Kalender von Werner Dupuis
Wachsame Augen suchen „Hunsrücklichter“
Der Mai ist gekommen: Auf einer Streuobstwiese an der Grillhütte bei Bubach breitet sich knallgelb ein Blütenmeer von „Eierputsche“ (Hunsrücker Bezeichnung für Löwenzahn) aus.
Werner Dupuis

Für den Kalender „Hunsrücklichter 2025“ zeichnet der Hunsrücker Fotograf Werner Dupuis in 13 Aufnahmen besondere Motive mit dem Licht, das er auf seinen Reisen im Hunsrück und am Mittelrhein sucht. Eine Vorschau:

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Mal sehen, ob der kommende Winter Gelegenheit bietet, die Jahreszeit wieder in Fotografien festzuhalten, welche die besonders um die Weihnachtszeit viel beschworene weiße Pracht zeigen. Die Kalenderbilder der „Hunsrücklichter 2025“ des Hunsrücker Fotografen Werner Dupuis tun dies auf 4 von 13 (inklusive Titel) Fotos. Und das in der Zeit des Klimawandels, der das Jahr 2024 als das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen beschert hat.

Dass es im Hunsrück im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer weniger Schnee gegeben hat, bedeutet im Umkehrschluss, dass man sich sputen muss, wenn einmal ein paar Flocken gefallen sind. Überflüssig zu erwähnen, dass man davon ausgehen darf, dass Werner Dupuis dann unterwegs ist in der Landschaft. Nicht nur, um für die Rhein-Hunsrück-Zeitung zu dokumentieren, dass Schnee gefallen ist, die Räumdienste auf den Straßen viel Arbeit haben und die Hunsrücker ihre Bürgersteige freischaufeln. Sein waches Auge hält dann auch immer Ausschau nach Motiven, die – wenn alles stimmt – den Sprung in die nächsten „Hunsrücklichter“ schaffen können.

Und mitunter sind es nur ein paar Minuten, die den Moment vom gewöhnlichen Bild zum Meisterfoto ermöglichen. Weil gerade das Licht perfekt ist. So beispielsweise – und damit sei an dieser Stelle das letzte Foto des neuen Kalenders an den Anfang gesetzt – beim Dezemberbild, das die im Jahr 1072 erstmals in den Geschichtsaufzeichnungen erwähnte Nunkirche bei Sargenroth zeigt, bei Einbruch der Dunkelheit, illuminiert vor bewölktem Himmel in reizvoller adventlicher Lichtstimmung. Der Bildautor beschreibt die Situation bei der Entstehung des Bildes kurz und knapp so: „Im Vorbeifahren gesehen, angehalten, ausgestiegen, Foto gemacht, und fünf Minuten später war das Licht wieder weg und das Bild fott.“

Wenn’s ja immer so einfach wäre. Ja, manchmal hat auch ein Meisterfotograf das Glück des Tüchtigen, wenn zufällig die Natur eine Lichtstimmung zu einem Motiv erzeugt, dass er zuvor schon dutzendfach aus unterschiedlichen Perspektiven mit seiner Kamera festgehalten hat. Die Meisterschaft besteht in dem Fall gar nicht so sehr in der Inszenierung des Bildes, sondern vielmehr im Erkennen der Gelegenheit. In dem Moment, wenn er während der Autofahrt beiläufig einen Blick auf ein solches Fotomotiv wirft, registriert das geschulte Auge von Werner Dupuis einfach sofort diesen einzigartigen Moment. Wie er das Bildmotiv dann arrangieren wird, hat er dann schon beim Einparken im Kopf.

So enden die „Hunsrücklichter“ genauso, wie sie im Januar beginnen, mit reizvollen – der Name ist Programm – Lichtspielen. „Schnee und Raureif haben die Feldflur rund um Metzenhausen in eine Traumlandschaft verwandelt. Die warme Abendsonne setzt diesem Szenario regelrecht die Krone auf“, textet der Fotograf treffend zu seinem Winterbild. Und die wunderbare Winteratmosphäre eingefangen hat er auch für den Februar mit einem verschneiten prächtigen Fachwerkhaus in Dill, umgeben von vereisten Zweigen von Bäumen und Büschen.

Und wenn im März dann die Natur anfängt, sich wieder zu wandeln, gesellt sich zu der hauchzarten Schneedecke auf einem Acker bei Nickweiler auch gleich schon eine sonnenüberflutete, bereits sattgrün leuchtende Wiese, auf der sich eine Herde Schafe das frische Gras schmecken lässt. Dann dauert es nicht mehr lange, bis die Natur quasi explodiert und die Obstbäume in voller Blütenpracht stehen. Jetzt fotografiert sich die Landschaft praktisch wie von selbst. Aber auch hier drückt Werner Dupuis nicht einfach drauf, bei aller Begeisterung für die Schönheit, die die Blütezeit zu bieten hat. Da muss das einmal entdeckte Motiv halt schon mal warten, bis die passende Tageszeit und die reizvolle Lichtstimmung erreicht ist. Das gelbe Meer des satt blühenden Löwenzahns bei Bubach soll schließlich auch richtig prall leuchten.

Hängeseilbrücke Geierlay in Mörsdorf mit einer „Selfie-Knipserin“

Auch an der wohl mit am meisten fotografierten Touristenattraktion im Rhein-Hunsrück-Kreis kommt der Hunsrück-Fotograf nicht vorbei. Dass dabei im Vordergrund der Hängeseilbrücke Geierlay bei Mörsdorf nur eine einzige Selfie-Knipserin abgebildet ist, darf man getrost als Understatement à la Schnuz, wie ihn seine Freunde und Kollegen gern nennen, verstehen.

Und wie man ein Allerweltsmotiv, wie rot leuchtender Klatschmohn im Getreidefeld, wirkungsvoll in Szene setzt, zeigt sich im Julibild, das Dupuis am Wegesrand bei einer seiner Fahrradrunden um seinen Wohnort Argenthal entdeckt hat. Die Szene mit der kleinen Sankt-Anna-Kapelle in Belgweiler zeigt dann auf dem Augustfoto typisches Hunsrücker Baumaterial: Schieferdach auf Bruchsteinbau und in der Nachbarschaft ein mit Lehm verfugtes Fachwerkhaus. Holz nicht zu vergessen, wie sich einen Monat später auf dem Septemberblatt zeigt, das einen windschiefen Schuppen auf einer Wiese bei dem Hunsrückdorf Hahn abbildet.

Und wenn dann die Herbstblätter der Weinberge an Rhein und Mosel bei tief stehender Sonne wunderbar grafische Muster erzeugen, ist sie schon wieder nah, die dunklere Jahreszeit, in der die Augen des Meisterfotografen auf der Suche nach Hunsrücklichtern besonders wachsam sein müssen. Der Notwendigkeit von Wachsamkeit in unruhigen Zeiten mit aufkeimendem Antisemitismus trägt Werner Dupuis mit seinem bewusst gesetzten Novemberbild von der Wernerkapelle in Bacharach Rechnung, einem Ort der Begegnung und Toleranz.

„Hunsrücklichter 2020“, Photographie und Text: Werner Dupuis, Gestaltung und Kalligraphie: Kerstin Adams-Voltz, erhältlich im heimischen Buchhandel für 21,50 Euro

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