Mit dem Alten Rathaus in Bad Ems ist eine Menge geplant: Eine Anlaufstelle für Infos zum Welterbe, Jugendzentrum, Stadtbibliothek und das Büro des Stadtbürgermeisters sollen künftig dort einziehen. Doch die nun vorgestellten Pläne für die Sanierung haben zunächst für Ernüchterung gesorgt, denn die Sanierung wird mehr kosten als geplant.
Björn Gossa vom Architekturbüro von Canal stellte zusammen mit Kollegen die Details vor. Nach der ersten Schätzung ging man von Kosten in Höhe von 9,5 Millionen Euro aus – jetzt könnten es rund 13,5 Millionen Euro werden. Dieser Wert ist allerdings ein Mittelwert, die Arbeiten könnten zwischen 11 und maximal 15 Millionen verschlingen. Björn Gossa stellte bei seinen Berechnungen den schlimmsten Fall an zu leistenden Arbeiten vor – es könnte sich herausstellen, dass man auch mit etwas weniger Geld auskommt. Jedenfalls sind vom Dach über den Außenputz, die Decken und Wände bis zu Elektrik und Heizung sehr viele Baustellen zu beseitigen, damit das Alte Rathaus einer langfristigen und sinnvollen Nutzung zugeführt werden kann.
Die Traglast der Decken reicht einfach nicht – Sie werden auf jeden Fall etwas machen müssen.
Architekt Björn Gossa
Kein Einzelposten kam im Vergleich der ersten Schätzung zur jetzigen Berechnung ohne eine kräftige Kostensteigerung davon. Beim Baugrund beträgt die Steigerung satte 369 Prozent, beim Putz klettern die Ausgaben von rund 160.000 auf 364.000 Euro in die Höhe, beim Stahlbau und Rohbau schlagen statt 1,028 Millionen nun voraussichtlich 1,927 Millionen Euro zu Buche. „Die Traglast der Decken reicht einfach nicht – Sie werden auf jeden Fall etwas machen müssen“, unterstrich Björn Gossa gegenüber den Ratsleuten. Der Dachstuhl des Alten Rathauses ist mehrfach überarbeitet worden. „Dort ist der Holzwurm zu finden und es gibt schädliche Anstriche“, erläuterte Gossa. Für neue Holzbauteile müssen statt geschätzten 115.000 nun wohl 574.000 Euro ausgegeben werden.
Durchgänge im Gebäude müssen für die künftige Nutzung barrierefrei gestaltet werden. Dazu müssen die Durchgänge breiter werden, wozu man die links und rechts stehenden Balken versetzen kann – oder es muss eine ganze Wand geöffnet werden. Die Ausgaben für den Bodenbelag werden voraussichtlich von 175.000 auf 627.000 Euro ansteigen. „Wir brauchen eine komplette Einhausung des ganzen Gebäudes“, meinte Björn Gossa zum Gerüstbau, der von etwa 61.000 auf rund 483.700 Euro steigen könnte. Auch bei der Elektroinstallation und der Wärmeversorgung werden Mehrkosten unumgänglich sein, wenn auch in etwas geringerem Ausmaß.
Abgespeckte Bauvarianten sind teils denkbar
Was könnte die Alternativen sein? Eine absolute Notversorgung für das alte Rathaus würde die Stadt Bad Ems laut Björn Gossa rund 1,5 Millionen Euro kosten. „Dann könnten Sie das Gebäude aber nicht nutzen“, merkte der Architekt an. Bei einer erwarteten Förderung durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Höhe von 85 Prozent würden die 1,5 Millionen dem Anteil entsprechen, den die Stadt bei der Sanierung zu stemmen hätte. „Sie würden dann das ganze Geld für einen Nulleffekt ausgeben“, verdeutlichte Gossa, der abschließend die große städtebauliche Bedeutung des Alten Rathauses für Bad Ems hervorhob.
„Es steht nicht gut um das Gebäude“, musste Stadtbürgermeister Oliver Krügel (CDU) einräumen. Aber: „Keiner kann etwas für diesen Zustand“, ergänzte er. Über lange Jahre sei nichts in das Alte Rathaus investiert worden. Bernd Hewel (FWG) fragte, ob die 85-prozentige Förderung denn auch für Gesamtkosten von 13,5 Millionen Euro gilt. „Darauf wird hingearbeitet“, antwortete Oliver Krügel. Gisela Bertram (SPD) relativierte die Aussicht. „Wir werden mit der Förderung wohl nicht bei der Gesamtsumme rauskommen“, erklärte sie. „Jede einzelne Position ist gut begründet“, lobte sie die Präsentation des Architekten. Das Alte Rathaus sei ein Haus, das die Stadt brauche – ein Neubau komme nicht infrage. Igor Bandur (UL BEN) fragte, ob die Stadt die Differenz tragen muss, falls die ADD maximal 8 Millionen Kosten fördert. Björn Gossa erläuterte, dass bei einzelnen Posten auch etwas wirtschaftlichere Varianten umgesetzt werden könnten. „Da muss dann mit der ADD gesprochen werden“, betonte er.
Wir haben da keine Wahl.
Inge Beisel (SPD) zu den höheren Kosten für die Sanierung
Aus mehreren Fraktionen kam Zustimmung zu den Sanierungsplänen, auch wenn sie nun mit Mehrkosten verbunden sind. Die Notinstandhaltung überzeugte nicht, wohl vor allem, weil man für das voraussichtlich gleiche Geld das Alte Rathaus wirklich voranbringen kann. Hier werden Gelder sinnvoll genutzt, meinte Michael Brüggemann (UL BEN). „Wir haben da keine Wahl“, räumte Inge Beisel (SPD) zu den Ausgaben ein. Die gestiegenen Kosten für das Vorhaben wurden aus ihrer Sicht nachvollziehbar erläutert. Rüdiger Glodek (Bündnis 90/Grüne) betonte die Bedeutung des Welterbezentrums, das in das Alte Rathaus einziehen soll. „Wir werden sehen, was die ADD macht“, meinte Oliver Krügel, der die Sanierung als große Chance für Bad Ems sieht. Er machte deutlich, dass die Sanierung des Alten Rathauses unter den jetzigen Fördermöglichkeiten eine große Gelegenheit für die Stadt darstellt, die unbedingt ergriffen werden sollte. Ein Beschluss war zu dem Thema nicht nötig, da es lediglich um die Vorstellung des Sachstands zu dem Bauwerk ging.