Dass die St. Goarer Kinder gern Rad fahren, spielen oder Lego bauen, und dass sie in der Rheinfels-Schule lesen, schreiben und rechnen lernen, das sind Dinge, die die Menschen in der Zukunft irgendwann einmal erfahren. Zumindest dann, wenn sie erneut auf die Idee kommen, die Burg Rheinfels zu sanieren. Denn seit Dienstag befindet sich verborgen hinter einer der dicken Mauern eine Zeitkapsel.
Nach wie vor laufen die aufwendigen Sanierungsarbeiten an den altehrwürdigen Gemäuern der Rheinfels. Dabei entdeckten die Arbeiter kürzlich eine Art Hohlraum. Da dieser nach eingehender Untersuchung offenbar keine besondere historische Bedeutung hat, wurde entschieden, ihn wieder zuzumauern. „Da kam mir die Idee, eine Zeitkapsel mit einmauern zu lassen“, sagt Stadtbürgermeister Falko Hönisch.

Kurzerhand nahm Hönisch dafür die Rheinfels-Schule mit ins Boot. Die Kinder malten Bilder und schrieben Briefe, die fortan in der Zeitkapsel darauf warten, entdeckt zu werden. „Wir sind 23 Kinder in der Klasse und wir lernen in Büchern und Heften aus Papier“, hatte etwa eine erste Klasse an die Nachfahren geschrieben. „Wir schreiben mit Bleistiften und malen mit Stiften aus Holz“, erklärt sie außerdem. Und dass es bald Zeugnisse gibt, steht ebenfalls in dem Brief. Die Klasse 2a indes berichtet den zukünftigen Erdenbewohnern, dass sie manchmal Ausflüge macht und die Burg Rheinfels einer ihrer Lieblingsorte ist. Außerdem sei das Leben in 2025 ganz schön verrückt, es gebe Computer, Handys und Autos, die sogar elektrisch fahren, berichten die Schüler.
Wer gern tanzt und wer lieber malt, das hat die Klasse 2b im Brief festgehalten. Die 3a erklärt den Menschen der Zukunft in einem Brief, dass es Postleitzahlen gibt, wo die Rheinfels-Schule steht – nämlich direkt am Rhein – und wie ihre Adresse lautet. Die brauche man, weil heute noch viele Briefe und Pakete verschickt werden, schreiben die Kinder. Die Viertklässler konnten nicht dabei sein, als die Zeitkapsel gefüllt wurde, wollten sich aber auch an der Aktion beteiligen. „Sie haben das Deckblatt ihres Abschlussgottesdienstes beigesteuert“, berichtet Schulleiterin Tanja Anton.

Doch nicht nur die Kinder der Rheinfels-Schule sollten sich in der Zeitkapsel verewigen. Für die Schützengesellschaft 1344 zu St. Goar waren Martin Borgs und Heinz Stüber in ihre gute Stube gekommen. Immerhin haben die Schützen ihren Schießstand auf Burg Rheinfels, wie Hönisch den Kindern erklärte. Im Gepäck hatten Borgs und Stüber Festmünzen, eine Vereinsnadel und einen Vereinsaufkleber. Ein Schreiben erzählt außerdem die lange Geschichte des Vereins. Vom Weinkonvent zum Heiligen Goar hatte Präsident Oliver Brehm eine Silbermedaille mit Kette für die Zeitkapsel mitgebracht. „Außerdem gibt es einen Brief, in dem unsere Geschichte und unser Vereinsziel beschrieben sind. Vor allem die Erhaltung unserer Mittelrheinsteillagen“, betont Brehm – in der Hoffnung, dass diese später noch existieren. Weitere Orden und Briefe etwa vom KG Rot-Weiss Sangewer 1967 oder von den Biebernheimer Möhnen füllen die Zeitkapsel. Und natürlich darf auch der Internationale Hansenorden zu St. Goar am Rhein nicht fehlen. Der steuerte einen Hansenbecher bei.

„Wir haben für Euch einen Moment unserer Zeit in die Mauern der Burg Rheinfels gelegt“, hat Bürgermeister Hönisch im Brief der Stadt an die Nachfahren geschrieben. Zudem gibt er darin Informationen zur Stadt und ihrer Einwohner und berichtet von den Herausforderungen unserer Zeit verbunden mit dem Wunsch: „Möge St. Goar eine Stadt bleiben, in der die Menschen in Frieden zusammenleben.“

Doch was wäre eine Zeitkapsel am Mittelrhein ohne Wein? Ob die Flasche „Vinum Sancti Goaris“ des Weinkonvents in 500 Jahren noch schmeckt, das bezweifelt Hönisch, als er sie in die Kiste gibt. Die Kinder der Schule durften diese fest verschließen, Hönisch platzierte sie im Hohlraum. Dort wartet sie nun auf neugierige Erdenbewohner der Zukunft.