Für Kinder von Kindern: Pilotprojekt im Hunsrück-Museum gestartet - FKS-Schüler Simmern sprechen Audiobeiträge für zwölf Exponate ein
Wenn Geschichte zur „coolen Sache“ wird: Pilotprojekt im Hunsrück-Museum gestartet
Hunsrück-Museum setzt auf "peer education"
Zur Premiere des Pilotprojekts im Hunsrück-Museum kam hoher Besuch, der es sich für ein Erinnerungsfoto auf dem Boden bequem machte: VG-Chef Michael Boos (3. von links), Stadtbürgermeister Andreas Nikolay (Mitte) und Kreisbeigeordneter Dietmar Tuldi (2. von rechts).
Monika Pradelok

Tina ist nervös. Gleich hören sich „der Onkel von der Kreisverwaltung und die Tante von der Presse“ ihren Audiobeitrag zum Kleid von Beatrix von Baden an, flüstert sie ihrer Freundin aufgeregt zu. Es ist einer von insgesamt zwölf, die Schüler der Friedrich-Karl-Ströher (FKS) Realschule plus Simmern für die neuen Löwen-QR-Codes des Hunsrück-Museums eingesprochen haben.

Hunsrück-Museum setzt auf "peer education"
Zur Premiere des Pilotprojekts im Hunsrück-Museum kam hoher Besuch, der es sich für ein Erinnerungsfoto auf dem Boden bequem machte: VG-Chef Michael Boos (3. von links), Stadtbürgermeister Andreas Nikolay (Mitte) und Kreisbeigeordneter Dietmar Tuldi (2. von rechts).
Monika Pradelok

„Wir setzen bei dem Pilotprojekt ,Suchen – Hören – Entdecken’ in Zusammenarbeit mit der FKS ganz auf Peer Education“, erklärt Kristina Müller-Bongard. Der englische Begriff heißt übersetzt so viel wie „Bildung unter Gleichen“. Sprich: Kinder und Jugendliche erklären Gleichaltrigen mit ihren eigenen Worten die Welt. Oder im Fall des Hunsrück-Museums eben ein Objekt. Dieses durften sich die Schüler selbst aussuchen. „Wir haben nichts vorgegeben“, beteuert Müller-Bongard und lacht. „Ehrenwort!“ Für die Schüler der 7 a sowie Living-History-AG eine „coole Sache“, wie Niklas Radschikowsky, didaktischer Koordinator der FKS Realschule plus und Leiter der AG, hervorhebt. „Darunter sind Exponate, die 500, 700 Jahre alt sind. Das ist lebendige Geschichte zum Anfassen!“, schwärmt er.

Mit speziellen Handschuhen, wohl gemerkt. Das habe den Spaß jedoch nicht geschmälert. Acht Wochen lang hätten die Schüler voller Inbrunst Infos zu den jeweiligen Objekten gesammelt, recherchiert, Texte verfasst und sie letztendlich als Sprachdatei eingesprochen, berichtet Radschikowskys Kollegin Nadine Sünder.

In der Zwischenzeit hört sich „der Onkel von der Kreisverwaltung“, bei dem es sich um Dietmar Tuldi handelt, die Audiospur von Tina an. Genau wie Michael Boos, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen, und Andreas Nikolay, Simmerns Stadtbürgermeister, ist Tuldi – in Vertretung für Landrat Volker Boch – der Einladung von Müller-Bongard zur Vorstellung des Projekts im Hunsrück-Museum gefolgt.

Gespannt scannt der Kreisbeigeordnete den QR-Code ein und folgt den Ausführungen von dem afghanischen Mädchen, das seit eineinhalb Jahren in Deutschland ist. Zuerst gibt es eine kleine Einführung zu Tinas Person, im Anschluss folgt eine Beschreibung des Kleids: Aus welchem Stoff es ist, wie es aussieht, aus welchem Jahr es stammt, wer es wann und zu welchen Anlässen es getragen hat.

Hunsrück-Museum setzt auf "peer education"
Ben und Matej hören sich den Beitrag ihres Schulkameraden Yunus zur „Hunsrücker-Zeitung“ an. Auch sie haben sich jeweils ein Exponat ausgesucht, dazu recherchiert und es dann später für die Löwen-QR eingesprochen. Ihr Fazit: „Es hat sehr viel Spaß gemacht.“
Monika Pradelok

Ebenfalls auf der Tonspur zu hören: Fragen, um mit den Zuhörern in einen Dialog zu treten. „Wisst ihr noch, aus welchem Jahr das Kleid ist? Und würdet ihr es auch gern mal anziehen?“, animiert Tina zum Nachdenken.

Als ihre Stimme auf der Audiospur verstummt, wirkt das Mädchen entsetzt. Mit großen Augen starrt es Dietmar Tuldi an. Tina hat die Aufnahme heute zum ersten Mal in ihrer finalen Version gehört – dasselbe gilt für ihre Mitschüler und deren Beiträge. „Das war schlecht“, lautet ihr Urteil. Tuldi beruhigt und versichert Tina, dass sie ihre Sache sehr gut gemacht habe und sie stolz auf sich sein könne. Tina strahlt und rennt kichernd zu ihrer Freundin.

So ein Lob wollen die anderen Kinder auch und machen nun für ihre Beiträge Werbung. Dass die Schüler derart viel Freude an dem Ganzen haben, stimmt Kristina Müller-Bongard, Niklas Radschikowsky und Nadine Sünder froh.

Die Leiterin des Museums weiß nämlich, dass es nicht immer einfach ist, Kinder und Jugendliche für Kunst und Kultur zu begeistern. Besonders, wenn die Erwachsenen vom Fach sind und dementsprechend nur Fachchinesisch reden. „Deshalb haben wir für unsere jüngeren Besucher einen neuen Ansatz gewählt“, so Müller-Bongard. Nämlich Beiträge von Kindern und Jugendlichen für Kinder und Jugendliche. Wie das Projekt ankommt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.

Dabei hebt Müller-Bongard hervor, dass das Projekt auch mit anderen Schulen weitergeführt werden kann. „Jeder der Lust hat, kann sich bei uns melden“, wirbt sie. Für die Leiterin der Einrichtung stellt „Suchen – Hören – Entdecken“ einen wichtigen Baustein der museumspädagogischen Infrastruktur dar. Vor allem, weil es „bei uns jede Menge zu entdecken gibt“.

Schulen, die Interesse haben am Projekt teilzunehmen, können sich im Museum melden, entweder per E-Mail an info@hunsrueck-museum.de oder unter Tel. 06761/837401.

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