Klimaveränderung schlägt sich auch im Weinbau nieder - Bedingungen werden schwieriger
Weinjahr 2020: Winzer am Mittelrhein ziehen positive Bilanz
Früher als in den Vorjahren hat Peter Stahl mit der Lese des Charta-Weinbergs am Oberweseler Pfarrhaus die Weinlese in 2020 beendet. Für die Winzer am Mittelrhein war es ein gutes Weinjahr. Foto: Suzanne Breitbach
Suzanne Breitbach

Eine positive Bilanz für das Jahr 2020 zieht der Geschäftsführer des Weinbauverbandes Mittelrhein, Gerd Knebel, in seinem Jahresbericht. Aus Sicht der Kellerwirtschaft und der Weinvermarktung scheint der Jahrgang erfreuliche Tendenzen aufzuweisen, die ersten Moste schmeckten im Herbst fruchtig und aromatisch.

Dennoch beschäftigt das Klima die Winzer weiterhin. Der Trend zu warmen Wintermonaten setzte sich im laufenden Jahr fort. Erfreulich waren nach den beiden sehr trockenen Vorjahren die Niederschläge in den Wintermonaten Januar, Februar und März. Der Regen blieb bereits im April aus. Sehr unterschiedliche Regenmengen registrierten die Wetterstationen im Mittelrheintal im Mai: Während Leutesdorf mit 59 Litern noch verhältnismäßig gut da stand, waren es in Bacharach 26,9 Liter und in Boppard nur 18,5 Liter. „Und auch die Temperaturen von Januar bis Mai lagen im langjährigen Durchschnitt“, schreibt Knebel in seinem Bericht.

Hitzewelle im August

Kühlere Temperaturen in der zweiten Märzhälfte bremsten die Entwicklung der Knospenschwellen und einen frühen Rebaustrieb. Der April wurde sommerlich, die Vegetation startete durch, vom 12. bis 14. April erfolgte der Austrieb. Im Anschluss wurde eine ungleichmäßige Triebentwicklung registriert. Dafür verantwortlich waren eher die fehlenden Niederschläge als zu niedrige Temperaturen in den Weinbergen am Mittelrhein. Die ersten Blüten zeigten sich Anfang Juni, die Vegetation verzögerte sich aufgrund der Temperaturen. „In diesem Jahr gab es keine optimale Blütewitterung. Beim Riesling kam es sogar zu Verrieselungen und in der Folge zu lockeren Traubenstrukturen mit Mischbeerigkeit“, erläutert Gerd Knebel.

Im August erreichte die Hitzewelle das Rheintal mit Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke. Trocken und warm präsentierte sich das Wetter in der Reifephase der Trauben bis zur Lese.

Der Reifebeginn beim Müller-Thurgau wurde zwischen dem 6. und 8. August registriert. „Das war sechs Tage später als 2018 und sechs Tage früher als 2019. Beim Riesling wurde das Stadium Reifebeginn gut eine Woche später erreicht“, merkt Knebel an. 2020 wurde kein Botrytis-Problemjahr. Schäden durch tierische Schädlinge konnte man ebenfalls vernachlässigen. Durch die Hitzephasen gab es, verbunden mit starker Sonneneinstrahlung im August, Sonnenbrandschäden, aber nicht im selben Umfang wie im Vorjahr.

Mit der Ernte von Müller-Thurgau begannen die meisten Betriebe am 12. September. Auch beim Riesling konnte nicht lange gewartet werden. Am 24. September wurden Werte von mehr als 90 Grad Oechsle gemessen, und die Säure nahm stark ab. Warum also die Lese weiter hinauszögern? Mit Hochdruck wurde dann am Mittelrhein geerntet. Erfreulich war, dass die Trauben in diesem Jahr in einem sehr zufriedenstellenden Gesundheitszustand geerntet werden konnten. Knebel merkt in seinem Bericht an, dass die Spannen der Ernteergebnisse, sogar innerhalb der Fläche eines Weinberges, sehr groß waren.

Die Erträge beim Riesling schwankten von 30 Hektoliter pro Hektar bis zur Kontingentgrenze mit 105 Hektoliter je Hektar. Geringer war die Erntemenge bei den Burgundersorten. Dafür erreichten Weiß- und Grauburgunder sowie der Blaue Spätburgunder meist Mostgewichte weit über 90 Grad Oechsle.

Online-Handel nimmt stetig zu

Weinbaupräsident Heinz-Uwe Fetz kann sich den Worten von Gerd Knebel nur anschließen. Der Jahrgang war unkompliziert und gut. „Durch die Klimaveränderung hatten wir im dritten Jahr mit Trockenheit zu kämpfen. Es wird zunehmend schwieriger. Düngereform und andere Auflagen erschweren es uns, die Böden nachhaltig zu versorgen. Das wird die größte Herausforderung für die mittelrheinischen Weinbaubetriebe in den Steillagen“, sagt Fetz.

Probleme gab es durch die Pandemie auch im personellen Bereich, nicht alle Arbeitskräfte waren verfügbar. Im nächsten Herbst rechnet Fetz damit, dass sich die Pandemie entspannt hat. „Glücklicherweise war Fäulnis im Weinjahr 2020 kein Thema“, ergänzt Fetz.

Insgesamt war das Weinjahr ein gutes Jahr, was sich auch bei den privaten Weingütern vom Verkauf her widerspiegeln dürfte. Wer keinen Handel, Gastronomie oder Export hat, der hat es schwieriger. Diese Betriebe konnten laut Fetz in den Sommermonaten punkten. Deutlich mehr Versand und ein Weihnachtsgeschäft mit Online-Weinproben haben den Weinbaubetrieben geholfen.

„Der Winzer trägt zur maßgeblichen Landschaftsgestaltung am Mittelrhein bei. Wir wollen in der Gesellschaft anerkannt werden. Kauft regional beim Winzer direkt“, appelliert Weinbaupräsident Heinz-Uwe Fetz an die Weintrinker.

Von unserer Reporterin Suzanne Breitbach

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