Verkehr Bund und Land wollen Umbau verschiedener Strecken forcieren - Experten melden Zweifel an
Bund und Land wollen Elektrifizierung im Schienenverkehr vorantreiben: Auch auf der Lahntalbahn sinnvoll?
Ohne Oberleitung ist jeden Werktag bereits eine Diesel-Elektro-Lok zwischen Koblenz, Limburg und Montabaur unterwegs. Eine Elektrifizierung der Lahntalbahn von Lahnstein bis Wetzlar hätte kaum Vorteile für den Personen- und Güterverkehr. Zuvor müssten noch 14 der 18 Tunnel (Gesamtlänge 5902 Meter ) auf den notwendigen Querschnitt aufgeweitet werden, und die mehrfache Eingleisigkeit im Rhein-Lahn-Kreis schafft heute schon Probleme. Foto: Günther
hpg

Rhein-Lahn. Bund und Land denken über die Elektrifizierung von weiteren Bahnstrecken in Rheinland-Pfalz nach und sehen dabei auch für die Lahntalbahn von Lahnstein bis Limburg oder Wetzlar ein Potenzial. Doch wie realistisch und notwendig wäre ein Fahrdraht für den Personen- und Güterverkehr?

Tunnel kontra Elektrifizierung: Die insgesamt 18 Tunnel der Lahntalbahn haben eine Gesamtlänge von 5902 Metern. Bislang wurden davon nur zwei Tunnel mit zusammen 551 Metern Länge so erneuert, dass noch Platz für den Einbau einer Oberleitung vorhanden wäre. Hinzu kämen maximal noch die beiden Daubachtunnel mit 455 Metern Länge, wenn der Abschnitt von Fachingen bis Balduinstein auf Dauer eingleisig bleibt. Mit der bereits in Planung befindlichen Sanierung und Aufweitung des Cramberger Tunnels (732 Meter), des Fachinger Tunnels (425 Meter) und des Kalkofener Tunnels (592 Meter) bleiben von Lahnstein bis Limburg auch nach dem Jahr 2030 noch vier enge Tunnel von insgesamt 845 Metern Länge. Zwischen Limburg und Weilburg liegen weitere sieben Tunnel (Gesamtlänge 2302 Meter). Lediglich für den 495 Meter langen Kirschhofener Tunnel gibt es bislang Planungen für die Erneuerung mit dem heute geforderten Querschnitt. Der 494 Meter lange Ennericher Tunnel wurde erst vor zehn Jahren mit einer kompletten Innenschale erneuert, allerdings in den engen ursprünglichen Abmessungen, die keine Nachrüstung mit Fahrleitungen ermöglicht.

Ein Rückblick: Die zwischen 1858 und 1863 von Oberlahnstein bis Wetzlar in Betrieb genommene Nassauische Lahntalbahn hatte in ihrer bald 160-jährigen Geschichte eine sehr wechselhafte verkehrliche Bedeutung. Dabei erzielte in den Anfangsjahren der Erztransport, vorwiegend zum Rheinhafen von Oberlahnstein, die größten Mengen. Mit der Übernahme des Herzogtums Nassau durch das Königreich Preußen und dem Bau der Moselstrecke erhielt die Lahnstrecke eine strategische Bedeutung. Zeitgleich mit der Inbetriebnahme der Moselstrecke nach Trier im Mai 1879 wurde die direkte Verbindung mit der Lahnbrücke Hohenrhein nach Niederlahnstein und der Horchheimer Brücke zum Moselbahnhof unterhalb von Fort Konstantin eröffnet. Erst seit 1905 besteht an seiner Stelle der heutige Koblenzer Hauptbahnhof. Vor allem während der Kriege rollten die Militär- und Güterzüge auf der damals durchgehend zweigleisigen Strecke in dichter Folge. Mit der deutschen Teilung nach 1945 und dem Ende des Erzabbaus nahm die Bedeutung der Lahntalbahn vor allem im Güterverkehr stark ab. So gab es zum Ende der Bundesbahnära fast 25 Jahre lang keinen einzigen durchgehenden Güterzug zwischen Gießen und Koblenz mehr. Erst nach der grundlegenden Sanierung der Lahnstrecke im Jahr 2004 rückte diese einst wichtige Verbindung wieder in den Fokus der Deutschen Bahn AG.

Aktueller Betrieb: Heute sind mehrmals pro Werktag Güterzüge zwischen Wetzlar und Koblenz-Lützel unterwegs. Hinzu kommen Güterzüge vor allem mit Papier (TetraPak) und Stahl-Coils (Firma Schütz in Selters) von Koblenz bis Limburg und derzeit zwei Zugpaare von Limburg nach Löhnberg für den Tontransport. Im Personenverkehr verlaufen die Linien aus dem Lahntal sowohl in Rheinland-Pfalz (Mayen Ost) als auch in Hessen (Vogelsberg, Fulda) über weitergehende Linien, für die eine Elektrifizierung nicht infrage kommen wird. Auch ein Umleiterverkehr für Güterzüge aus dem Rheintal ist wenig wahrscheinlich, da einerseits die West-/Ost-Ausrichtung dagegenspricht, andererseits auch die Verbindung über den Taunus kaum realisierbar ist, da die Strecke im Regional- und S-Bahn-Verkehr zwischen Niedernhausen und Frankfurt-Höchst kaum noch zusätzliche und langsamere Güterzüge aufnehmen kann.

Veränderungen für die Lahntalbahn wären erst denkbar, wenn es zum Bau einer neuen Güterzugstrecke durch Taunus und Westerwald käme. Dann würde der mögliche Kreuzungspunkt beider Linien eine Verbindungskurve zum Rheintal hin und von dort eine Fahrleitung in Richtung Koblenz erfordern.

Hans-Peter Günther

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