Auch nach acht Jahren erinnert sich die Geigerin noch an ihren ersten Auftritt im Rahmen des Lahnfestivals. „War das nicht das Beethoven-Konzert?“, sagt sie spontan. Gemeinsam mit dem Flor Sinfonieorchester trat sie im Sommer 2013 im Hof der Burg Nassau auf. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits ihr halbes Leben mit ihrem Instrument auf Bühnen gestanden und war Kulturkennern bereits als Riesentalent bekannt.
Gleich im Jahr darauf kehrte Judith Stapf mit dem Pianisten Wolfgang Klein-Richter für ein Gastspiel im Arnsteiner Kloster zurück. Zuletzt war Judith Stapf 2018 beim Lahnfestival aktiv. Nach ein paar Jahren Unterbrechung tritt sie nun am Samstag, 11. Dezember, um 19 Uhr im Marmorsaal in Bad Ems auf. „Ich freue mich, noch mal an der Lahn spielen zu können“, sagt die 24-Jährige. Dabei kommt sie nicht allein in die Kurstadt, sondern in Begleitung zweier nicht minder begabter Musiker, die weit mehr als Kollegen für sie sind.
Die Musiker Arnau Rovira Bascompte (Violoncello) und Marco Sanna (Klavier) hat Judith Stapf an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln kennengelernt. Seit 2018 bilden sie das Trio Orelon, das nicht nur von gegenseitiger professioneller Wertschätzung geprägt ist, sondern auch von einer persönlichen Verbindung miteinander.
Während der härtesten Phasen von Pandemie und Lockdowns spielten die beiden Kommilitonen für Judith Stapf eine kaum zu überschätzende Rolle. „Sie haben mich persönlich und musikalisch über diese harte Zeit gerettet“, sagt die Geigerin. Nicht nur beruflich und finanziell sei es eine Herausforderung, monatelang nicht auftreten zu können. „Es ist schwer, motiviert zu bleiben“, schildert sie die psychologische Komponente.
Statt vor Publikum zu spielen, zogen sich die drei jungen Musiker gemeinsam zurück. „Wir haben und eingebunkert und geübt“, beschreibt sie ihre persönliche Überlebensstrategie. Dabei haben Arnau Rovira Bascompte, Marco Sanna und Judith Stapf nicht nur das gemeinsame Repertoire erweitert, sondern sind auch persönlich und musikalisch enger zusammengewachsen.
„Wir sind sehr gute Freunde geworden“, sagt die 24-Jährige. Die Wiederkehr an die Lahn und zum Festival Gegen den Strom in der Konstellation des Trios Orelon empfindet sie deshalb als besonders beglückend. „Es liegt mir viel daran, dass die beiden das auch einmal sehen und erleben“, sagt Judith Stapf.
Als das Geigentalent als 16-Jährige erstmals beim Lahnfestival in Nassau auftrat, kannte die gebürtige Rheinbacherin das Lahntal nicht. Durch ihre folgenden Auftritte in Obernhof und Bad Ems wurde Judith Stapf immer vertrauter mit der Region, die sie als „wahnsinnig schön“ bezeichnet. Wichtiger noch ist für sie allerdings das Persönliche, eine gute Beziehung zum Veranstalter.
Festival-Intendant Diethelm Gresch und alle anderen, die Gegen den Strom auf die Beine stellen, ragen durch die Wertschätzung für die Künstler und dem besonderen Umgang mit ihnen aus der Masse heraus. „Das gib einem ein vertrautes Gefühl“, sagt Judith Stapf und fügt hinzu: „Das ist nicht überall der Fall.“ Beim Lahnfestival herrsche immer eine gute Atmosphäre, und man treffe als Musiker auf ein dankbares Publikum. „Das hat mir immer extrem gut gefallen“, meint die 24-Jährige.
Am Telefon wirkt die Geigerin zwei Tage vor dem Konzert des Trios fröhlich und gut gelaunt. „Meine Moral ist ganz gut“, sagt sie und es klingt, als habe es seit Ausbruch der Pandemie und aufgrund der damit verbundenen Einschnitte im Kulturbetrieb ganz andere Phasen gegeben. Zurzeit sind Auftritte unter strengen Auflagen möglich.
Anfang der Woche noch stand Judith Stapf mit Arnau Rovira Bascompte und Marco Sanna auf der Bühne; gleich am Tag nach dem Bad Emser Gastspiel steht ein Weihnachtskonzert auf dem Programm. Und auch für den Januar gibt es bereits konkrete Pläne, wenn diese auch erst einmal nichts mit Livedarbietungen zu tun haben. „Wir wollen eine CD-Aufnahme machen“, verrät Judith Stapf. „Das ist unser nächstes großes Projekt.“ Das hilft den jungen Musikern gewiss, die aktuell mitunter schwierige Zeit zu überstehen. „Ich bin optimistisch, dass es gut weitergehen wird“, sagt Judith Stapf.