Wertgrenzen reduziert
Ausschuss legt Lahnsteins Stadtchef an die Kette
Das Arbeiten im Rathaus der Stadt Lahnstein wird künftig aufgrund einer Entscheidung des Hauptausschusses komplizierter.
Tobias Lui

Der Hauptausschuss der Stadt Lahnstein hat die Verwaltung verpflichtet, alle Ausgaben über 15.000 Euro dem Ausschuss zur Genehmigung vorzulegen. Eine klare Misstrauensbekundung der Ratsmehrheit gegenüber Oberbürgermeister Lennart Siefert.

Paukenschlag im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt: Auf Antrag von CDU, SPD, FBL, Grünen und der FDP (in der Vergangenheit auch schon mal als „Fraktionsgemeinschaft“ in Erscheinung getreten) wurden die Wertgrenzen gesenkt, über welche die Stadtverwaltung eigenständig verfügen kann. Stimmt auch der Stadtrat in seiner Sitzung am 24. April zu, kann die Verwaltung künftig nur noch über Beträge bis zu 15.000 Euro verfügen. Für alles darüber hinaus müssen die Ausschüsse beteiligt werden. Deutlicher könnte eine Misstrauensbekundung gegenüber der Verwaltung mit Oberbürgermeister Lennart Siefert an der Spitze kaum ausfallen. Alle Warnungen der Verwaltung, dass das Arbeiten nun extrem erschwert werde, nutzten nichts: Die Mehrheit beschloss, die Wertgrenzen in der Hauptsatzung abzusenken.

„Es ist uns ausreichend ins Gewissen geredet worden, ich möchte nun abstimmen.“
SPD-Ratsmitglied Herbert Fuss zeigte sich sichtlich genervt von den Appellen der Verwaltung

Nach einer dreiviertel Stunde Diskussion hatte Hauptausschussmitglied Herbert Fuss (SPD) genug. „Es ist uns ausreichend ins Gewissen geredet worden, ich möchte nun abstimmen“, erklärte Fuss. Kurz darauf bekam er seinen Willen – mit deutlicher Mehrheit (gegen die Stimmen der Unabhängigen Liste und Bürgermeister Johannes Lauer) wurde die Verwaltung beauftragt, die Hauptsatzung zu ändern. Dabei war die Wertgrenze erst im Sommer des Vorjahres vom Stadtrat von 30.000 auf 40.000 Euro erhöht worden. Der genannte Grund: Verwaltungsvorgänge sollten erleichtert und die Gremien entlastet werden. Nun die Rolle rückwärts. Die Begründung der Antragsteller: Man fühlt sich von der Verwaltung nur unzureichend eingebunden und möchte den OB so zwingen, dies zu ändern. Als Beispiel für die schlechte Kommunikation wird der Ankauf des Anglerheims am Hafen in Oberlahnstein aus dem Vorjahr genannt, welches – ohne vorige Information der städtischen Gremien – erworben wurde.

Der gemeinsame Antrag war Anfang Februar eingegangen, die Antragsteller kamen damals zunächst der Bitte von OB Siefert nach, der die Auswirkungen einer solchen Deckelung zusammenstellen lassen wollte. Die Verwaltung präsentierte nun die Ergebnisse dieser Zusammenstellung – vorgetragen von Bürgermeister Johannes Lauer. Der Oberbürgermeister hatte diesem zuvor die Sitzungsleitung übertragen und den Saal verlassen. „Denn hierbei geht es nicht um meine Person, sondern um Verwaltungsabläufe“, erklärte Siefert dazu. Bürgermeister Lauer, zuvor über viele Jahre CDU-Fraktionschef im Rat, tat alles, um die negativen Folgen des Antrags für Verwaltung und Stadt zu skizzieren. „Natürlich wird damit auch die persönliche Bewegungsfreiheit des OB eingeschränkt“, erklärte Lauer. „Die andere Frage ist aber, was dies mit der Verwaltung macht.“ Lauer wies auch darauf hin, dass es „dabei immer um Ausgaben geht, die der Rat bereits beschlossen hat“. Eine Deckelung auf 15.000 Euro, so Lauers Urteil, „das ist ein Klotz am Bein für die Verwaltung.“

„Bedenken Sie, was das für unsere Arbeit bedeutet.“
Fachbereichsleiter Thomas Becher appellierte ohne Erfolg

Thomas Becher, Werkleiter der Stadt, berichtete im Anschluss aus der Praxis, wie eine Deckelung auf 15.000 Euro einschränken würde. „Wir waren alle sehr erschrocken, als wir von diesem Antrag hörten“, so Becher. Mit der Erhöhung vor einem Jahr auf 40.000 Euro sei man „sehr viel beweglicher“ im Arbeiten geworden, bilanzierte er. Die mehr als Halbierung des Betrages nun bedeute, „dass sich alles verzögern wird“. Gerade im Baubereich mache sich dies bemerkbar, hier sei vieles nicht einplanbar. Als Beispiel nannte er die Sanierung des Alten Rathauses. Hier sei es bisher schon zu sieben Nachforderungen von Handwerkern gekommen, „allein drei davon hätten wir kurzfristig in den Ausschuss bringen müssen“, erklärte Becher. „Wir haben viele Vorhaben, da sind oft kurzfristige Entscheidungen nötig.“ Seine Bitte an die Ausschussmitglieder: „Bedenken Sie, was das für unsere Arbeit bedeutet.“

„Wir wollen nur mitgenommen werden. Wenn das nur über diesen Weg geht, dann ist das zwar schade, aber dann ist das eben so.“
Andreas Birtel (CDU)

Bedacht hatten die Antragsteller dies sicherlich – doch abbringen lassen von ihrem Plan mochten sie sich trotz aller Bemühungen nicht. „Wir fühlen uns bei Entscheidungen nicht informiert und beteiligt“, kritisierte CDU-Fraktionschef Günter Groß. „Wenn sich das Kommunikationsverhalten verbessert, dann können wir die Wertgrenzen gern wieder anheben.“ Auch für Sascha Weinbach (FDP) ist der Beschluss Mittel zum Zweck, es gehe nicht darum, die Verwaltung zu gängeln. „Aber vielleicht können wir so eine bessere Kommunikation erzwingen.“ Man habe dies in der Vergangenheit schon oft bemängelt, „nun sehen wir einfach keine andere Möglichkeit mehr“. Bürgermeister Johannes Lauer stellte die Frage in den Raum, ob man mit dieser Maßnahme nicht den Falschen treffe und die Verwaltung hemme. „Denn diese Grenze ist jenseits jeglicher Praktikabilität.“

SPD-Fraktionschef Jochen Sachsenhauser sprach von einem Abwägungsprozess. „Wir machen mit, weil wir einige Vergaben unterhalb der bisherigen Wertgrenzen nicht mittragen. Die Grundrechte des Rates werden nicht gewahrt.“ Die Unabhängige Liste Lahnstein wiederum kritisierte die Fraktionsgemeinschaft, weil man bei diesem gemeinsamen Antrag – wieder einmal – nicht gefragt worden sei. Die Kritik an der Kommunikation durch die Stadtspitze teile man sehr wohl, „aber wir würden uns einen anderen Weg wünschen“, erklärte Ausschussmitglied Ute Hierse. Andreas Birtel (CDU) schließlich versicherte, dass man der Verwaltung nicht mehr Arbeit machen wolle. „Wir wollen nur mitgenommen werden. Wenn das nur über diesen Weg geht, dann ist das zwar schade, aber dann ist das eben so.“

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