Öffnungszeiten gekappt
Besucher baden Personalnot im Freibad Nastätten aus
Herrlich im Mühlbachtal gelegen ist das Nastätter Waldschwimmbad. In der kommenden Saison werden die Badegäste allerdings neue Öffnungszeiten in Kauf nehmen müssen.
Jens Güllering

Bademeister bleiben in der Region Mangelware. Nun reagiert auch die VG Nastätten und passt die Öffnungszeiten an. Der Ärger der Badegäste bleibt nicht aus. Wir haben nachgefragt, warum die Personallage für die Kommunen so schwierig ist.

Lesezeit 4 Minuten

Der Sommer kommt, die Freibäder der Region öffnen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Sie öffnen mit geänderten Öffnungszeiten. So zum Beispiel das Waldschwimmbad in Nastätten. Außerhalb der Ferienzeiten soll es nur noch von 12 bis 19 Uhr geöffnet sein. Nicht ohne Protest der Bevölkerung. „Diese Änderung erfordert eine Rückgabemöglichkeit der gekauften Saisonkarte. Eine Unverschämtheit der regelmäßig schwimmenden Bevölkerung gegenüber“, schreibt ein Badbesucher im sozialen Netzwerk Facebook. „Für Eltern mit Kleinkindern, die nicht in der prallen Mittagssonne kommen wollen, sind die neuen Öffnungszeiten nicht kompatibel. Auch die Frühschwimmer und Feierabendschwimmer gehen hier leer aus“, kommentiert eine andere Nutzerin. „Diese Maßnahme ist das beste Mittel, um das Nastätter Schwimmbad kaputtzumachen, und ein Mangel an Respekt vor der älteren Generation“, heißt es weiter.

Was ist also der Grund für diese Änderungen? „Nach Auswertung der Besucherzahlen aus den vorhergehenden Jahren sowie nach interner Abstimmung zwischen Badleitung und Verwaltung werden die Öffnungszeiten im Waldschwimmbad Nastätten ab der Badesaison 2025 moderat angepasst“, heißt es in einer Mitteilung der Verwaltung. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt Jens Güllering, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten, die Betreiber des Bades ist: „Wir müssen mit den vorhandenen Personalressourcen die Arbeitszeiten, die anfallen, abdecken. Man darf nicht vergessen: Ein Schwimmbadbetrieb hat eine Siebentagewoche. Und wir mussten auch feststellen, dass die Frühschwimmer in den vergangenen Jahren deutlich weniger geworden sind. Wir mussten irgendwo eine Entscheidung treffen und reduzieren lieber morgens als abends“, gibt Güllering Auskunft.

Argentinische Rettungsschwimmer Badeaufsicht in Birlenbach

Dass auch im Bäderbereich der Nachwuchs- und Fachkräftemangel dramatisch ist, ist nicht neu. Schon im vergangenen Jahr musste zum Beispiel das Freibad in Lahnstein ausgerechnet in den Sommerferien teilweise nur nachmittags öffnen. Auf eine kreative Lösung, die Badeaufsicht und damit den Betrieb sicherzustellen, ist man dagegen in Birlenbach gekommen. Dort hatte Pächterin Kirsten Darda bereits in der vergangenen Saison die beiden aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires stammenden Rettungsschwimmer Juan (23) und Marisol (27) im Einsatz. Rund 11.000 Kilometer entfernt von der Heimat achteten sie nun im Rhein-Lahn-Kreis auf die Sicherheit der Badegäste. Und war mal wenig los, waren die beiden emsig unterwegs und kümmerten sich zum Beispiel ums Heckenschneiden und um weitere Pflegemaßnahmen im Freibad. Nun werden sie Ende Mai wieder in Birlenbach erwartet und wollen sich gleich wieder in die Arbeit stürzen. Beide sprechen fließend Englisch, außerdem helfen im Alltag Übersetzungs-Apps auf dem Handy weiter.

Die beiden argentinischen Rettungsschwimmer Marisol und Juan werden ab Ende Mai wieder die Badeaufsicht in Birlenbach übernehmen.
Johannes Koenig

40 Stunden beträgt die Arbeitszeit pro Woche, außerdem haben sie den normalen Urlaubsanspruch und zahlen auch in die Rentenversicherung ein. Beide haben italienische Vorfahren und damit auch die italienische Staatsangehörigkeit, was den bürokratischen Aufwand deutlich erleichtert. Um als Badeaufsicht zu arbeiten, muss man das DLRG-Rettungsschwimmerabzeichen Silber oder eine vergleichbare Qualifikation nachweisen. „Die haben mehr“, sagt Darda. Denn beide haben in Argentinien eine neunmonatige Rettungsschwimmerausbildung durchlaufen. Ein ehemaliger Ausbilder, der nun hier in der Region lebt, hatte den Kontakt hergestellt.

Der Job am Beckenrand ist dabei ein Saisongeschäft, sieben Tage die Woche, von morgens bis abends, ausgerechnet in der schönsten Zeit des Jahres. „Dass diese Arbeitszeiten nicht für viele attraktiv sind, kann man sich denken“, sagt Michael Schicktanz, Bürgermeister von Holzhausen a. d. Haide und selbst Bademeister im dortigen Freibad. Dazu kommen strenge Vorgaben des Arbeitsrechts wie eine maximale Stundenzahl am Tag und eine einzuhaltende Mittagspause. Außerdem muss ein Bademeister neben der Wasseraufsicht am Becken und der Beaufsichtigung des Badebetriebs in weiteren zugänglichen Bereichen wie Sauna, Kassen, Umkleiden, Wege, Toiletten etc. auch die sogenannte Betriebsaufsicht führen, also den sicheren Zustand der baulichen und technischen Anlagen im Auge haben. Dafür muss Fachpersonal aufwendig ausgebildet werden. Personelle Entlastung bei der Beaufsichtigung des Badebetriebs könnten Hilfskräfte bringen, die für ein bestimmtes Bad knapp geschult sind. Um die Wasseraufsicht am Becken übernehmen zu können, brauchen Hilfskräfte zusätzlich die Bescheinigung der Rettungsfähigkeit. In Nastätten sind bereits neben zwei fest angestellten Fachkräften eine Azubine und weiteres rettungsfähiges Hilfspersonal im Einsatz. In Holzhausen sucht der Förderverein als Betreiber des Bades nach eben solchen.

Gesetzeslage überdenken

„Unser Bademeister deckt die meisten Zeiten ab, aber wir sind aktiv auf der Suche nach Minijobbern, die stundenweise am Becken die Aufsicht übernehmen, wenn das Fachpersonal eine Pause machen muss“, so Michael Schicktanz. Interessierte könnte man schnell vor Ort mit einer Prüfung und Einweisung qualifizieren und könnte 15 Euro pro Einsatzstunde zahlen. Zwar könne man in dieser Saison den Badebetrieb aufrechterhalten, aber auch nur, weil Schicktanz selbst häufig am Becken sitzt. „Aber ich bin jetzt im Ruhestand und möchte auch mal verreisen. Wir müssen da eine andere Lösung finden“, sagt er.

Seiner Meinung nach müsse man auch mal die Gesetzeslage infrage stellen, die eine hochgradige und umfangreiche Qualifizierung des Fachpersonals vor Ort erfordert, das noch zusätzlich regelmäßig von einem Schwimmmeister überprüft wird, der Bäder in einer Region überwacht. „Ich wünsche mir einen vereinfachten Zugang für Badepersonen, zum Beispiel indem man statt eines voll ausgebildeten Bademeisters, der sich intensiv mit Schwimmbadtechnik aller Art auskennt, jemanden auf das eine Bad spezialisiert, wo er eingesetzt wird. Es erfolgt ja eh noch mal eine Überprüfung durch den übergeordneten Schwimmmeister“, so Schicktanz. Ein wohl eher kompliziertes Verfahren, das für die Badegäste kaum zu durchblicken ist. Für diese ändert sich zumindest in Holzhausen in dieser Saison nichts. In Nastätten müssen sie die Personalnot auf dem Markt jedoch nun im wahren Wortsinn ausbaden.

Top-News aus der Region