„Ich finde es angenehmer aufzuhören, wenn's noch Spaß macht“, lautet die Antwort.
Ausgelutscht ist er nicht. Auch Frust hat er keinen, wenngleich es gegenüber früher nicht einfacher geworden ist. „Ich habe immer gesagt, dass ich maximal dreimal antreten werde“, erklärt der noch amtierende Stadtbürgermeister. „Ich muss aber auch sagen, dass die Rahmenbedingungen für das Amt nicht mehr so sind wie vor zehn Jahren – die Verwaltungsarbeit hat sich vervielfacht, und dass das Geld im Stadtsäckel fehlt, macht die Sache auch nicht einfacher.“
Erster Anlauf klappte nicht
Joachim Müller ist seit 2004 Mitglied im Rat der Stadt und seit 2009 Stadtbürgermeister. Beim ersten Anlauf vor 20 Jahren unterlag er der damaligen SPD-Kandidatin Rita Wolf mit 45,4 Prozent, was ein guter Achtungserfolg war. Fünf Jahre drauf war Heinz Scholl von der FBL sein Gegenkandidat, und da hatte Müller mit sage und schreibe neun Stimmen die Nase vorn, wurde das erste Mal Stadtchef. Weil ihm dann doch einiges gelungen ist, konnte er 2014 und 2019 als alleiniger Bewerber um das Amt durchstarten. Es fand sich kein Gegenkandidat, was ja durchaus für die starke Position des CDU-Politikers gewertet werden kann.
2014 oder 2019 ohne Gegenkandidat
Was also hat er im Amt erreichen können? „Das große Ziel für die Jahre nach der ersten Wahl war es, dass das frühere Bahngelände, das ziemlich trostlos war, genutzt und neu gestaltet wird. Was ja nicht so einfach war, denn erstens gab es dort Altlasten, und zweitens gehörte es noch der Bahn. Ich habe dann mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters der Verbandsgemeinde, Werner Groß, Kontakt aufgenommen zu allen möglichen Investoren, von Edeka über Rewe bis hin zu Penny, aber auch zu Hoteliers und dem Jugendherbergswerk.“
„Angebissen“ hat dann ein Entwickler, der für Netto arbeitet. Und auch die Bahn spielte mit, die Konditionen waren günstig, die Stadt wurde Eigentümerin des Areals, verkaufte es in Teilen wieder, sodass sich Netto ansiedeln konnte und gleichzeitig Parkplätze, Park-and-Ride, eine neue Zubringerstraße und nicht zuletzt eine barrierefreie Bushaltestelle entstehen konnten. Damit hatte Braubach nicht nur einen Grundversorger an Land gezogen, was sehr wichtig war und ist, sondern auch ein attraktives Entree geschaffen.
Müller ist stolz auf Umbau der Hauptschule
Worauf Joachim Müller noch stolz ist: Der Umbau des früheren Hauptschultrakts zu einem kommunalen Kindergarten, in dem heute fünf Gruppen mit rund 90 Kindern untergebracht sind. „Der wurde 2014 eröffnet und später erweitert. Es ist für unsere Stadt und ihre jungen Familien wichtig, dass die Kinder gut untergebracht sind. Und ich darf auch sagen, dass wir ein tolles Personal haben, dass die Kita für ihre Arbeit weithin anerkannt ist. Das ist einfach nur schön ...“
Nicht zuletzt nennt er die Altstadtsanierung, deren vierter Bauabschnitt in Kürze beginnt. „Als sich abzeichnete, dass die Stadt Braubach mit der Fusion der beiden alten Verbandsgemeinden Braubach und Loreley nicht nur den Namen der VG, sondern auch den Hauptverwaltungssitz verliert, verhandelte Joachim Müller mit dem früheren Innenminister Roger Lewentz eine Kompensation aus. Über das Städtebauförderprogramm gab's nun Gelder vom Land für die Neugestaltung von Flächen am Rhein und die Sanierung der Altstadt. Weit mehr als 3 Millionen Euro sind so in die Wein- und Rosenstadt geflossen – die Braubacher müssen 15 Prozent der Kosten aus eigener Tasche zahlen.
Weitere Höhepunkte seiner Amtszeit: die Sanierung des Sportplatzes vom Tennen- zum Rasenplatz und die Ansiedlung der DRK-Rettungswache. „Da haben wir zwar nur bei der Suche nach dem Grundstück geholfen, aber die jetzige Lage ist meines Erachtens optimal“, sagt Müller.
Manches funktionierte nicht
Und was hat ganz und gar nicht funktioniert? Da muss er nicht lange nachdenken: der Marstall, die Brandruine in der Altstadt, kurz vor der Philippsburg. Erst wurde der Besitzer gesucht, dann hatte die Stadt zusammen mit der Deutschen Burgenvereinigung und dem Europäischen Burgeninstitut ein Konzept für den Wiederaufbau und den Betrieb sowie einen Finanzierungsplan erarbeitet, doch die Kommunalaufsicht untersagte der Kommune, bei der Versteigerung der Ruine mitzusteigern. So kam das Areal an eine Immobiliengesellschaft, die aber irgendwann auch in die Insolvenz ging. Seitdem ist nichts mehr geschehen – die Ruine ist heute noch ein Störfaktor in einem ansonsten attraktiven Umfeld.
Solche Rückschläge sind ärgerlich, verdrießen dem Ur-Braubacher, der in der Blosbergstraße 21 geboren wurde, aber nicht die Stimmung. Joachim Müller feiert gern, privat, aber auch in der Öffentlichkeit, etwa beim traditionellen Winzerfest. Und wenn er bei der alljährlichen Weinprobe die Braubacher „Nationalhymne“ schmettert, dann ist das eine Stimmungskanone, sagt aber auch ein wenig über sein Naturell aus: „Eins, zwei, drei – gluck, gluck, wir trinken noch 'nen Schluck, und geht auch alles kreuz und quer, das Fässchen, das wird leer.“ Wer arbeitet, der darf halt auch mal einen draufmachen ...
Er kennt die Verwaltungswege
Apropos Arbeit: Der noch für wenige Wochen amtierende Stadtbürgermeister war erst zwölf Jahre bei der Bundeswehr, wo er als Oberfeldwebel schon relativ früh Führungsverantwortung übernahm. Als Diplom-Verwaltungswirt (FH) ging er danach in die Verwaltung des Polizeipräsidiums Koblenz, erst im Personalreferat, heute als Leiter des Liegenschaftsreferats. Seine kaufmännischen wie die Verwaltungskenntnisse haben ihm den Job im Rathaus erleichtert. „Mir kann so schnell keiner ein X für ein U vormachen“, sagt Joachim Müller. Er kenne die Verwaltungswege, könne Gesetze lesen und auch zielführend mit Personal und Personen im Stadtrat umgehen. „Solche Kenntnisse sind sehr hilfreich.“
Zurzeit bereitet er im Rathaus die Übergabe vor. Wichtig ist ihm, dass der Wechsel an der Stadtspitze möglichst geräuschlos und glatt läuft. „Die Stadt darf dadurch keinen Nachteil erleiden“, stellt er fest. Seinem Nachfolger werde er sicherlich nicht reinreden, falls der jedoch Unterstützung benötige, sei er da. „Wenn Günter Fragen hat, stehe ich ihm gern zur Verfügung“, so Joachim Müller.
Jetzt wird mehr verreist
Noch eine letzte Frage: Wird er sich nun ganz aus der Politik rausziehen? „Wenn ich auf Kreisebene oder im Verbandsgemeinderat irgendwann mal nachrücken sollte, dann werde ich das tun“, so die Antwort. „Ansonsten aber sind da genügend private Dinge aufzuholen, die in den vergangenen 15 Jahren liegen geblieben sind. Und außerdem schaue ich mir gern Deutschland und die Welt an ...“