Neben einzelnen Vorträgen gibt es im Mai die Arnsteiner Handschriften-Tage, die einzigartige Exemplare der Buchkunst zum Bewundern an die Lahn holen und zum Eintauchen einladen in die versunkene Welt der Klosterschreibstuben des Mittelalters. Mehr als zehn Jahre sind vergangen, seit alte Handschriften letztmals für Leben und zeitlose Erkenntnisse im Kloster über der Weinbaugemeinde sorgten.
Antworten auf viele Fragen
Warum wurden die Werke geschrieben? Wie und unter welchen Bedingungen wurden sie angefertigt? Woher kamen die Farben? Was erzählen die Bilder? Was wollte der exakt gezeichnete Text bewirken? Das sind unter anderem Fragen, auf die die Veranstaltungen Antworten liefern und zum unterhaltsamen Austausch einladen. Einen Vorgeschmack aufs Programm, das unter dem Titel „Von wunderbaren Büchern“ die Kostbarkeiten mittelalterlicher Buchmalerei in einem guten Dutzend Veranstaltungen bis zum 10. Oktober in den Fokus rückt, gab Fischer im Haus Fumiko in Obernhof. Dort weckte sie Neugier auf die Begegnung mit den historischen Dokumenten, musikalisch passend unterstützt von den Spielweibern Ranunculus. Dem persönlichen Blick auf namhafte, zum Teil schon verstorbene Forschende des Genres folgten Beispiele dafür, was in den kommenden Monaten an Kostbarkeiten zu sehen und zu entdecken ist; Berühren und Blättern inbegriffen.
Die Arnsteiner Bibel
In 30 Jahren hat Fischer ein großes Netzwerk an Wissenschaftlern und Experten aufgebaut. Sie erinnert an die beiden verstorbenen Manfred Kramer, Leiter eines Schweizer Faksimile-Verlags, und die „Faksimile-Koryphäe“ Anton Pfeifer. „Sie sind wohl schuld daran, dass mir die Handschriften so ans Herz gewachsen sind“, sagt Fischer. Pfeifer war Organisator der renommierten Simbacher Buchkunsttage.
In diesem Sinne sind auch die Vortragsreihe und die Arnsteiner Handschriften-Tage vom 9. bis zum 12. Mai in Obernhof konzipiert. „Natürlich in viel kleinerem Rahmen“, gibt sich die Historikerin bescheiden. Dabei hat das Kloster oberhalb von Obernhof mit seiner Schreibstube im Mittelalter kostbarste Handschriften hervorgebracht. Mit der in den Jahren 1170 bis 1172 vom Mönch Lunandus gefertigten, großformatigen und zweibändigen Arnsteiner Bibel ist dort eines der bedeutendsten Werke der Romantik entstanden. Das Prunkstück befindet sich heute in der britischen Nationalbibliothek in London.
Kulinarische Genüsse
Als Glücksfall bezeichnet Fischer den Kontakt mit Professor Harald Wolter-von dem Knesebeck von der Uni Bonn und mit Professor Wolfgang Schmid von der Uni Trier. Die beiden renommierten Kunsthistoriker werden nicht nur selbst referieren wie zur Bilderhandschrift „Kaiser Heinrichs Romfahrt“ und zum „Goldenen Mainzer Evangeliar“. Sie vermittelten auch den Kontakt zu jungen Fachleuten des Metiers. Dabei soll nicht nur die Fachwelt ins Staunen kommen, wenn Vorträge und Ausstellungen von den altertümlichen Vorläufern moderner Medien zeugen. Sowohl Inhalt, Entstehungsgeschichte als auch die außerordentliche Kunst der Gestaltung sollen ebenso junge Menschen ansprechen. Ein wichtiges Ziel von Peregrini: „Wir wollen Jugend und Buch wieder in Kontakt bringen“, sagt die Vorsitzende des Vereins, dessen Fokus derzeit auf der Unterstützung der Klosterkirchen-Sanierung liegt.
Die Palette an Handschriften ist reich. Neben biblischen Begegnungen gibt es mit dem „Bestiarium aus Peterborough“, dem Falkenbuch Friedrichs II. und dem „Buch der Jagd“ auch Begegnungen mit der Tier- und Jagdwelt. Die Bilderwelt von Burgen und Rittern kommt mit der großen Heidelberger Liederschrift an die Lahn. Passende musikalische Begleitung gibt es sowohl an den Vortragsabenden als auch dem langen Himmelfahrts-Wochenende. Das Buch als haptisches Erlebnis wird von den Freunden des mittelalterlichen Kloster- und Pilgerlebens ebenso beleuchtet wie die Vorzüge, die Mönche in der Schreibstube des Arnsteiner Klosters genossen. Kulinarische Genüsse und eine Weinprobe dürfen bei den Handschriften-Tagen im Weindorf Obernhof nicht fehlen.