Brand in Flüchtlingsunterkunft in Zollhaus beschäftigt Schöffengericht - Haftstrafe für Somalier
Aus Frust im Suff Feuer gelegt: 24-jähriger Mann aus Somalia vom Diezer Schöffengericht verurteilt
Verhandlungssaal des Amtsgerichts Diez
Till Kronsfoth

Weil er ein Feuer im Gemeinschaftsraum seiner Unterkunft entzündet hatte, ist ein 24-jähriger Mann aus Somalia vom Diezer Schöffengericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

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Am 18. März 2024 hatte der Angeklagte in einer Sozialunterkunft in Zollhaus Holz, Kleidungsstücke und andere brennbare Dinge in einem Gemeinschaftsraum aufgetürmt, mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet. Der Täter selbst war nach dem Entzünden des Feuers auf einer Couch in unmittelbarer Nähe des Feuers eingeschlafen.

Massives Alkoholproblem

Der in einem äthiopischen Flüchtlingsheim geborene Somalier war mit 14 verwaist, kam über Italien nach Deutschland und wuchs in Koblenz auf. Nach dem erfolgreichen Hauptschulabschluss hätte er gern gearbeitet, durfte als Asylbewerber jedoch nicht, trotz vergleichsweise guter Deutschkenntnisse. 2022 war im St-Elisabeth-Krankenhaus in Lahnstein ein Verdacht auf paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden. Der junge Mann entwickelte ein Alkoholproblem und wurde 2023 wegen versuchten minderschweren Raubes zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

„Ab 2019 hat mein Mandant täglich getrunken, zwischen fünf und zwölf Flaschen Bier täglich. Am konkreten Tattag hat er zusätzlich zwei Tetrapacks Weißwein geleert“, gab die Verteidigung eine Stellungnahme ab. „Der Alkohol war meine Beschäftigung. Ich war den ganzen Tag alleine, ich war einsam. Ich hätte gern gearbeitet“, erklärte der Angeklagte. Und sein Verteidiger ergänzte: „An die mutmaßliche Brandstiftung erinnert sich mein Mandant nicht. Seine Erinnerung setzt erst wieder ein, als er in Handschellen von der Polizei abgeführt wurde. Er hat einen Filmriss.“

Richter Dennis Graf verlas nun den Befund des Blutalkoholtests, der 2,2 Promille ergeben hatte, konfrontierte den Angeklagten jedoch auch damit, dass er nach seiner Verhaftung bei der Ermittlungsrichterin gesagt hatte: „Ich habe das gemacht, aber nicht mit Absicht.“ Ein Satz, an dem sich auch noch Staatsanwältin Ruffra erinnern konnte, die damals ebenfalls zugegen gewesen war.

Brandgeruch in der Luft

Ein Polizeibeamter sagte im Zeugenstand aus: „Wir bekamen einen Notruf wegen einer randalierenden Person in Zollhaus. Beim Eintreffen lag Brandgeruch in der Luft. Beim Betreten des Hauses sah man Flammen. Ich betrat den Gemeinschaftsraum, weil der Brandstifter sich noch dort befinden sollte. Auf einer Couch in unmittelbarer Nähe zu einer Art Lagerfeuer in der Mitte des Raumes lag eine bewusstlose Person. Wir haben den Angeklagten rausgeholt und das Feuer gelöscht. Im ganzen Gebäude befanden sich 15 Personen.“

Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Angeklagte sich mit seiner Wohnsituation unzufrieden zeigte. Er hatte mehrfach erbeten, in eine Einrichtung in Katzenelnbogen umziehen zu dürfen, was abgelehnt worden war. Zudem hatte der Mitbewohner, mit dem er sich ein Doppelzimmer teilte, ihn aus dem Zimmer geworfen, sodass der Angeklagte auf der Couch im Aufenthaltsraum der Unterkunft übernachtete, auf der er von der Polizei während des Brandes auch gefunden worden war.

Anschließend kam ein psychiatrischer Sachverständiger zu Wort. „Anhaltspunkte für ein psychotisches Erleben wie Halluzinationen, das Hören von Stimmen oder Ähnliches habe ich nicht gefunden. Auch heute habe ich keine Hinweise auf wahnhafte Störungen gewonnen, kann sie jedoch auch nicht ausschließen. Es besteht eine Alkoholabhängigkeit. Auf Grundlage der gemessenen 2,2 Promille ist eine verminderte Steuerfähigkeit nicht auszuschließen.

Auch Verteidigung hält Schuld für erwiesen

In ihrem Plädoyer stellte Staatsanwältin Ruffra fest: „Der Sachverhalt steht so wie angeklagt fest. Der Angeklagte sagt zwar, er könne sich an eine Auseinandersetzung erinnern, aber nicht an das Kerngeschehen. Das ist eine bloße Schutzbehauptung. Er war verärgert, in der Unterkunft bleiben zu müssen, und so entschloss er sich, das Gebäude in Brand zu setzen. Er hat sich somit der versuchten schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig gemacht. Hier ist aber ein minderschwerer Fall anzunehmen, da es sich um einen Versuch handelt, eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, es wenig Sachschaden gab und die Tat eingeräumt wurde. Auch Personen wurden nicht verletzt. Aber es gibt eine Vielzahl von Vorstrafen, und der Angeklagte stand unter laufender Bewährung. Ich halte eine Haftstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten für angemessen.“

Auch die Verteidigung hielt die Schuld des Angeklagten für erwiesen: „Mein Mandant hat ein Feuer in einer Sozialunterkunft gelegt. Hier ist der minderschwere Fall anzunehmen. Mein Mandant ist ein Opfer seiner Biografie. Er ist mit 14 alleine nach Deutschland gekommen, saß aber immer zwischen den Stühlen, wurde von einer Unterkunft in die nächste geschickt, konnte nirgends Fuß fassen. In dieser psychischen Ausnahmesituation zündete er ein Feuer an und schlief davor ein. Besser kann man eine Ausweglosigkeit nicht beschreiben. Ich beantrage daher eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, denn eine positive Sozialprognose ist nicht erkennbar.“ Der Angeklagte nutzte das Recht des letzten Wortes: „Ich möchte mich entschuldigen. Ich habe das nicht mit Absicht gemacht. Es tut mir leid!“

Bewährung kam nicht infrage

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten wie von der Staatsanwaltschaft beantragt wegen versuchter schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung im minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten.

„Sie haben in der Kenntnis, dass dort noch andere Menschen leben, ein Feuer ohne Rücksicht auf das Leben der anderen Personen gelegt. Bei weiterem Fortgang hätte es sich auf das gesamte Gebäude erstreckt. Es ist nicht absehbar, was passiert wäre, hätte die Polizei nicht eingegriffen. Einen minderschweren Fall kann man bejahen, da Sie die Tat eingeräumt hatten und es bei geringem Schaden geblieben ist. Es blieb zudem bei einem Versuch, und Sie waren vermindert schuldfähig. Eine Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ist nicht vorgesehen. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Suchtklinik liegen nicht vor. Aber Sie müssen an Ihrem Alkoholproblem arbeiten, sonst ist nicht absehbar, was für Straftaten Sie in Zukunft noch begehen werden“, begründete der vorsitzende Richter Dennis Graf das Urteil.

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