Der Verein IG Nationalparkbahn Hunsrück-Hochwald hat fristgerecht Trassen auf der Hunsrückquerbahn für das Fahrplanjahr 2025 beim Infrastrukturbetreiber (EIU), der DB InfraGO AG (vormals DB Netz), bestellt. Dahinter steckt in erster Linie die Befürchtung, die Bahn könne der gerichtlichen Anordnung nicht nachkommen, die Strecke wieder fahrtüchtig zu machen. Man befürchtet, die DB spiele auf Zeit.
Es wurden zwar in diesem Jahr bereits neue Schienen angeliefert und verlegt, aber dann geriet die Streckensanierung zwischen Langenlonsheim und Büchenbeuren ins Stocken. Im übertragenen Sinn befindet sich auch die Strecke, auf der die IG Nationalparkbahn Schienenbusfahrten veranstalten will, noch in einer „Hauptuntersuchung“, wie die dafür vorgesehenen Triebwagen. Bekanntlich wurden zwar in den vergangenen Monaten die neue Schienen angeliefert und vormontiert, aber die noch notwendigen Hauptarbeiten zur Wiederherstellung der Befahrbarkeit der Strecke ruhen seither.
Und hierzu meldete die InfraGO AG kürzlich, dass nach den vorbereitenden Arbeiten (Vegetationsrückschnitt, Felsberäumung) die anschließende „europaweite Ausschreibung für die Hauptbauleistungen leider ohne geeignetes Ergebnis“ verlaufen sei, und: „Daher hat die DB die Bauleistungen nunmehr erneut in die Ausschreibung gegeben“, heißt es wörtlich in einer Presseerklärung der InfraGO AG (wir berichteten). Das wiederum habe zur Folge, dass die „Arbeiten auf der Hunsrückquerbahn leider nicht mehr wie geplant in diesem Jahr umgesetzt werden“.
Unsere Zeitung hat daraufhin bei der DB in Erfahrung bringen wollen, wann diese erneute Ausschreibung erfolgt sei und wie lange diese dauere, denn daraus hätte man ableiten können, um welchen Zeitraum sich die Wiederherstellung der Strecke zwischen Langenlonsheim und Büchenbeuren am Ende verzögern werde. Auf eine Antwort auf die schriftliche Anfrage wartet unsere Zeitung nach wie vor. Geplant war das Ende der Sanierung bis zum Jahresende.
Unterdessen hat unsere Zeitung erfahren, dass die InfraGO AG sehr wohl ein Angebot auf ihre erste Ausschreibung erhalten haben soll. Demnach lag bei InfraGO Ende Januar ein Angebot eines Unternehmens vor. Die Submission war am 29. Januar 2024. Rund acht Wochen später, am 22. März teilte InfraGo in der oben erwähnten Presseerklärung mit, die Ausschreibung für die Hauptbauleistungen sei ohne geeignetes Ergebnis verlaufen.
Der Satz in derselben Pressemitteilung, „Daher hat die DB die Bauleistungen nunmehr erneut in die Ausschreibung gegeben“, entsprach zum Zeitpunkt der Presseerklärung schon nicht der Wahrheit und tut es bis heute nicht. Nach Recherchen unserer Zeitung ist nämlich nach wie vor keine erneute Ausschreibung für die Hauptarbeiten an der Hunsrückquerbahn erfolgt.
Wir dürfen die Deutsche Bahn nicht davonkommen lassen mit ihrer Verzögerungstaktik.
Felix Jakob, Vorsitzender der IG Nationalparkbahn
Will die DB InfraGO AG sich ihrer Verpflichtung, die Strecke wieder in einen fahrbaren Zustand zu versetzen, entziehen? Diese Folgerung erscheint plausibel, denn bei der DB weiß man sehr wohl, dass für eine Reaktivierung der Hunsrückquerbahn zurzeit kein Geld da ist, schon gar nicht nach den Haushaltsproblemen des Bundes. Bundesverkehrsminister Wissing könnte dafür gar kein Geld zur Verfügung stellen, selbst wenn er es wollte.
Der Verdacht, dass die DB die ungeliebte Sanierung der Bahnstrecke im Hunsrück aussitzen will, erscheint also nicht ganz unbegründet. So weit will die IG Nationalparkbahn Hunsrück-Hochwald es aber nicht kommen lassen, ebenso wenig wie Landrat Volker Boch. Felix Jakob, Vorsitzender der IG Nationalparkbahn, sagt: „Wir dürfen die Deutsche Bahn nicht davonkommen lassen mit ihrer Verzögerungstaktik.“
Landrat im Kontalt mit DB-Bevollmächtigtem
Die IG Nationalparkbahn will den Druck auf die DB aufrecht erhalten, denn schließlich sei das Unternehmen per Gerichtsbeschluss gezwungen, die Hunsrückquerbahn in einen fahrtüchtigen Zustand zu versetzen. „Die DB kann nicht gegen die Rechtssprechung agieren“, sagt Felix Jakob und ergänzt: „Wir dürfen es jetzt nicht passieren lassen, dass sich die DB heimlich aus ihrer Verantwortung davonstiehlt.“ Die Trassenbestellung für 2025 soll den Druck auf die DB aufrechterhalten.
Landrat Volker Boch ist unterdessen auch aktiv geworden und hat Kontakt mit dem Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG für Rheinland-Pfalz und das Saarland, Klaus Vornhusen, aufgenommen. In seinem jüngsten Schreiben an den Bevollmächtigten betont Landrat Boch, für wie wichtig er die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn erachtet, vor allem im Hinblick auf den Personenverkehr.
Boch: Chance und Verpflichtung für die Bahn
„Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie erneut intensiv prüfen lassen könnten, inwieweit sich die Trasse im begonnenen Verfahren technisch jetzt so vorbereiten und optimieren lässt, dass sich eine Aktivierung der Strecke für den Personenverkehr durch das Land und die Deutsche Bahn AG in absehbarer Zukunft realisieren lässt“, heißt es in dem Schreiben des Landrats.
Volker Boch führt darin aus, dass die vom Gericht angeordnete Wiederherstellung der Befahrbarkeit der Strecke durch die DB „eine unwiederbringliche Chance und zugleich Verpflichtung“ für die Deutsche Bahn bedeute, den Personenverkehr zwischen Langenlonsheim und Büchenbeuren gezielt in den Blick zu nehmen und nicht außer Acht zu lassen.
Dies ist nach meinem Dafürhalten völlig widersinnig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verlagerung von Verkehren und Mobilität auf die Schiene bundesweit Konsens ist.
Landrat Volker Boch
Eine inhaltliche Reduzierung der Verpflichtung zur Streckensanierung auf den Güterverkehr sei unzulässig, argumentiert der Landrat und betont den verpflichtenden öffentlichen Auftrag des zu 100 Prozent staatlich getragenen Konzerns. Der Landrat hat offenbar den Verdacht, dass sich die DB der Aktivierung der Strecke mit einer Perspektive für den Personenverkehr nach Kräften widersetzen wolle, was er in seinem Schreiben an den Konzernbevollmächtigten auch zum Ausdruck bringt.
„Dies ist nach meinem Dafürhalten völlig widersinnig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verlagerung von Verkehren und Mobilität auf die Schiene bundesweit Konsens ist. Dies ist sicherlich auch im Sinne des Gesetzgebers und damit zugleich des Inhabers der Deutschen Bahn AG“, stellt Boch klar.
Boch schlägt runden Tisch vor
Seiner Ansicht nach müsse die DB angesichts der gerichtlich verordneten Maßnahmen alles dafür tun, nicht nur Güterverkehr auf der Strecke zu ermöglichen, sondern auch Personenverkehr. „Vor dem Hintergrund einer immer stärker auf ein ausgewogenes Verhältnis von Ökonomie und Ökologie ausgerichteten Mobilität muss es der DB ein ureigenes Anliegen sein, mit dafür Sorge zu tragen, dass angesichts der zu tätigenden Investitionen Personenverkehr stattfindet“, betont Boch.
In enger Abstimmung mit dem rheinland-pfälzischen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität müsse die zeitnahe Aktivierung der Strecke gerade auch für den Personenverkehr das Ziel sein, erklärt der Landrat und schlägt einen runden Tisch unter Beteiligung der Landkreise Rhein-Hunsrück und Bad Kreuznach, der DB und des Ministeriums vor.
IG plant touristischen Personenverkehr
Zumindest touristischen Personenverkehr strebt die IG Nationalparkbahn an. Konkret hat sie drei Zugpaare von Bingerbrück (Bingen/Rhein Hbf) nach Büchenbeuren und retour an jedem Sonn- und Feiertag in der Saison von April bis Oktober 2025 angemeldet. Bereits vor einem Jahr hat sich die IG breiter aufgestellt und ist dem UEF-Verbund beigetreten.
Die Betriebsgesellschaft der Ulmer Eisenbahnfreunde ist das Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), das für viele historische und touristische Bahnen in ganz Deutschland aktiv ist. So ist die UEF GmbH auch Partner für die Aufnahme und Etablierung von touristischem Eisenbahnbetrieb auf der Hunsrückquerbahn für die Interessengemeinschaft (IG) Nationalparkbahn Hunsrück-Hochwald.
Mit den touristischen Fahrten zusätzlich zum anvisierten Güterverkehr werde die Auslastung und Rentabilität der Strecke abermals gesteigert, erklären die Vertreter der IG. Die Fahrten sollen mit einem VT 98-Gespann (Schienenbus) durchgeführt werden. Auch eine Schulung der Lokführer sei angelaufen.