100-köpfiges Team des Statistischen Landesamtes bearbeitet die Anträge der Betroffenen aus dem Kreis Ahrweiler
100-köpfiges Team im Einsatz: Flut-Soforthilfe wird in Bad Ems koordiniert
Der Wiederaufbau stellt die Menschen im Ahrtal vor gewaltige Herausforderungen. Soforthilfen werden dringend benötigt. Das Statistische Landesamt übernimmt bei der Verteilung der Mittel die Koordination.
dpa

Spendenaktionen, Hilfskampagnen und spontane Einsätze vor Ort: Viele Menschen haben sich in den vergangenen Wochen nach der Flutkatastrophe im Ahrtal engagiert. Während Nachrichten und Reportagen über Helfer durch alle Medienkanäle gehen, wird nahezu unbeachtet an den Schreibtischen und Computerbildschirmen des Statistischen Landesamtes (StaLa) in Bad Ems mit Hochdruck gearbeitet – denn das StaLa hat im Rahmen der Amtshilfe für die Kreisverwaltung Ahrweiler die Koordination der Soforthilfe des Landes Rheinland-Pfalz für die betroffenen Menschen im Ahrtal übernommen.

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Der Wiederaufbau stellt die Menschen im Ahrtal vor gewaltige Herausforderungen. Soforthilfen werden dringend benötigt. Das Statistische Landesamt übernimmt bei der Verteilung der Mittel die Koordination.
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„Ich bin unglaublich stolz auf dieses Team“, betonte StaLa-Präsident Marcel Hürter beim Besuch des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz, der sich an Ort und Stelle über das Projekt erkundigte und sich für den außerordentlichen Einsatz des Amtes bedankte. Gut 100 Mitarbeiter, ein Drittel des Personals, sind seit der verheerenden Flut Mitte Juli mit den Anträgen auf Soforthilfe beschäftigt – und das in einer Zeit, in der das StaLa als Sitz des Landeswahlleiters nur wenige Wochen vor der Bundestagswahl ohnehin stark gefordert ist.

Für Marcel Hürter und seine Mannschaft war’s Ehrensache, sich dafür aufzustellen. Menschenleben und Existenzen hat die Flut gekostet, Tausende zerstörte Häuser und allein 8500 schrottreife Autos hinterlassen, weiß der Innenminister, der in den vergangenen Wochen bei mehr als 80 Ortsterminen im Kreis Ahrweiler zugegen war.

„Aber nicht nur Privatpersonen und Unternehmen wurden auf das Härteste getroffen, auch die Verwaltungen des Kreises und der Gemeinden schwer beschädigt“, sagt der Minister. „Wir wollten schnellstmöglich und unbürokratisch Hilfe leisten. Deswegen bin ich den Beschäftigten des Statistischen Landesamtes sehr dankbar, dass sie schnell und kompetent Amtshilfe geleistet und die Auszahlung der Soforthilfen für Privatpersonen im Ahrtal für die Kreisverwaltung übernommen haben.“

Fünf Tage hat StaLa-IT-Spezialist Angelo Beck mit seinen Mitarbeitern gebraucht, um von „Null“ beginnend ein komplexes System mit Basisfunktionen und Anwendungen auf die Beine zu stellen, mit dem die Anträge bearbeitet werden können. Zu der neuen Software musste ein Nutzerhandbuch geschrieben und die Mitarbeiter entsprechend geschult werden. Eine Highspeedleistung: Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer vom Eingang des Antrags bis zur Auszahlung der Soforthilfe lag bei zwei Tagen. Mehr als 12 300 Anträge wurden bislang bewilligt, fast 24,5 Millionen Euro ausgezahlt.

Knapp 17 100 Anträge befinden sich aktuell im System der Behörde. Von den rund 12.300 genehmigten Anträgen kommen rund 8000 aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Es gab über 4000 Dubletten, da viele Anträge mehrfach oder über verschiedene Kanäle eingereicht wurden“, erklärt der Amtsleiter. Die Mitarbeiter vergleichen, überprüfen und sortieren aus, was mehrfach vorliegt. Allerdings gab es auch 240 Betrugsverdachtsfälle, von denen elf als tatsächliche Betrugsversuche angesehen werden.

Starkes Team, geballte Kompetenz: Das Statistische Landesamt in Bad Ems koordiniert die Soforthilfe des Landes für die Flutopfer im Kreis Ahrweiler. Von links: StaLa-Präsident Marcel Hürter, stellvertretender Wahlleiter Dr. Stephan Denzer, Referatsleiter Angelo Beck, Innenminister Roger Lewentz und Personalrätin Michelle Wittler. Die Folie zeigt die bewilligten Soforthilfe-Anträge nach Herkunftsort der Antragsteller.
Michaela Cetto

Auch eine Hotline wurde geschaltet, über die sich Betroffene anfangs an 12 Stunden an sieben Tagen in der Woche über die Soforthilfe informieren konnten. Bis zu 400 Anrufe gingen in der ersten Zeit dort täglich ein. Bei den Mitarbeitern ist aber viel mehr angekommen als Fragen zum Ausfüllen der Formulare. Eine Menge Emotion und Verzweiflung ging mit vielen Telefonaten einher – eine große psychische Belastung auch für das StaLa-Team.

Während das Projekt Soforthilfe mittlerweile so langsam auf die Zielgerade biegt (die Antragsfrist ist abgelaufen), eröffnet sich für die Behörde eine weitere große Herausforderung: Wie ist die anstehende Bundestagswahl im Kreis Ahrweiler zu realisieren?

Durch die zerstörten oder beschädigten Häuser fallen Wahlräume weg, die Postzustellung kann nicht gewährleistet werden, viele Wahlberechtigte sind dauerhaft oder vorübergehend weggezogen, ohne eine Adresse zu hinterlassen, ganz zu schweigen von den eingeschränkten Ressourcen der betroffenen Kommunalverwaltungen. „8500 zerstörte Fahrzeuge – da kann man nicht mal schnell in die Nachbargemeinde zur Wahlurne fahren“, ergänzt Lewentz.

Deswegen setzt die Behörde nun Wahlbusse ein, die zwischen dem 14. und 24. September die betroffenen Kommunen anfahren, um Wahlberechtigten eine unkomplizierte Briefwahl vor Ort anzubieten – von der Beantragung der Briefwahl bis zur Stimmabgabe in einem Rutsch. Dazu werden Wahlpavillons an den verschiedenen Orten aufgestellt. Allein 80 Termine sind an 25 Standorten in der Verbandsgemeinde Altenahr geplant, 40 Termine an 16 Standorten gibt’s in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auch am Wahltag selbst wird es drei zentrale Wahlräume geben, einen in der Verbandsgemeinde Altenahr und zwei in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Unterstützt wird das Landesamt durch die Hochschule für öffentliche Verwaltung und den Landesbetrieb Landesforsten sowie durch benachbarte Gemeindeverwaltungen und die Kreisverwaltung Ahrweiler. Auch das THW und die Bundesdruckerei greifen dem Team mit Sachmitteln unter die Arme.

„Dass Sie das alles stemmen können, spricht für die Qualität und Leistungsstärke Ihres Hauses“, betonte der Innenminister abschließend.

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