Schwester Lea Ackermann ist im Alter von 86 Jahren gestorben - Die Eucharistiefeier findet in Trier statt
Zum Tod von Schwester Lea Ackermann: Starke Stimme für Frauenrechte ist verstummt
Frauen aus der Gemeinde hatten vergangene Woche zu einer Trauerandacht für Lea Ackermann in St. Bartholomäus eingeladen.
Werner Dupuis

Mit dem Tod von Schwester Lea Ackermann ist eine starke Stimme für die Rechte von Frauen verstummt. Die Gründerin der Organisation Solwodi („Solidarity with women in distress“, zu Deutsch „Solidarität mit Frauen in Not“) ist am 31. Oktober gestorben.

Mit dem Tod von Schwester Lea Ackermann ist eine starke Stimme für Frauenrechte verstummt.
Werner Dupuis

Wie die Organisation berichtete, war die 86-Jährige schon länger gesundheitlich angeschlagen und sei daher von Hirzenach in ein Seniorenzentrum nach Trier übergesiedelt. Dort sei sie nach einer Operation nicht mehr aus der Narkose aufgewacht.

„Mit ihr verliert Solwodi seine Gründerin, die mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Einsatz für Frauen in Not den Verein über Jahrzehnte auch nach ihrem Ausscheiden aus der operativen Arbeit entscheidend geprägt hat“, drückt der Trierer Bischof Stephan Ackermann seine Anteilnahme in einem Kondolenzschreiben aus. Mit Trauer und Dankbarkeit blicke er auf das bewegte Leben und Wirken der katholischen Ordensschwester zurück und spreche den Mitgliedern des Vereins und den Mitarbeitern sein Beileid aus. „Ich würde mich nicht scheuen, Schwester Lea als eine prophetische Persönlichkeit unserer Zeit zu bezeichnen, die – wie das bei Prophetinnen und Propheten ja nicht unüblich ist – für ihr Anliegen auch unbequem sein konnte“, betont Bischof Ackermann in seinem Kondolenzschreiben.

Frauen aus der Gemeinde hatten vergangene Woche zu einer Trauerandacht für Lea Ackermann in St. Bartholomäus eingeladen.
Werner Dupuis

Schwester Lea Ackermann wurde am 2. Februar 1937 in Völklingen geboren und wuchs im Saarland auf. Nachdem sie zunächst eine Banklehre absolviert hatte, trat sie 1960 der Gemeinschaft der Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika (Weiße Schwestern) bei. Dort bewarb sie sich bekleidet mit einem Tanzkleid aus Paris, wie sie 2017 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk erzählte. Damals habe sie mit der Landesbank, bei der Ackermann in Saarbrücken arbeitete, einen Betriebsausflug nach Trier gemacht. „Und dann haben wir die ganze Nacht getanzt, wie man das damals bei Betriebsausflügen so gemacht hat. Und am nächsten Morgen habe ich mich dann im Kloster vorgestellt. So, wie ich war“, berichtete die Frauenrechtlerin. Zwar hätten die Schwestern schon gedacht, dass sie ein komischer Vogel wäre, dem Orden beitreten durfte Ackermann aber dennoch.

Für ihren Orden war sie in Ruanda und Kenia in der Lehrerausbildung tätig. In Afrika erlebte sie das Leid der Frauen, die sich aus Armut prostituieren mussten. Um ihnen zu helfen, gründete sie 1985 in Mombasa/Kenia den Verein Solwodi.

Erste Beratungsstellen entstehen auch in Deutschland

Nach Deutschland zurückgekehrt, fielen ihr auch hierzulande die Probleme vieler Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte auf. Die Ordensschwester handelte und gründete 1987 Solwodi in Deutschland. Schnell entstanden die ersten Fachberatungsstellen, an die sich Frauen, die Not und Gewalt erfahren haben, wenden konnten und immer noch können. Heute durchzieht ein Netz von 21 Fachberatungsstellen, 14 Schutzeinrichtungen und Wohnprojekten das Land. Jährlich berät und begleitet Solwodi mehr als 2000 Frauen und ihre Kinder.

Viele Jahre lang hatte die Hilfsorganisation ihren Hauptsitz in Hirzenach. „Als Gründerin von Solwodi hat Schwester Lea Ackermann weit mehr als 30 Jahre lang in Deutschland und in Afrika für die Rechte von Frauen gekämpft“, sagt Landrat Volker Boch. „Wir haben eine starke Persönlichkeit verloren, die als Frauenrechtlerin mit großem Mut und einem hohen persönlichen Einsatz der Zwangsprostitution und der Gewalt gegen Frauen entgegengetreten ist.“

Mit Edith Piafs „Non, je ne regrette rien“ („Nein, ich bereue nichts“) verabschiedeten sich Weggefährten von Schwester Lea Ackermann in Hirzenach.
Werner Dupuis

Im Rhein-Hunsrück-Kreis arbeitete die Ordensfrau auch eng mit ortsansässigen Initiativen zusammen. Lea Ackermann sei eine geschätzte Weggefährtin und Mitkämpferin gewesen, erklären die Gleichstellungsbeauftragte des Rhein-Hunsrück-Kreises, Pia Reuter, und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Boppard, Ingrid Gundert. „Der Arbeitskreis Gleichstellung hat viele Projekte unterstützt. Besonders aber waren die Auftritte von Lea Ackermann für die Frauenallianz-Boppard. Wir konnten uns über diese Arbeit auf einer sehr persönlichen Ebene kennenlernen und haben uns gegenseitig wertgeschätzt“, sagen Gundert und Reuter einhellig.

In den 1980er-Jahren Themen auf Tagesordnung gebracht

„Mit Schwester Lea verliert Solwodi eine starke Persönlichkeit und charismatische Gründerin. Ihr ist es zu verdanken, dass Themen wie Prostitution und geschlechtsspezifische Gewalt in den späten 80er-Jahren überhaupt erst auf die Tagesordnung kamen. Sie hat sich unermüdlich dafür eingesetzt, dass gerade die Gruppe der besonders vulnerablen Frauen – Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte und mit Gewalterfahrungen – Unterstützung erhält und eine Stimme bekommt“, fasst Maria Decker, die Vorsitzende von Solwodi, das Wirken Lea Ackermanns zusammen. Mit Mut und Gottvertrauen setzte sie sich für Frauen in Deutschland und in Kenia ein, die bisher keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben hatten.

Möge Solwodi diese Richtung des Anfangs beibehalten, sodass Frauen ihre Gaben und Fähigkeiten entfalten können.

Maria Decker, Vorsitzende von Solwodi

Als Lea Ackermann 2020 die operative Leitung der Organisation abgab, äußerte sie als Wunsch für die Zukunft: „Möge Solwodi diese Richtung des Anfangs beibehalten, sodass Frauen ihre Gaben und Fähigkeiten entfalten können. Macht bitte weiter so. Bleibt im Gespräch mit Gott und den Frauen.“ Dem fühle sich Solwodi verpflichtet, bekräftigt die Vorsitzende.

Eucharistiefeier in Trier

Die Eucharistiefeier für Schwester Lea Ackermann findet am Mittwoch, 15. November, um 11 Uhr in der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier statt. Anschließend wird sie auf dem Friedhof St. Matthias beigesetzt. Kondolenzschreiben können an die Ordensgemeinschaft gerichtet werden: Missionsschwestern unserer Lieben Frau von Afrika, St. Barbara Ufer 4, 54290 Trier

Seit dessen Gründung vor fünf Jahren engagierte sich die Frauenrechtlerin auch im Bopparder Verein „Kick for Help“, mit dem sie etwa für Projekte in Kenia und Ruanda zusammenarbeitete. „Sie war von Beginn an Mitglied unseres Kuratoriums. Wir hatten gerade zusammen mit Schwester Lea Ackermann und der Stiftung Fly and Help den Bau einer Schule und eines Kindergartens in Kenia abgeschlossen“, berichtet Norbert Neuser, Gründer des Vereins. Es sei eine Freude gewesen, mit ihr daran zu arbeiten, die Welt ein wenig besser zu machen. „Im sozialen und humanitären Bereich bleibt Schwester Lea Ackermann mit ihrem Engagement und mit ihren Überzeugungen ein christliches Vorbild und ein Stück deutscher Zeitgeschichte“, ist Neuser sicher.

Im November 2020 gründete die Frauenrechtlerin zudem die „Lea Ackermann Stiftung“, deren Zweck es ist, Kindern und Jugendlichen in Afrika und weltweit aus Situationen zu helfen, die sie in ihrer Entwicklung hindern. „Mit 86 Jahren ist Lea Ackermann jetzt bei ihm, bei dem sie sich während ihres ganzen Lebens bedankt hat: bei Gott“, findet Maria Freifrau von Welser von der Stiftung tröstende Worte.

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