Verwaltungsgericht Koblenz
Bürgermeisterwahl in Birlenbach trotz Verstoß gültig
Bei der Kommunalwahl im Juni 2024 kam es in Birlenbach zu Unregelmäßigkeiten.
Harald Tittel/dpa

Von einem erheblichen Wahlverstoß spricht das Verwaltungsgericht Koblenz. Trotzdem weist es die Klage einer Birlenbacherin gegen die Gültigkeit der Gemeinerats- und Ortsbürgermeisterwahl ab. Mit welcher Begründung?

Falsche Berufsbezeichnungen, durchgestrichene Musterzettel, keine neutrale Auszählung: Im Nachgang der Kommunalwahl wurde es trubelig in Birlenbach. Brigitte Decker, Bürgermeister- und Spitzenkandidatin der Liste Decker, legte Einspruch gegen die Gültigkeit der Ortsbürgermeister- und Gemeinderatswahlen vom 9. Juni ein und zog damit bis vors Verwaltungsgericht in Koblenz. Was war los?

Bei der Kommunalwahl konnten die Wählergruppe Decker und die Wählergruppe „Zukunft gestalten“ jeweils sechs Sitze im Gemeinderat erringen. Bei der Direktwahl des Ortsbürgermeisters setzte sich Thorsten Riedel (SPD) mit 59,8 Prozent gegen Brigitte Decker (40,2 Prozent) durch. Dass bei der Wahl alles mit rechten Dingen zuging, bezweifelte Decker jedoch: „Sowohl bei der Wahl zum Ortsbürgermeister als auch bei der Wahl zum Gemeinderat gab es von verschiedenen Seiten Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Gestaltung der Wahlvorschläge und der Auszählung, die geeignet sind, das Wahlergebnis wesentlich zu beeinflussen“, sagte Decker damals. „Ich möchte niemandem unterstellen, bewusst Einfluss auf die Ermittlung des Ergebnisses genommen zu haben. Mir geht es darum, dass durch eine unabhängige dritte Stelle geprüft wird, ob die Wahlen ordnungsgemäß aufgestellt und durchgeführt worden sind oder nicht“, versicherte sie.

Konkret bezog sich Decker zum einen auf die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen ihres Gegenkandidaten Thorsten Riedel. Denn im Wahlflyer für das Bürgermeisteramt und auf dem Stimmzettel für die Gemeinderatswahl wurde der Beruf Diplom-Braumeister angegeben. Auf dem Stimmzettel für die Ortsbürgermeisterwahl stand jedoch Diplom-Ingenieur. „Diese unterschiedlichen Berufsangaben führen zur Verwirrung bei dem Wähler“, schrieb Decker. Denn beim akademischen Grad des Diplom-Ingenieurs handelt es sich um einen geschützten Titel. Die Angabe sei daher dazu geeignet, Wählern „ein falsches Bild des Kandidaten“ zu vermitteln und das Wahlverhalten zu beeinflussen.

Verwaltungsgericht sieht keine ausreichende Wahlbeeinflussung

Deshalb erhob Decker nach der Wahl Einspruch beim Rhein-Lahn-Kreis, der diesen jedoch zurückwies, weshalb sie weiter vors Verwaltungsgericht Koblenz zog. Doch auch das wies die Klage nun ab. Bei der fehlerhaften Berufsbezeichnung des Beigeladenen auf den Stimmzetteln für die Ortsbürgermeisterwahl, so die Koblenzer Richter, handele es sich zwar um einen erheblichen Verstoß gegen Wahlvorschriften. Der Fehler sei aber nicht geeignet, das Ergebnis der Wahl wesentlich zu beeinflussen. Der Ortsbürgermeister sei mit einem deutlichen Stimmenvorsprung von fast 150 Stimmen bei 742 gültigen Gesamtstimmen gewählt worden. Angesichts dessen und vor dem Hintergrund der dörflichen Struktur von Birlenbach erscheine es bei lebensnaher Betrachtung als ausgeschlossen, dass bei einer zutreffenden Angabe eine andere Wahlentscheidung getroffen worden wäre.

Ebenso erfolglos blieb Deckers Vorwurf bezüglich der Wahl des Gemeinderates. Konkret ging es um einen im Wahllokal ausgehängten Musterstimmzettel. Auf diesem Muster war die Wählergruppe Decker handschriftlich durchgestrichen. „Diese Vorgehensweise konnte den Eindruck erwecken, dass die Wählergruppe Decker nicht zur Wahl steht“, argumentierte Decker. Es sei nicht auszuschließen, dass mancher Wähler daher sein Kreuzchen an anderer Stelle als ursprünglich geplant gemacht habe.

Das sah das Verwaltungsgericht anders. Ein solcher Aushang diene lediglich der Information und Orientierung der Wähler. Bei einer objektiven Betrachtungsweise sei dies für die Wähler erkennbar gewesen. „Aber selbst wenn man dies anders bewerten würde, hätte sich dieser Fehler nicht wesentlich auf das Wahlergebnis ausgewirkt“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Ein mündiger Wahlbürger habe erkennen können, dass es sich um das Muster eines Wahlzettels gehandelt habe. Die Wählbarkeit dieses Wahlvorschlags der Klägerin sei spätestens bei Aushändigung der Wahlunterlagen für jeden Wähler ersichtlich gewesen. Gegen die Entscheidung kann noch Antrag auf Berufung gestellt werden.

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