In allen Orten im Kreisgebiet hat die AfD bei der Bundestagswahl deutlich gepunktet. Ergebnisse, die aber Brief- und Urnenwahl zusammen darstellen, liegen nur für die Städte Bad Ems und Nassau vor. In den weiteren Ortsgemeinden sind nur die Resultate der Urnenwahl pro Gemeinde veröffentlicht worden.
Uwe Bruchhäuser (SPD) erklärt, warum es für Bad Ems und Nassau die Gesamtergebnisse mit Urnen- plus Briefwahl gab. In beiden Städten gab es separate Briefwahlbezirke, bei denen die genaue Zuordnung zu den Urnenstimmen für Bad Ems und für Nassau möglich war. Insgesamt gab es zwei Briefwahlbezirke in Bad Ems, einen in Nassau sowie weitere Briefwahlbezirke für jeweils mehrere Ortsgemeinden. Für sie konnten die Briefwähler nachträglich aber nicht in die Ortsresultate eingerechnet werden. In Bad Ems kommt die AfD mit 26,0 Prozent der Zweitstimmen auf den ersten Platz vor der CDU, auf die 25,1 Prozent entfielen. Die SPD fällt auf 19,0 Prozent, Grüne und Linke liegen mit 7,5 und 7,3 Prozent fast gleichauf. Das BSW erhielt 5,6 und die FDP 4,9 Prozent. In der Stadt Nassau führt die Union mit 26,4 Prozent der Zweitstimmen vor der SPD mit 21,0 und der AfD mit 19,8. Grüne und Linke erreichen jeweils 7,5, das BSW 6,7 und die FDP genau 5,0 Prozent der Zweitstimmen.
AfD legt um 12 Prozentpunkte zu
Für die beiden Alt-Verbandsgemeinden Bad Ems und Nassau liegen getrennte Ergebnisse (mit Urnen plus Briefwahl) vor, da Bad Ems zum Wahlkreis Koblenz und Nassau zum Wahlkreis Montabaur zählt. In der Alt-VG Bad Ems (Wahlbeteiligung 80,6 Prozent) liegt die Union auf dem ersten Rang mit 28,5 Prozent, was einem Plus von 5,0 Punkten gegenüber 2021 entspricht. Deutlich in den Keller ging es für die Sozialdemokraten, die satte 12,0 Prozentpunkte verlieren und auf 21,0 Prozent der Zweitstimmen kommen. Um 12,4 Prozentpunkte konnte sich die AfD steigern, die 21,8 erreicht. 6,4 Punkte hat die FDP in der Alt-VG Bad Ems verloren, sie fiel auf 4,7 Prozent zurück. Die Grünen erhielten 8,6 Prozent der Stimmen (minus 2,6 Punkte), Linke (6,4) und das BSW (4,6) konnten zulegen.
Ähnliche Verschiebungen sind in der Alt-Verbandsgemeinde Nassau (Wahlbeteiligung 80,5 Prozent) zu verzeichnen. Auch dort kommt die Union auf 28,5 Prozent (plus 5,6) und die Sozialdemokraten büßen 12,3 Punkte ein und erreichen nur noch 21,2 Prozent der Zweitstimmen. Die AfD klettert um 11,7 Punkte nach oben und erzielt 20,1 Prozent. Die Liberalen verlieren mehr als die Hälfte ihrer Wählerschaft von 2021 (minus 6,5) und landen bei 4,2 Prozent. Die Grünen kommen auf 8,2 Prozent (minus 2,7), die Linke auf 6,5 (3,6 Punkte mehr), das BSW erreicht 4,5 Prozent. Bei den Erststimmen konnten die CDU-Bewerber Josef Oster (Alt-VG Bad Ems: 36,0) und Harald Orthey (Nassau: 30,3) punkten. Tanja Machalet (Nassau: 26,7) und Thorsten Rudolph (Bad Ems: 23,6) von der SPD kommen über die Landesliste in den Bundestag.
„Das ist ein Ergebnis, das keinen Demokraten erfreuen kann.“
Oliver Krügel (CDU), Stadtbürgermeister Bad Ems
„Das ist erschreckend hoch“, kommentiert Uwe Bruchhäuser die hohen Werte für die AfD in der VG Bad Ems-Nassau. Er schätzt, dass unter anderem die Anschläge vor der Wahl Wähler zur AfD gebracht haben dürften. „Die Wähler sind stark verunsichert“, erklärt Uwe Bruchhäuser auch angesichts der weltpolitischen Lage mit einem Präsidenten Trump in den USA und dem andauernden Krieg in der Ukraine. Bei der SPD sei Kanzler Olaf Scholz kein Zugpferd gewesen, aber auch die Union habe – trotz der Zugewinne – ein vergleichsweise schwaches Ergebnis erzielt. Die hohe Wahlbeteiligung wird von Uwe Bruchhäuser begrüßt, ebenso die Lage, dass künftig mit Oster, Orthey, Machalet und Rudolph vier Bundestagsabgeordnete für den Rhein-Lahn-Kreis zuständig sind. Uwe Bruchhäuser rechnet mit einer „sogenannten“ Großen Koalition in Berlin, die nun zu einer eher kleinen Koalition geworden ist.
„Das hohe Ergebnis für die AfD überrascht mich nicht“, betont der Bad Emser Stadtbürgermeister Oliver Krügel (CDU) zum Wahlresultat. Bei der Europawahl hatte die AfD sogar 27,5 Prozent erreicht, die CDU lag – genau wie jetzt bei der Bundestagswahl – bei 25,1 Prozent in Bad Ems. „Das ist ein Ergebnis, das keinen Demokraten erfreuen kann. Man darf aber auch keine Wählerschelte betreiben – die Wähler der AfD sind keine Nazis“, hebt Oliver Krügel hervor. Es müsse den Parteien der Mitte im Bundestag gelingen, wieder auf die eigentlichen Probleme der Menschen im Land einzugehen und tragfähige Lösungen zu präsentieren. „Die AfD liefert keine Lösungen, mit ihren Ansätzen würde es vielen Menschen schlechter gehen“, warnt er. Oliver Krügel setzt auch auf eine Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bund. „Die SPD muss aufpassen, dass sie jetzt nicht mit linker Klientelpolitik ein Bündnis mit der Union gefährdet. Sollte es zu Neuwahlen kommen, dann würde die AfD noch stärker werden“, befürchtet der Bad Emser Stadtchef. Unter anderem müsse es in puncto Migration einen neuen Kurs in der Bundespolitik geben, den die SPD aus staatspolitischer Verantwortung mittragen müsse. „Das ist die letzte Chance, wir haben nicht fünf vor zwölf, es ist bereits zwölf“, unterstreicht Oliver Krügel zur Eindämmung der AfD.
„Unsere Themen sind nicht bei den Menschen angekommen und unser Kandidat hat nicht funktioniert.“
Manuel Liguori (SPD), Stadtbürgermeister Nassau
„Der Anteil der AfD bei dieser Wahl macht mir Angst und Bange“, erklärt Manuel Liguori (SPD), Stadtbürgermeister von Nassau. „Unsere Themen sind nicht bei den Menschen angekommen und unser Kandidat hat nicht funktioniert“, räumt er kritisch zur Kandidatur von Olaf Scholz ein. Thematisch haben die Migration und die Wirtschaftspolitik die Wahlentscheidung dominiert – beides habe die SPD nicht überzeugend besetzen können. Gleichwohl hätte es in Nassau noch schlimmer kommen können, die SPD ist trotz hoher Einbußen noch zweitstärkste Kraft geworden. „Das mag an dem guten Standing der SPD vor Ort liegen. Wir haben viele Menschen bewegt, am Sonntag SPD zu wählen“, schätzt Manuel Liguori die Lage ein. Mit der Wahl wurden alle Ampelparteien abgestraft, vor allem die Liberalen, die nicht mehr im Bundestag vertreten sein werden. „Bei der FDP ist das Gegenteil passiert, was sie sich nach dem Ende der Koalition erhofft hat“, kommentiert der Stadtbürgermeister den Absturz der Lindner-Partei. Er merkt an, dass die Union doch unter ihren Erwartungen geblieben ist. Nun haben die Parteien der Mitte die gemeinsame Aufgabe, die Leute wieder stärker bei ihren Themen abzuholen und Lösungen anzubieten. „Es darf bei uns keine österreichischen Verhältnisse geben“, warnt Manuel Liguori mit Blick auf die Alpenrepublik, wo die rechtsextreme FPÖ stärkste Partei geworden ist.