Denn die Dausenauer sind gleich mehrfach geplagt: Da sind zunächst die Ausflügler, die sich natürlich gern das malerische Örtchen von Nahem anschauen und das Ganze als „Drive-in“-Museum betrachten:
Also tuckern sie durch die alte Ortsdurchfahrt mit links wie rechts Sehenswürdigkeiten vom Schiefen Turm übers alte Rathaus und Torbogen bis hin zur alten Eiche. Solange diese Motorradtouristen angepasst fahren und nicht unnötig die Motoren aufdrehen, ist das für die meisten Anwohner völlig in Ordnung.
Aber dann gibt es auch die weniger touristisch interessierten Biker, die die Umgehungsstraße als Rennstrecke benutzen, obendrein noch oft mit getunten Maschinen, tags wie nachts. Und das bringt die Anwohner an den Rand des Ertragbaren.
„Die Umgehung ist die reinste Rennstrecke und lebensgefährlich“, erzählt ein Bürger, „die reinste Raserei“, ein anderer. „Motorräder jagen nur so durch den Kreisel“, der wohl der einzige seiner Art in Rheinland-Pfalz sei, in den man offiziell mit 100 km/h hineinfahren dürfe.
Dieser Kreisel verteilt den Verkehr von Nassau aus kommend auf die Umgehung und die alte Ortsdurchfahrt. Mehrere Runden würden teils in diesem Kreisel gedreht, bevor die Maschinen dann richtig hochgezogen und über die Umgehung gepeitscht würden.
Auch von Bad Ems aus kommend werde tüchtig gerast, und das störe nicht nur die Dausenauer selbst, sondern in hohem Maße auch die Gäste des Dorfes, die am Campingplatz an der Lahn Entspannung suchten oder in den höher gelegenen Ferienhäusern im Hang logierten.
Ein Anwohner habe jüngst an einem Feiertag binnen einer Stunde 220 Motorräder gezählt. „Das kann doch nicht sein, dass ein Großteil der Bevölkerung diesem ,Spaß' der Motorradfahrer ausgesetzt ist und darunter leidet.“
„Die Umgehung ist die reinste Rennstrecke und lebensgefährlich.“
Viele Dausenauer sind sich einig: Der Motorenlärm ist kaum zu ertragen.
Ob die Corona-Pandemie das Problem noch verstärkt hat, weil Spazierfahrten in den vergangenen Wochen zu den wenigen erlaubten Aktivitäten zählten? Ein bisschen vielleicht. Die anwesenden Dausenauer aber dementieren dies, es sei schon seit Jahren schlimm und werde jährlich schlimmer – ob mit oder ohne Corona.
Dabei betonten sie, dass sie nicht grundsätzlich alle Motorradfahrer verteufelten. Es gebe viele, die anständig ihr Fahrzeug führten, ohne zusätzlich eingebaute Krachmacher. Und selbstverständlich gebe es auf der anderen Seite auch eine Menge rücksichtsloser Autofahrer, die die Umgehung als Tuning-Teststrecke benutzten. Was sie sich wünschen:
eine Reduzierung des erlaubten Tempos sowohl auf der Umgehung als auch zwischen Nassau und dem Kreisel vor Dausenau. Ein Durchfahrtsverbot an Sonn- und Feiertagen für Motorräder. Mehr Polizeikontrollen. Mehr Rücksicht.
Ortsbürgermeisterin Michelle Wittler hat bereits Kontakt zur Verbandsgemeinde und zur Polizei aufgenommen. Am 30. Juni soll es im Ort eine Verkehrsschau geben. Unter anderem hatte eine Tempomessung zuvor Höchstgeschwindigkeiten von 112 km/h gemessen – nicht der einzige gute Grund, um sich von Behördenseite die Sache einmal live anzuschauen.
Dass die Dausenauer Bevölkerung nicht allein dasteht, zeigen viele Beschwerden aus anderen Gemeinden. Landrat Frank Puchtler hat sich deswegen vor einigen Tagen an das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium gewandt, um kurzfristige Lösungen zur Verkehrssicherheit und zur Lärmreduzierung für die Bürger im gesamten Rhein-Lahn-Kreis zu erreichen.
In seinem Schreiben bittet er um einen kurzfristigen Termin mit Vertretern des Verkehrsministeriums, der Polizei und des Landesbetriebs Mobilität, um konkrete Maßnahmen möglichst schnell und effektiv umzusetzen. Michelle Wittler warb bei ihrem Gemeinderat auch im Interesse aller dafür, den Landrat in seinen Bemühungen zu unterstützen.
Um alle Aspekte zu sammeln und zu bündeln, gibt es am kommenden Dienstag, 23. Juni, um 19.30 Uhr in der Lahntalhalle in Dausenau ein Treffen zum Thema Verkehrslärm. Betroffene Bürger sind eingeladen, von ihren Erfahrungen zu berichten.