Lange Bearbeitungszeiten
Amtsgericht in Lahnstein: Die Aussichten bleiben mau
Das Amtsgericht in Lahnstein gilt unter Anwälten als das "langsamste Amtsgericht" im Land.
Tobias Lui

Gerichtskostenrechnungen kommen meist schnell, doch bis das Amtsgericht Lahnstein ein Verfahren final bearbeitet hat, müssen Mandanten oft Monate warten. Eine echte Besserung ist nicht in Sicht, der politische Wille in Mainz fehlt.

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Scheidungsverfahren, die woanders binnen weniger Wochen, hier viele Monate später, erledigt sind, Räumungsklagen, die Vermieter fassungslos zurück lassen, weil sie monatelang auf ihr Recht (und Geld) warten müssen. Die angespannte Personallage am Amtsgericht in Lahnstein (unsere Zeitung berichtete) ist unter Notaren wie Anwälten schon lange Thema, zuletzt gelangte Kritik an der Verfahrensdauer durch unsere Zeitung an die Öffentlichkeit. Da das Amtsgericht in Lahnstein eines von 15 Amtsgerichten gehört, die zum Bezirk des Landesgerichts Koblenz gehören, haben dort nachgehört, ob und wann in Lahnstein für Abhilfe gesorgt wird. Die Antwort ist deprimierend. Man weiß um die Probleme, doch Lösungen sind nicht in Sicht.

Dem Landgericht Koblenz ist bekannt, dass die Erledigung der Rechtsprechungsaufgaben durch das Amtsgericht Lahnstein derzeit durch Krankheitsfälle erschwert ist.
Pressesprecher Moritz Stübel

„Dem Landgericht Koblenz ist bekannt, dass die Erledigung der Rechtsprechungsaufgaben durch das Amtsgericht Lahnstein derzeit durch Krankheitsfälle erschwert ist“, erklärt Moritz Stübel, Präsidialrichter und Pressesprecher des Landgerichts für Zivilsachen. Die Behördenleitungen stünden deswegen in einem „ständigen Austausch“. So sei, dies hatte unsere Zeitung vermeldet, eine Richterin am Amtsgericht seit Ende letzten Jahres dauerhaft erkrankt. „Bis zu dieser Erkrankung war das Amtsgericht Lahnstein mit fünf Arbeitskraftanteilen im richterlichen Dienst vollständig besetzt“, betont der Sprecher. Allerdings waren die Beschwerden über lange Bearbeitungszeiten in Lahnstein auch zuvor schon Thema.

Sprecher: Vollständige Kompensation erst in etwa einem Monat

Stübel führt weiter aus, dass ein solcher personeller Ausfall an einem kleinen Gericht wie dem in Lahnstein mit lediglich fünf Richterstellen natürlich eine Unterbesetzung darstelle, immer fehlten 20 Prozent der Arbeitskraft. „Das kann und muss für einen gewissen Zeitraum – etwa im Fall von Urlaub, Fortbildungen oder Erkrankungen in einem üblichen zeitlichen Umfang – durch eine interne Vertretung aufgefangen werden.“ Bei solchen Vertretungen, so erklärt der Sprecher die Praxis, würden jedoch üblicherweise nur eilige Entscheidungen getroffen. „Wenn absehbar ist, dass die Vertretungssituation andauert, wird insbesondere bei kleineren Gerichten versucht, diese durch die Zuweisung von zusätzlichem Personal abzumildern.“ So sei im Februar ein Richter mit 0,4 Arbeitskraftanteilen vom Landgericht Koblenz an das Amtsgericht Lahnstein abgeordnet worden. „In diesen zwei Arbeitstagen pro Woche kann der Richter den eingetretenen Ausfall jedoch lediglich teilweise kompensieren.“ Eine „vollständige Kompensation durch die Abordnung eines Richters mit voller Arbeitskraft“ werde erst in etwa einem Monat möglich sein, betont der Landgerichtssprecher.

In einem großen Landgerichtsbezirk wie Koblenz ist dies nur dann möglich, wenn eine Lücke oder Unterbesetzung an einer anderen Stelle in Kauf genommen wird.
Die Abordnung eines Richters innerherhalb des Landgerichtsbezirks Koblenz nach Lahnstein reißt an anderer Stelle ein Loch.

Der geht auch darauf ein, warum solche Personalverschiebungen durchaus herausfordernd sind. „In einem großen Landgerichtsbezirk wie Koblenz ist dies nur dann möglich, wenn eine Lücke oder Unterbesetzung an einer anderen Stelle in Kauf genommen wird.“ Denn der Bezirk erhalte auch bei der langfristigen Erkrankung eines Richters dafür keinen Ausgleich, wie etwa durch eine Neueinstellung. „Im Landeshaushalt sind dafür keine Mittel vorgesehen, da die Stelle besetzt ist.“ Der Stelleninhaber, so die Argumentation, sei nur erkrankt, aber nicht ausgeschieden.

Sprecher macht wenig Hoffnung auf Besserung

Zusätzlich werde die Situation dadurch erschwert, dass im gesamten Landgerichtsbezirk seit geraumer Zeit mehr als fünf Richter dauerhaft erkrankt seien, betont Moritz Stübel. „Es muss daher abgewogen werden, an welchen Stellen welche Unterstützung durch Personalveränderungen im Bezirk erforderlich und möglich ist.“ Dabei sei außerdem zu berücksichtigen, dass kurzfristige Personalwechsel im richterlichen Bereich zu „erheblichen Reibungsverlusten“ führten. „Ein vollständiger Ersatz für einen eingearbeiteten Richter ist erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit zu verzeichnen.“ Und so bleiben die Aussichten für das Amtsgericht Lahnstein, das für 58.000 Menschen zuständig, sehr trübe. Dies gesteht auch der Gerichtssprecher ein. „Auch wenn künftig eine volle Richterarbeitskraft unterstützt, wird die Aufarbeitung der Rückstände in Lahnstein eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.“

Und so wird Ludger Griesar, der Direktor des Amtsgerichts in Lahnstein, wohl auch künftig den ein oder anderen genervten Notar oder Anwalt vertrösten müssen, weil ihm schlichtweg die Mittel fehlen. Lösen könnte die Probleme, die offenbar den gesamten Amtsgerichtsbezirk Koblenz betreffen, nur das Land.

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