burg unterwegs sein soll, nur eine Legende. Oder doch nicht? Wer weiß.
Burg Liebenstein, Zu den Burgen 1, Kamp-Bornhofen, hat täglich außer montags geöffnet. Die Zimmerpreise liegen zwischen 180 und 280 Euro (Rabatt in der Nebensaison) mit Frühstück. Von Januar bis März hat das Hotel geschlossen. Info und Buchung: www.castle-liebenstein.com, Tel. 06773/308