Potenzieller Standort der neuen Grundschule: das Gebiet Austerstücken an der Arzbacher Straße. Das insgesamt 44.000 Quadratmeter große Gelände (von der Stadt kommend linksseitig der Arzbacher Straße nach dem Natursteinwerk) gehört mehreren verschiedenen Grundstückseigentümern, von denen viele offensichtlich nicht begeistert von der Idee sind. Mit Transparenten machten sie vor dem Marmorsaal auf ihren Unmut aufmerksam. Tenor: Dort habe sich ein Biotop für Flora und Fauna entwickelt, die Natur solle nicht durch ein Bauprojekt zerstört werden.
Die Fläche befinde sich bereits seit dem Jahr 2006 in der Fortschreibung, erklärte Verbandsgemeindebürgermeister Uwe Bruchhäuser, der im Stadtrat zugegen war. In dieser Zeit war in den Austerstücken Gewerbe vorgesehen. Im Jahr 2018/19 hatte die Stadt sich den Bereich vorgeknöpft und zum Mischgebiet erklärt, weil ein Investor dort Wohngebäude errichten wollte. Damals hatte es zumindest keinen öffentlichen Protest dagegen gegeben, von den Plänen wurde aber schließlich Abstand genommen. Jetzt sollen im neu abgegrenzten Plangebiet Flächen für gewerbliche und soziale Nutzungen sowie für den Gemeinbedarf, also eine Grundschule, bereitgestellt werden, sofern dies umsetzbar ist.
Aus den Reihen des Rates hagelte es Kritik an der Vorgehensweise. Es werde „über die Köpfe der Grundstückseigentümer“ entschieden, denn man wisse ja gar nicht, ob diese überhaupt verkaufen wollen. Die mehr als 20 Menschen, die in den Zuschauerreihen Platz genommen hatten, legten zumindest den Verdacht nahe, dass sie nicht gewillt sind, ihre Grundstücke dafür herzugeben.
„Mit dem Aufstellungsbeschluss rollen ja nicht gleich die Bagger.“
Stadtbürgermeister Oliver Krügel
„Mit dem Aufstellungsbeschluss rollen ja nicht gleich die Bagger“, betonte Stadtbürgermeister Oliver Krügel in dem Zusammenhang. Damit falle der Startschuss für alle nötigen Untersuchungen – etwa hinsichtlich des Naturschutzes, der Altlasten und Ähnliches – die am Ende Aufschluss darüber geben, ob ein solches Projekt an dieser Stelle überhaupt realisierbar ist. Wenn dies klar sei, könne man mit den Grundstückseigentümern in Kontakt treten. Diese Vorbereitungen dürften mehrere Monate dauern.
Bereits seit einigen Jahren hat die Verbandgemeinde die angespannte Schulsituation in Bad Ems im Visier: Baulich können beide Grundschulen nicht erweitert werden. Dass die VG jetzt mit mehr Druck an die Lösung des Schulproblems geht, hat vor allem mit dem jüngst gesetzlich formulierten Ganztagsschulanspruch zu tun, der ab dem Jahr 2026 greifen wird. Ab dann haben Eltern also Anspruch auf einen Ganztagsschulplatz für ihre Kinder im Grundschulalter, um die Betreuungslücke nach der Kita zu schließen.
Die Freiherr-vom-Stein-Grundschule in der Karl-Busch-Straße mitten im Wohngebiet sei, so Bruchhäuser, eigentlich dreizügig ausgelegt, mit Luft nach oben. Diese Luft wurde aber in den vergangenen Jahren immer dünner, denn mehrere Jahrgänge sind bereits vierzügig. Fürs kommende Schuljahr werden 79 Erstklässler erwartet, im Folgejahr sogar 106 – und da sind ukrainische Flüchtlinge noch nicht mit eingerechnet. Zeitlich versetzte Pausen der einzelnen Klassen entzerren das Gedränge auf dem Pausenhof, der längst zu klein für die Schülerzahlen ist.
Auch in der einzügig konzipierten Ernst-Born-Grundschule in der Arzbacher Straße ist die Belastungsgrenze erreicht. Dort wird die Verbandsgemeinde für das kommende Schuljahr nun einen Container aufstellen, um zusätzlichen Raum zu schaffen.
Mit einem Neubau einer Grundschule auf der „grünen Wiese“ habe man alle Möglichkeiten, allen gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Angedacht sei eine zweizügige Grundschule, die ganztags betrieben werden kann. Die Ernst-Born-Schule würde dann schließen. Mit einem Neuzuschnitt der Schulbezirke, so der Verwaltungschef, müsse man dann die Schülerzahlen entsprechend der Kapazitäten auf die beiden Standorte verteilen. Der Stadtrat brachte mit vier Gegenstimmen und zwei Enthaltungen das Bebauungsplanverfahren Austerstücken auf den Weg.