Konzentrationsschwierigkeiten, Orientierungslosigkeit, Motivationsprobleme: Es gibt viele Gründe, warum die Menschen zu Ivonne Horbert nach Zilshausen kommen. Sie kommen aus allen Altersgruppen und kämpfen mit Problemen, die sie allein nicht lösen können. In der Gegenwart von Tieren fällt es vielen leichter, über ihre Gefühle zu sprechen. Deshalb setzt Horbert bei ihrem Coaching auf ihre tierischen Mitbewohner. Auf ihrem Hof leben Pferde, Ponys, Ziegen, ein Hund und eine Katze und unterstützen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in schwierigen Lebensphasen.
Das Ziel ihrer Einzel- oder Gruppencoachings ist es, den Zugang zu den eigenen Gefühlen zu erlernen und damit die Selbstsicherheit zu stärken. Dabei spielen Horberts Pferde und Ponys eine entscheidende Rolle. Als Fluchttiere sind sie auf ganz besondere Art und Weise dazu in der Lage, selbst kleinste Veränderungen der Stimmung wahrzunehmen und durch ihr Verhalten sichtbar zu machen. „Sie haben eine sensible Ader und können fast schon Gedanken lesen“, erklärt Horbert. Etwa durch Schnauben oder Schütteln spiegeln sie die Gefühlswelt der Teilnehmer wider und helfen bei verschiedenen Übungen, die Emotionen zu verstehen und zu verarbeiten.
Ein Beispiel aus der Praxis: Auf dem Sandboden liegt eine Plane, diese sollen alle Teilnehmer mitsamt Pferd überqueren. Dabei darf aber nur einer – sei es Mensch oder Pferd – zeitgleich auf der Plane sein. Außerdem geht es nur in eine Richtung, man darf nicht mehr zurückkehren. Eine knifflige Aufgabe, die Konzentration und Teamfähigkeit erfordert und bei der mal eine andere Herangehensweise gefragt ist. Die Tiere sind hier Weggefährten, aber auch Vertrauenspersonen und ein Ventil für angestaute Emotionen.
Wenn es mal stocken sollte, lernen die Teilnehmer nämlich auch, mit Frust oder Zweifel umzugehen. Und können sich auf die Pferde stützen, sowohl mental als auch körperlich – je nach Größe des Pferds natürlich. Denn, so formuliert es Horbert: „Den Tieren ist es egal, wenn sich jemand verspricht oder Fehler macht.“ Das Hauptziel sei es, den Teilnehmern ihre eigenen Handlungsfähigkeiten aufzeigen. Im Nachgespräch wird gemeinsam überlegt, wie das Gelernte in den eigenen Alltag integriert werden kann.
Eines sind die Kurse von Ivonne Horbert aber nicht: ein Therapieersatz. „Ich bin keine ausgebildete Psychotherapeutin“, stellt sie klar. Vor allem dann, wenn die Teilnehmer schwerwiegende Traumata erlebt haben, führt kein Weg an einer professionellen Behandlung vorbei, sagt der Coach. Sie kann aber unterstützen, wenn die Zeit bis zum Therapiebeginn überbrückt werden muss.
Schon bald möchte die Zilshauserin auch Kurse speziell zur Trauerbewältigung anbieten. Hierfür würden nur Pferde infrage kommen, erklärt Horbert. „Sie bieten Kraft und geben Stärke, so wie kein anderes Tier tut.“ Trauer sei eine ganz besondere Emotion, weil es verschiedene Formen gibt: Trauer, weil ein Familienmitglied oder ein Haustier gestorben ist, weil man seinen Job verloren hat oder aus ganz individuellen Gründen. „Man bewältigt sie nur, indem man sie durchlebt“, erklärt der Coach. Und dabei können die Pferde helfen.
Das war die beste Entscheidung meines Lebens, das hier aufzumachen.
Ivonne Horbert möchte ihr Hobby als Coach gerne zum Beruf machen.
Die Wahl-Hunsrückerin, die eigentlich mal als Bankkauffrau ins Berufsleben gestartet ist, bezeichnet sich selbst als „typisches Pferdemädchen“. Schon früh habe sie Ponys geputzt, um im Austausch Reitunterricht für ihre Reitwart-Ausbildung zu erhalten. Später hat sie sich in verschiedenen Weiterbildungen zum Lerncoach ausbilden lassen. „Der Pferdestall war für mich schon immer wohltuend, hier nimmt dich jeder, wie du bist“, sagt Horbert mit einem Strahlen im Gesicht.
Später zog es sie in die Politik. 2017 trat Horbert als SPD-Politikerin für den Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück für die Bundestagswahl an. Momentan arbeitet sie hauptberuflich als Integrationskraft und betreuende Kraft an der Grundschule in Beltheim, möchte sich aber gern Vollzeit dem Coaching widmen. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens, das hier aufzumachen“, schwärmt sie über ihre Arbeit.