Der Ausbildungsmarkt im Kreis Limburg-Weilburg zeigt deutliche Schwächen: Wie die Agentur für Arbeit Limburg-Wetzlar meldet, ging die Zahl der Ausbildungsstellen im März gegenüber dem Vorjahresmonat um 21,7 Prozent zurück, die Zahl der Bewerber sank ebenfalls, und zwar um 12,3 Prozent. Wurden der Agentur für Arbeit im März 2024 noch 1040 Ausbildungsplätze gemeldet, so waren es im März 2025 nur noch 814 (minus 226); die Bewerberzahl sank von 1107 auf 971 (minus 136).
Der Rückgang, so der Pressesprecher der Agentur für Arbeit, Ralf Fischer, betrifft alle Kammern in Industrie, Handwerk und freien Berufen, aber auch den Öffentlichen Dienst. Bei den von der IHK Limburg gemeldeten Ausbildungsplätzen gab es einen Rückgang um 133 auf nur noch 494 – ein Minus von 21 Prozent. Der Rückgang im Handwerk lag bei 18 Prozent auf 241 Ausbildungsplätze. Besonders hoch, wenn auch mit nur geringen absoluten Zahlen, war der Rückgang bei den freien Berufen (minus 38,6 Prozent auf 35 Plätze) und im Öffentlichen Dienst (minus 30,8 Prozent auf 18 Plätze).
„21,7 Prozent ist ein sehr hoher Wert, und er zieht sich über alle Branchen.“
Ralf Fischer, Pressesprecher der Agentur für Arbeit, zum Rückgang der Ausbildungsplätze
Sorge bereitet der Agentur für Arbeit, dass der Rückgang auf breiter Front zu beobachten sei. „21,7 Prozent ist ein sehr hoher Wert, und er zieht sich über alle Branchen“, so Agentursprecher Fischer. Auch wenn es noch zu früh sei, ein endgültiges Urteil über das bevorstehende Ausbildungsjahr 2026/27 zu fällen, zeichne sich schon jetzt eine bedenkliche Entwicklung ab: „Wir blicken einem sehr problematischen Ausbildungsmarkt entgegen.“
Die Ursachen für diesen Rückgang seien vielfältig. Vor allem schlage sich jetzt offenbar die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands auf das Ausbildungsangebot nieder. Fischer: „Es spricht viel dafür, dass die Konjunktur eine Rolle spielt.“ Zwar gebe es nach wie vor einen latenten Fachkräftemangel, der sich mit Blick auf den Rückzug der Baby-Boomer noch verstärken werde, doch gegenwärtig werde der Fachkräftemangel überlagert von den wirtschaftlichen Problemen, mit denen viele Unternehmen zu kämpfen hätten. Mit der Zollpolitik von US-Präsident Trump habe sich die Verunsicherung weiter verschärft. „In schwierigen Zeiten hat für die Unternehmen Vorrang, dass sie über die Runden kommen.“
Hinzu komme: Viele Firmen seien mittlerweile frustriert, dass sie trotz jahrelanger Suche keine geeigneten Bewerber finden. „Die gehen jetzt andere Wege, um an Auszubildende heranzukommen“, so der Agentursprecher.
Laßmann: Verfehlte Bildungspolitik
Auf der Bewerberseite seien ebenfalls mehrere Ursachen für den Rückgang festzustellen. Zum einen spiele die demografische Entwicklung eine Rolle, zum anderen das geänderte Bildungsverhalten junger Menschen. „Viele streben heute einen höheren Bildungsabschluss an“, so Fischer. Dies gehe zulasten der dualen Ausbildung. Aber auch Psychologie sei offenbar im Spiel: In unsicheren Zeiten verlängerten viele Jugendliche ihre Schulzeit noch um ein Jahr oder mehr, weil sie sich auf dem Ausbildungsmarkt keinen Erfolg versprechen.
Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Limburg, Stefan Laßmann, kann keine konjunkturellen Gründe für den Rückgang von Ausbildungsplätzen im Handwerk erkennen. Im Gegenteil: Nach wie vor suchten viele Betriebe händeringend nach geeigneten Bewerbern. Offene Stellen würden aber zunehmend nicht mehr der Agentur für Arbeit gemeldet, weil sich dieser Weg bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen häufig als nicht zielführend erwiesen habe.
Für den Rückgang an Bewerbern macht Laßmann eine aus seiner Sicht „verfehlte Bildungspolitik“ mitverantwortlich. Anstatt den jungen Leuten den Wert und die guten Perspektiven eines Ausbildungsplatzes zum Beispiel im Handwerk zu vermitteln, werde immer noch vorwiegend für möglichst hohe Schulabschlüsse mit anschließendem Studium geworben – auch wenn dieser Weg für nicht wenige junge Leute in einer Sackgasse ende, beispielsweise Arbeitslosigkeit oder Abbruch des Studiums.
IHK Limburg sieht keine Konjunkturdelle
Auch die IHK Limburg berichtet von einer „unvermindert hohen Bereitschaft“ ihrer Unternehmen, junge Menschen auszubilden. Beleg: Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sei zum 31. März um 24 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Die hessischen IHKs meldeten ein Minus von einem Prozent. „Es bestehen gute Aussichten, dass in diesem Jahr noch mehr Betriebe und Azubis über einen Ausbildungsvertrag zueinanderfinden. Denn bis in den Oktober können noch Verträge abgeschlossen werden, und es gibt weiter zahlreiche freie Ausbildungsplätze in der heimischen Region“, so IHK-Sprecher Mats Nikolas Müller.
Eine Konjunkturdelle auf dem Ausbildungsmarkt sehe die IHK – anders als die Arbeitsagentur – nicht. „Das können wir bei unseren Zahlen nicht bestätigen“, so Müller. Im Gegenteil: Die Lage am Ausbildungsmarkt sei zwar angespannt, vor allem aber deshalb, weil es an genügend Bewerbern fehle. Immer mehr Betriebe fänden nicht genügend Auszubildende, die Lage sei düster. Die aktuelle Ausbildungsumfrage 2024 der Deutschen Industrie- und Handelskammer zeige, dass knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Bereich der Industrie- und Handelskammern betroffen sei – ein Allzeithoch. Bei mehr als 30.000 Betrieben sei noch nicht einmal eine Bewerbung angekommen. Besonders vergeblich suchten Gastronomie, Handel und die Logistikbranche nach Auszubildenden. Verantwortlich sei vor allem der demografische Wandel, aber auch die mangelnde berufliche Orientierung der Schüler, gerade an Gymnasien.
Rückgang der Ausbildungsplätze nach Branchen
Die Zahl der Ausbildungsplätze ging über alle Branchen um 21,7 Prozent zurück. Besonders groß war das Minus im Gastgewerbe (60 Prozent), bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (minus 51,9), im Gesundheits- und Sozialwesen (minus 44,4), im Baugewerbe (minus 31,3) und bei der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (minus 25,0). Mehr Ausbildungsplätze gab es auf niedrigem Niveau nur in zwei Branchen: Verkehr und Lagerei (plus 11,1 Prozent), Erbringung von Dienstleistungen (10,0).