Fotografin erhält das Bundesverdienstkreuz
Besondere Auszeichnung: Reckenrother Fotografin Alea Horst erhält das Bundesverdienstkreuz
Auf diesem Bild dokumentiert Alea Horst das Leben der Menschen in Bangladesch, die auf der Müllhalde leben und arbeiten.
Alea Horst

Große Ehre: Die Reckenrother Fotografin Alea Horst ist mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Als sie die Einladung ins Schloss Bellevue erhielt, schwirrten der Kritikerin des Krieges im Nahen Osten ganz andere Gedanken und Konsequenzen durch den Kopf.

Auf diesem Bild dokumentiert Alea Horst das Leben der Menschen in Bangladesch, die auf der Müllhalde leben und arbeiten.
Alea Horst

„Ich habe den Stempel des Präsidialamtes gesehen und gedacht, dass ich Ärger bekomme“, schildert Alea Horst den Augenblick, als sie den großen braunen Umschlag aus ihrem Briefkasten holt. Auch an den Verfassungsschutz habe sie gedacht. Denn sie habe sich kritisch über den Krieg im Nahen Osten geäußert und gedacht, dass sie nun die Konsequenzen dafür tragen müsse. Ihr seien diverse Worst-Case-Szenarien durch den Kopf gegangen.

Während sie diese Geschichte erzählt, lacht sie laut darüber. Denn der Umschlag enthielt stattdessen eine Einladung ins Schloss Bellevue, wo ihr für ihr internationales ehrenamtliches Engagement das Bundesverdienstkreuz überreicht werden soll. „Ich habe mir den Brief fünf oder sechs Mal durchgelesen, weil ich es nicht glauben konnte“, erzählt die gelernte Fotografin. Sie betont zugleich, dass es ihr bei ihrem Engagement nie um irgendwelche Preise oder Auszeichnungen gegangen sei. „Die Auszeichnung hilft, Gehör zu finden“, ergänzt sie. Sie sei ein wichtiges Zeichen aus der Bevölkerung. Ein wenig stolz sei sie aber auch. Die Auszeichnung wird ihr am Montag, 4. Dezember, um 11 Uhr überreicht.

Die 41-Jährige erläutert, dass sie sich nicht für die Auszeichnung beworben habe. Sie habe bis zu dem Tag, als sie den Umschlag aus ihrem Briefkasten holte, nichts davon gewusst. Ihre Freundin Rebecca Lefèvre und Limburgs Bürgermeister Marius Hahn (SPD) hätten großen Anteil an der Bewerbung gehabt. Aber auch die Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen habe die Fotografin für die Auszeichnung vorgeschlagen.

Von der Hochzeitsfotografin zur Menschenrechtsaktivistin

Das Prozedere habe mehrere Monate gedauert, denn ihr ehrenamtliches Engagement musste bewiesen werden. So habe die griechische Botschaft Kontakt zu Projektpartnern von Alea Horst in Griechenland aufgenommen und auch ihre Projektpartner in Afghanistan seien angefragt worden.

Horst, die in Reckenroth lebt, ist in der Region als Hochzeitsfotografin bekannt. Doch das änderte sich 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle aus Syrien. Sie sah das Leid und Elend der Geflüchteten und wollte helfen. Ihre erste Reise führte sie als Nothelferin auf die griechische Insel Lesbos. Dort half sie mit, Menschen aus dem Wasser zu ziehen. Seit dem hat sie die Fotografie aufgegeben und sich ganz ihrer Arbeit als Nothelferin und Menschenrechtsaktivistin gewidmet.

Seit 2015 war sie unter anderem mehrmals auf Lesbos, in Afghanistan, Sri Lanka, Bangladesch, Syrien und kürzlich in Bosnien. Mittlerweile hat sie ihren Verein Alea e. V. gegründet und an 30 internationalen Hilfsprojekten mitgearbeitet. Sie ist vorwiegend als Fotografin für Hilfsorganisationen wie die SOS-Kinderdörfer unterwegs und dokumentiert die Lage und die Arbeit der Organisationen. Ihre Aufgaben seien zumeist Koordination, Netzwerken und Dokumentation.

„Die Bilder und Geschichten der Menschen sind der größte Nutzen für die Projekte“, erklärt die 41-Jährige. Sie hat aber auch geholfen, einen Spielplatz in Afghanistan zu bauen oder dort Schulranzen an Mädchen verteilt. Sie engagiert sich aber auch für Projekte in Deutschland wie das Kinderhaus Nesthäkchen in Laufenselden oder die „Stille Stunde“ der Caritas.

„Die Menschen teilen ihre Sorgen, Ängste und Wünsche mit mir“

Ihr aktuelles Projekt hat sie in die Ukraine geführt, wo sie noch bis Sonntag weilte. Dort war sie wieder im Auftrag der SOS-Kinderdörfer unterwegs. So wie in Bosnien, wo sie nicht nur Lebensmittel verteilte, sondern auch Kleiderspenden sortierte. „Sie haben in Bosnien tolle Jugendprogramme, weil die Jugendarbeitslosigkeit dort so hoch ist“, berichtet Alea Horst. In die Ukraine sei sie mit einer großen Delegation gereist. Es gehe um bessere Unterstützung für Familien.

Horst erzählt, dass sie während ihrer Einsätze oft mit den betroffenen Menschen ins Gespräch kommt. „Die Menschen teilen ihre Sorgen, Ängste und Wünsche mit mir“, schildert die Mutter von zwei Kindern. Deshalb seien ihre Bilder und Geschichte auch so nah und intensiv. Sie fügt hinzu, dass sie beim Erzählen dieser Geschichten immer auf der Seite der Betroffenen sei. Das sei ihre moralische Aufgabe, so Horst. Zudem achte sie ganz besonders darauf, dass ihre Bilder nicht missbraucht oder im falschen Kontext verwendet werden.

Horst hat auch ein Buch geschrieben, das für den deutschen Jugendpreis nominiert war. Es trägt den Titel „Manchmal male ich ein Haus für uns“. Darin schildern geflüchtete Kinder im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos ihre Wünsche und Träume. Doch ihr unermüdlicher Einsatz für vom Krieg und Gewalt betroffene Menschen hat in diesem Jahr ihren Tribut gefordert.

Alea Horst erkrankte an Burn-out und musste eine sechsmonatige Pause machen. „Fünf Einsätze in einem Jahr sind einfach zu viel“, sagt sie. Sie habe erst lernen müssen, achtsamer mit sich umzugehen. Deshalb habe sie auch wieder angefangen, Familien- und Hochzeitsfotos zu machen, um ein Gegengewicht zum Leid und Elend zu haben, denen sie in ihren Projekten begegnet.

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