Er ist zwar nicht in aller Munde, aber im Munde vieler – nicht nur im übertragenden Sinn: der Wein vom Mittelrhein, Deutschlands kleinstem Anbaugebiet. Nicht nur, damit das Anbaugebiet nicht noch weiter schrumpft, sondern auch, um den Menschen einen Einblick in die vielseitige Arbeit des Winzers insbesondere in den Steillagen zu gewähren, hat die Winzergenossenschaft Loreley gemeinsam mit der Loreley-Touristik das Weinsteig-Winzern ins Leben gerufen. Nun geht das Projekt ins 18. Jahr, und wieder haben Menschen aus der Region die Gelegenheit, an insgesamt zehn Terminen tiefer in das Thema einzusteigen – theoretisch wie praktisch.
Was hinter dem Projekt steckt
„Mir geht es darum, die Menschen für Steillagenweinbau zu sensibilisieren“, erzählt Organisator Friedel Becker im Gespräch mit unserer Zeitung. Und so ist vor 18 Jahren das Projekt entstanden. Über das ganze Jahr hinweg können Interessierte in die Aufgaben des Winzers reinschnuppern und alle notwendigen Schritte vom Rebschnitt bis zur Lese miterleben. Wie man sich das genau vorstellen muss, erzählt Friedel Becker: „Es geht immer um 11 Uhr los. Dann wird zuerst gezeigt, was gemacht werden muss, und erklärt, warum es gemacht werden muss. Und dann gehen wir alle an die Arbeit.“ Jeder übt dann an einem Rebstock, und Becker schaut, ob das Gelernte richtig umgesetzt wird, dann bearbeitet jeder selbstständig seine Reihe. „Nach zwei Stunden etwa setzen wir uns zusammen, und es wird gemeinsam gevespert und unterhalten“, erzählt Becker vom weiteren Ablauf und dem offiziellen Ende des Arbeitseinsatzes. „Wer mittags aber noch Lust hat, kann natürlich noch länger bleiben und weiterhelfen. Jeder darf so lange bleiben, wie er will und kann“, erzählt er und gibt aber auch freimütig zu, dass die Arbeit im Weinberg und insbesondere in der Steillage ungewohnt und körperlich recht fordernd ist.
„Mit dem Rebschnitt werden die wichtigsten Weichen für die Reben in puncto Erziehung, Ertrag und Qualität gestellt.“
Friedel Becker
An insgesamt sieben Terminen werden verschiedene Arbeiten im Weinberg verrichtet. Los geht es am 22. Februar mit dem Rebschnitt. „Schon da ist von allen Präzision gefragt – sowohl im Jungfeld als auch in der Ertragsanlage“, beschreibt der Winzer, denn „mit dem Rebschnitt werden die wichtigsten Weichen für die Reben in puncto Erziehung, Ertrag und Qualität gestellt.“ Als Nächstes ist das „Krummbiegen“ dran, da sei Fingerspitzengefühl gefragt: „Wenn es auch mal knackt und kracht, Hauptsache die Rebe bleibt heil.“
Jede Jahreszeit hat ihre bestimmten Aufgaben
Mit beginnendem Austrieb kommt Leben in die Reben. Die grünen Blättchen wachsen sich rasch zu langen Trieben aus. Diese festzubinden und immer wieder aufzuheften, lernen die angehenden Weinsteig-Winzer beim nächsten Treffen, um im Sommer dann das sogenannte Gipfeln zu erlernen. Dabei sind die Großgewachsenen im Vorteil, „denn hier sind die Spitzen der Triebe auf etwas über zwei Meter Höhe einzukürzen“, beschreibt Becker den nächsten Arbeitsschritt.
„Die Arbeit im Steilhang ist anspruchsvoll, aber die Gebietskulisse ist einmalig.“
Friedel Becker über den Lohn der harten Arbeit in der steilen Terrassenlage
Nach einer Arbeitspause steht dann im Oktober der Höhepunkt an: die Weinlese. Das ist viel mehr, als einfach nur Trauben abzuschneiden. „Qualität ist oberstes Gebot“, betont Friedel Becker. Und so müssen dabei die faulen, die vertrockneten und die unreifen Beeren weggeschnitten werden. „Nur vollreife, gesunde Früchte werden gelesen.“ Und diese müssen dann hinauf zur Traubenbütte transportiert werden, „eine schwere, schweißtreibende Arbeit in den steilen Terrassenlagen an der Loreley“, weiß Becker. „Die Arbeit im Steilhang ist anspruchsvoll, aber die Gebietskulisse ist einmalig“, schwärmt er.
Lohn für die „Jungwinzer“ sei die leckere und reichhaltige Winzervesper – stets mit regionalen Produkten und natürlich einem wohlverdienten, erfrischenden Glas Riesling, selbstverständlich von den steilen Terrassen der bearbeiteten Lage „St. Goarshäuser Burg Katz“. Und natürlich ganz viel Wissen rund um den Steillagenweinbau.
Echte Winzerluft schnuppern
Wie es später mit den Trauben weitergeht bis zum fertigen Wein, das erfahren die fleißigen Weinfreunde bei einer gemütlichen Weinprobe im Bornicher Winzerkeller. Damit beschließen die „Weinsteig-Winzer“ dann auch ihr gemeinsames Jahr im Weinberg. Doch neben den Arbeitseinsätzen warten noch drei weitere Schmankerl auf die Teilnehmer: Eine Naturerbe-Wanderung mit anschließender Vorstellung des 2024er-Jahrgangs des Burg-Katz-Rieslings, eine ganztägige Fortbildung mit Ausflug in die Deinhard-Sektkellerei in Koblenz und anschließendem Besuch im Koblenzer Weindorf und zum Abschluss des Winzerjahres eine Weinprobe im Winzerkeller. Das sei auch immer ein besonderes Erlebnis, erzählt Friedel Becker. Die Weinprobe stehe immer unter einem besonderen Motto, und alle Teilnehmer seien aufgefordert, einen passenden Wein für den Abend mitzubringen.
Seit Beginn des Projekts im Jahr 2007 wurden mehr als 8000 Quadratmeter brachliegende Weinberge in direkter Nachbarschaft des weltberühmten Loreley-Felsens neu aufgebaut und angepflanzt. Wer Teil dieses besonderen Projekts sein möchte, muss schnell sein: Der Kurs ist für 20 Personen ausgelegt – „diese Gruppengröße hat sich bewährt, damit ich auch auf alle gut eingehen kann“, sagt Friedel Becker. Für das komplette Programm inklusive den Vespern und Ausflügen erhebt er eine Gebühr von 100 Euro. Zum Abschluss bekommt jeder als Dank noch fünf Flaschen Wein. „Wer will, kann dafür sogar sein eigenes Etikett entwerfen. Aber egal wie, dieser Wein ist in jedem Fall etwas ganz Besonderes“, ist der Initiator dieses besonderen Erlebnisses, überzeugt. So besonders, dass viele Teilnehmer zwei oder mehr Jahre im Weinberg mithelfen, denn: „Wenn man einmal ein Jahr hinter sich hat, wollen viele wissen, wie es mit ,ihren’ Reben weitergeht“, erzählt der Winzer.
Weitere Infos und die Anmeldung zum Projekt gibt es bei Friedel Becker, Telefon 06771/959427, E-Mail fb.bornich@t-online.de
Weinsteig-Winzer auf Zeit: Das Programm
Das Projekt startet mit dem Rebschnitt am Samstag, 22. Februar, um 11 Uhr, in den „Elch“-Weinbergen. Die weiteren Termine, jeweils um 11 Uhr, sind 29. März (biegen), 26. April (pflanzen), 10. Mai (ausbrechen), 7. Juni (heften), 5. Juli (gipfeln), in den Wochen um den 3. Oktober Weinlese bereits ab 9 Uhr (abhängig von Reife und Wetter). Dazu gibt es noch drei besondere Termine: „Wandern und verkosten“ bei Naturerbewanderung am 17. Mai (16 Uhr), eine ganztägige Fortbildung im Rahmen einer Wein-Info-Reise mit Schiff oder Bahn zur Deinhard-Sektkellerei in Koblenz mit anschließendem Besuch in Koblenzer Weindorf voraussichtlich am 23. August sowie eine Weinprobe am 1. November ab 18 Uhr im Winzerkeller. Gearbeitet wird im Elch-Weinberg. Man erreicht ihn, wenn man von St. Goarshausen Richtung Loreley abbiegt und die Parkmöglichkeit am Rheinsteig nimmt. Nach 300 Metern über den Rheinsteig Richtung Loreley erreicht man den Elch-Weinberg. zwi