Die zentrale Frage, die heute im Raum steht: Hat sich Hanns Maria Lux nur mit den Nazis arrangiert oder spielte er eine aktive Rolle im NS-System? Lux, der vor 51 Jahren gestorben ist und auf dem Friedhof an der Martinskirche in Oberwesel beerdigt wurde, war in der Nazizeit mehr als nur ein bloßer Mitläufer, davon ist zumindest der Autor Walter Karbach überzeugt. Der gebürtige Oberweseler hat seine Lux-Biografie im Herbst veröffentlicht und setzt sich darin auf 282 Seiten kritisch mit der Vergangenheit des Mittelschullehrers und Jugendschriftstellers auseinander, der seinerzeit an der Koblenzer St. Castor-Schule und der Clemens-Brentano-Schule unterrichtete.
In seinem Buch mit dem Titel „Hanns Maria Lux und die Nazis“ beschreibt der Autor das Leben von Lux, zu dem er die ersten Recherchen bereits 2010 anstellte. Der Anlass zu seinem Buch ist ein persönlicher. Walter Karbachs Vater kannte Lux und soll zeitlebens betont haben, dass ihm von „dem Lux“ nichts ins Haus komme. Warum, das konnte Karbach erst viel später im Zuge seiner Buchrecherchen in Erfahrung bringen.
Wurde die NS-Vergangenheit geschickt vertuscht?
In seiner Biografie über Hanns Maria Lux kommt der promovierte Germanist und frühere Schulleiter heute, nach intensiver Recherche, zu dem Schluss: „Hanns Maria Lux war als Lehrer wie als Schriftsteller aktiver Wegbereiter, Unterstützer und Propagandist des Naziregimes.“ Seine Vergangenheit soll er später geschickt vertuscht haben.
Der eigentliche Vorwurf, den Walter Karbach Lux aber posthum macht, ist, dass er seine Schuld nie anerkannt hat. „Hanns Maria Lux steht nicht zu seiner tiefen Verstrickung in das NS-Regime, er hat kein Verständnis für seine Inhaftierung durch die französische Besatzungsmacht, er mobilisiert seine ehemaligen Schüler, deren Eltern, seine Freunde und Kollegen, um sich als ,tapferer Antifaschist' darzustellen“, schreibt Karbach in seinem Werk. Und weiter: „Nach der mit Unverständnis ertragenen Haft und der Strafversetzung und nach der Akzeptierung einer empfindlichen Gehaltskürzung frisiert er zügig seine Bücher und Schriften aus der NS-Zeit nach der neuen Mode.“ Bei seinen Recherchen hatte der Autor alle Auflagen der Lux-Werke miteinander verglichen.
In der Nachkriegszeit erhält der Mittelschullehrer hingegen zahlreiche Ehrungen, am 15. Mai 1960 wird er anlässlich seines 60. Geburtstags „in Anerkennung seiner unschätzbaren Verdienste“ vom Rat der Stadt Oberwesel zum Ehrenbürger ernannt. Die Festansprache hält sein langjähriger Wegbegleiter Walther Ottendorf, der während der NS-Zeit Bürgermeister von Oberwesel war und mit dem Lux unter anderem den Oberweseler Weinmarkt begründet hat. Den Ehrenbürgerbrief übergibt ihm der Stadtbürgermeister von Oberwesel, August Zeuner, für den er in der Nachkriegszeit als Kulturberater tätig ist. In dieser Funktion organisierte Lux zahlreiche Feste und geleitete hochrangige Politiker wie Konrad Adenauer und Theodor Heuss durch die Stadt.
1960 erhält Lux außerdem den Förderpreis des Landes und aus den Händen des Regierungspräsidenten Walter Schmitt das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Zehn Jahre nach seinem Tod wird im Koblenzer Stadtteil Asterstein im Jahr 1977 eine Straße nach Lux benannt. Die Grünen im Koblenzer Stadtrat fordern bereits seit einiger Zeit, diese Straße umzubenennen (unsere Zeitung berichtete).
Stadtbürgermeister: Es gibt kein Ehrengrab
Als Lux im Jahr 1967 stirbt, wird er am 15. September in einem Ehrengrab auf dem Friedhof St. Martin in Oberwesel beigesetzt, heißt es in Karbachs Biografie. Den Grabstein gibt es noch heute. Allerdings betont die Stadtspitze, dass es sich dabei um kein Ehrengrab handelt. „Ein Ehrengrab im Sinne der Satzung gibt es keines“, sagt Oberwesels Stadtbürgermeister Jürgen Port. Er habe sich erst vor Kurzem bei der VG-Verwaltung danach erkundigt. „Es wurde lediglich damals gesagt, es sei ein besonderes Grab“, so Port.
Das Grab an sich existiert auch nicht mehr, nur noch der Stein. Dass dieser 51 Jahre nach dem Tod von Hanns Maria Lux auf dem Friedhof noch seinen Platz behalten hat, liege daran, dass es ein besonderer Grabstein sei, der aus Sicht der Stadt erhaltungswürdig ist, ergibt eine Nachfrage bei der zuständigen VG-Verwaltung. Direkt nebenan befindet sich übrigens der Grabstein von August Zeuner, gestorben im Jahr 1976.
Einer Aufarbeitung von Lux' Vergangenheit will sich die Stadt nicht verschließen. Kurz vor Jahreswechsel hatte der Stadtbürgermeister das Buch von Walter Karbach fraktionsübergreifend für jedes Stadtratsmitglied bestellt und schätzt, dass das Thema den Rat in einer seiner nächsten Sitzungen noch beschäftigen wird.
Ob die jüngste Veröffentlichung von Karbach allerdings ein Grund dafür sein könnte, Lux die Ehrenbürgerschaft nachträglich abzuerkennen, vermag Port nicht zu sagen. Sein nächster Schritt wird sein, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung betont, mit einem unabhängigen Historiker über Walter Karbachs Veröffentlichung zu sprechen. Eventuell sei sogar ein Gutachten erforderlich. Denn, so betont Port, auch nach Karbachs Veröffentlichung bleiben für ihn Fragen offen. Etwa mit Blick auf das Entnazifizierungsverfahren. Dem Lehrer Hanns Maria Lux wurden damals die Bezüge um 20 Prozent gekürzt. „Wie die Begründung dafür lautet, wird nicht gesagt“, betont Port.
Auch sei nicht ganz klar, wie Lux in seiner Funktion als Landesleiter der Reichsschrifttumskammer gewirkt hat. „Er ist ja erst spät in diese Funktion gekommen“, gibt der Stadtbürgermeister zu bedenken. „Man muss das natürlich immer aus seiner Zeit heraus betrachten“, sagt Port und betont: „Das alles muss sauber nachvollzogen werden.“