Seit fünf Jahren stellt das Familienunternehmen „Schäfer Dein Bäcker“ im Limburger ICE-Gebiet Backwaren her, die von dort in die derzeit 180 Filialen in Hessen und Rheinland-Pfalz transportiert werden. Die Bäckerei ist schon seit Jahren stramm auf Expansionskurs und hat erst vor wenigen Wochen 26 Filialen eines Mitbewerbers im Raum Köln-Bonn übernommen. Doch die Bäckerei will weiter wachsen, und zwar gewaltig: Das Unternehmen will nach eigenen Angaben 270 Millionen Euro im ICE-Gebiet investieren. Die vorhandene Produktionsstätte soll vergrößert und perspektivisch um eine weitere, neu zu bauende Produktionsstätte für Backwaren ergänzt werden. Auch der Bau eines Parkhauses (für Mitarbeiter) und eine Übernachtungsmöglichkeit in einem Gästehaus (für Mitarbeiter, die im ICE-Gebiet geschult werden) sind vorgesehen. In den nächsten zehn Jahren will die Großbäckerei ihren Umsatz versechsfachen und die Zahl der Mitarbeiter verdreifachen.
Allerdings gelingen diese ehrgeizigen Pläne nur, wenn die Stadt Limburg dem Unternehmen weitere Gewerbeflächen zur Verfügung stellt, einen neuen Bebauungsplan aufstellt und einen bestehenden ändert, worüber die Stadtverordneten entscheiden müssen. Zumindest aus Sicht des Unternehmens ist derzeit allerdings noch zu viel Mehl im Getriebe. Mitte März 2025 verschickten die beiden Geschäftsführer Johannes und Johann Schäfer (Vater und Sohn) deshalb einen Brandbrief an mehrere politische Mandatsträger, in dem sie alle vier Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP um politische Unterstützung bitten.
Hahn bittet um Geduld, Bäckerei drückt aufs Tempo
Das Unternehmen sieht seinen eigenen Zeitplan gefährdet, der einen Baubeginn Anfang 2026 vorsieht, spricht in dem Schreiben allerdings von „Hürden“, die die Stadt aufgestellt habe, und von „Sachverhalten, die uns zutiefst beunruhigen“. Das Unternehmen hatte den vier Fraktionen seine Pläne bereits im Sommer 2024 nicht-öffentlich vorgestellt, wird zwar politisch grundsätzlich unterstützt, aber vermutlich werden am Ende nicht alle Wünsche erfüllt und das möglicherweise auch nicht so schnell wie erhofft.
Der Brandbrief war eine Reaktion darauf, dass das Unternehmen Ende des Jahres 2024 bei der Stadt Limburg den Kauf eines städtischen Gewerbegrundstücks im ICE-Gebiet und die Änderung des bestehenden Bebauungsplans beantragt hatte. Ende Januar 2025 hatte Bürgermeister Marius Hahn (SPD) zwar geantwortet, aber das Unternehmen um Geduld gebeten mit Blick auf einen Beschluss der Limburger Stadtverordneten, für die zwei wichtigsten Gewerbegebiete am ICE-Bahnhof und an der B 49 im Limburger Stadtteil Offheim („Nördlich der Kapellenstraße“) eine „Potenzialanalyse“ vorzunehmen.
Bis zum Sommer soll eine wichtige Analyse vorliegen
Damit wollen die Stadtpolitiker auf Initiative von CDU und SPD aus der Not eine Tugend machen. Die Nachfrage nach Gewerbegrundstücken in Limburg ist deutlich höher als das Angebot. In der Potenzialanalyse soll deshalb ermittelt werden, wie bereits bebaute Gewerbegrundstücke besser ausgenutzt werden können, in dem zum Beispiel angebaut oder aufgestockt werden darf, wenn ein Unternehmen einen höheren Platzbedarf hat.
Die große Koalition von CDU und SPD hat sich am Dienstag, 1. April, mit der Stadtspitze darauf verständigt, diese Analyse von einem Fachbüro erstellen zu lassen. Intern wird mit einem Ergebnis vor Beginn der politischen Sommerpause 2025 gerechnet. In dem Brandbrief hatten Schäfer senior und Schäfer junior die Stadtpolitiker darum gebeten, sich dafür einzusetzen, „dass wir einen Bauantrag zur Erweiterung unserer Backwerkstatt als ersten Schritt Mitte des Jahres 2025 einreichen können“.
Die Fraktionsvorsitzende der FDP, Marion Schardt-Sauer, reagierte auf dieses Schreiben und hatte vor der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten den Magistrat gefragt, was den Plänen der Bäckerei konkret entgegenstehe und wie der Magistrat das Anliegen des Unternehmens „kurzfristig“ umsetzen könne. Bürgermeister Hahn verweist in seiner Antwort ebenfalls auf die ausstehenden Ergebnisse der Potenzialanalyse, die erst einmal Vorrang hätten, und zudem auf planungsrechtliche Hürden. So stünde den vorgelegten Entwürfen der Bäckerei der seit 2017 geltende Bebauungsplan „in weiten Teilen entgegen“. Zudem befänden sich Teile des Vorhabens im Außenbereich, „für den bisher kein Baurecht besteht“.
Parkhaus für Mitarbeiter mit 1200 Stellflächen geplant
Ein Knackpunkt ist der von der Bäckerei gewünschte Bau eines Parkhauses mit rund 1200 Stellflächen an der Vincenz-Pallotti-Straße, und zwar ausdrücklich für Mitarbeiter, die am Standort arbeiten oder zentral geschult werden. Das dafür vorgesehene Grundstück gehört der Stadt, die nach Informationen dieser Zeitung ein Interesse daran hat, dass ein solches Parkhaus auch von Mitarbeitern anderer Firmen genutzt werden kann. Denn dann könnte der eigene Firmenparkplatz wegfallen, um diesen potenziell zu bebauen.
Schwieriger gestaltet sich der Wunsch der Bäckerei, eine Art Gästehaus für zu schulende Mitarbeiter zu errichten. Denn der Bebauungsplan sieht diese Wohnungsnutzung auf dem dafür vorgesehenen Areal noch nicht vor. Er müsste also von den Stadtverordneten geändert werden.
Noch schwieriger gestaltet sich der Wunsch des Unternehmens nach dem Bau einer neuen Backwerkstatt auf einer unbebauten Gewerbefläche zwischen der Autobahn und der B 8. Erstens soll dafür noch kein Bebauungsplan vorliegen, und zweitens zögert die Stadt nach Informationen dieser Zeitung damit, weil sie ansonsten den früheren Grundstücksbesitzern einen Nachschlag zahlen müsste. Eine vertragliche vereinbarte Frist soll allerdings in naher Zukunft ablaufen. Aber auch dann ist noch nicht gewiss, ob die Stadt diese Grundstücksfläche an die Bäckerei verkaufen wird.