Eva Offers stellt sich der Herausforderung und zähmt wilden Mustang aus den USA in nur 120 Tagen - Ziel ist "Mustang Makeover" in Aachen
Vom Wildfang zum reitbaren Verlasspferd: Eva Offers zähmt in Heinzenbach Mustang aus den USA
Die Arbeit im Roundpen klappt schon gut, Eva Offers und der wilde Mustang aus den USA sind auf dem bestem Weg, ein gutes Team zu werden. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wird die Trainerin Ende Juli in Aachen einem breiten Publikum präsentieren. Fotos: Charlotte Krämer-Schick
Charlotte Krämer-Schick

Eva Offers stellt sich der Herausforderung. Sie zähmt auf dem Heinzenbacher Kücherhof einen wilden Mustang aus den USA in nur 120 Tagen.  Ziel ist das „Mustang Makeover“ in Aachen.

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Ein Halfter überziehen, am Strick führen, einen Sattel auflegen – dass all diese Dinge bereits klappen, ist für Trainerin Eva Offers schon ein großer Erfolg. Mehr noch, denn schon in einer Box oder auf einer eingezäunten Weide zu stehen, war für die ihr anvertraute Stute Neuland. Denn „TAG 6426“, wie das Tier aktuell noch benannt ist, ist ein wahrer Wildfang. Die neunjährige Stute ist ein Mustang, aufgewachsen als „Wild Horse“ in der Weite Oregons. Nun soll sie gezähmt und zugeritten werden – und das innerhalb von 120 Tagen. Denn Offers stellt sich mit TAG 6426 einer besonderen Herausforderung: Sie beteiligt sich am „Mustang Makeover“ in Aachen.

„Anfangs war ich zweigeteilt, denn man kann sich schon fragen, ob es sein muss, ein wildes Pferd einzufangen und zu zähmen“, sagt Offers. Doch als die 42-Jährige sich mit der Situation der Wildpferde in den USA beschäftigt, zeichnet sich ein anderes Bild. Viele zehntausend Pferde und Esel leben im Westen des Landes in freier Wildbahn, doch das Leben für die Tiere ist weit entfernt von der Idylle, die sich vor dem geistigen Auge abspielt.

Schnell denkt man da an große Pferdeherden auf saftigen Wiesen in der weiten Wildnis Amerikas. „Die Realität sieht aber völlig anders aus“, weiß die Trainerin. Viel zu viele Pferde leben auf viel zu wenig Raum, Trockenheit und Hitze sorgen für Futter- und Wassermangel, Tiere verdursten oder verhungern. „Nur die Stärksten und Gesündesten überleben“, sagt Offers. Daher stellt das Bureau of Land Management (BLM) seit Jahren sicher, dass die Herden nicht zu groß werden.

In Auffangstationen untergebracht

Es fängt einen Teil der Pferde ein, um sie in Auffangstationen unterzubringen. „Aber auch die Situation dort ist nicht besonders gut“, sagt die 42-Jährige. Zwar werden die Tiere mit Heu und Wasser versorgt, doch von einer komfortablen Unterkunft wie der Butterflyranch auf dem Heinzenbacher Kücherhof sind die Stationen meilenweit entfernt. „Und werden die Tiere nicht vermittelt, kommen sie in die Wurst“, drückt die Trainerin es drastisch aus.

Für die Stute sei das Makeover also eine echte Chance auf eine gute Zukunft. Für das Makeover ausgewählte Tiere werden in den USA zunächst darauf vorbereitet, geführt zu werden und in einer engen Box zu stehen – immerhin sollen sie den langen Flug nach Deutschland mit nur wenig Stress überstehen.

In Deutschland angekommen, müssen sie zunächst in Quarantäneboxen am Flughafen ausharren. Aufgrund fehlender Originalpapiere verlängerte sich bei TAG 6426 und den mehr als 15 anderen mitgereisten Mustangs der Aufenthalt am Flughafen um einige Tage. „Dabei hat sie leider eine Platzangst entwickelt“, erzählt Offers. Zudem hatte die Stute bisher jeglichen Kontakt zum Menschen mit einer negativen Erfahrung verknüpft. „So brauchte es allein drei Wochen Training, bis ich ihr überhaupt ein Halfter anlegen konnte“, erzählt die 42-Jährige.

Zwei Wochen lang keine Reaktion

Das Pferd habe zwei Wochen lang überhaupt nicht auf sie reagiert, sie sei gar nicht an sie rangekommen, berichtet Offers weiter. Da habe sie sich bereits nach einem Austauschmustang erkundigt, denn auch diese Möglichkeit bieten Silke und Michael Strussione, Gründer von American Mustang Germany, dem Verein IG Mustang und dem Event Mustang Makeover. Doch ein anderes Pferd stand nicht mehr zur Verfügung.

Seither entwickeln sich Trainerin und Pferd zu einem immer besseren Team. „Der Unterschied zu anderen Pferden ist vor allem enorm, was die Reaktion des Tiers angeht“, erzählt Offers. Die Stute sei viel klarer in ihrer Gestik, reagiere schneller und unmittelbarer und brauche weitaus weniger Impulse als andere. „Das macht es natürlich auch schwieriger, denn ich muss sehr fein sein in meiner Körpersprache und ebenfalls schnell reagieren“, erklärt die Trainerin.

Auch selbstverständliche Dinge wie das Tätscheln am Hals, das viele Reiter als Lob einsetzen, sei für TAG 6426 der absolute Horror gewesen. „Da bekam sie fast einen Herzinfarkt“, erzählt Offers. Durch die häufig ungefilterte und sehr klare Reaktion der Stute werde ihr außerdem täglich bewusst, wie viele Dinge im Umgang mit den anderen Pferden völlig unbewusst abliefen. „Sie ist also auch eine gute Lehrmeisterin in Sachen Pferdeausbildung“, sagt die 42-Jährige.

Das eigentliche Ziel bis Ende Juli, wenn der Mustang beim Makeover vorgeführt werden soll, sei es schon gewesen, die Stute reiten zu können. „Einige Kollegen haben das bereits geschafft“, erzählt sie. Denn wöchentlich müssen die Trainer einen Zwischenstand an die Organisatoren in Form eines Videos abgeben, das auf der Internetseite der Veranstaltung veröffentlicht wird. Bei Offers steht jedoch zunächst der Aufbau der Rückenmuskulatur auf dem Programm, zumal die Stute zunächst noch osteopathisch behandelt werden musste. Auch als Handpferd geht sie bereits mit ins Gelände, berichtet die Trainerin. „Und da ist sie völlig gelassen“, ist sie froh. Auch Fahrzeuge seien da kein Problem.

Training vor der großen Show

Um bei der Show entspannt zu sein, wurden auch schon Applaus und Jubel geübt, eine Woche vor der Fahrt nach Aachen wird Offers mit TAG 6426 auch noch in einen anderen Stall fahren, um zu schauen, wie sie mit der fremden Umgebung, fremden Pferden und Menschen zurechtkommt. Für die Trainerin aber steht fest: „Wenn ich merke, dass die Veranstaltung für sie zu viel Stress bedeuten würde, dann werde ich nicht hinfahren“. Dann muss ein Video genügen, um im Anschluss einen passenden Käufer für das Pferd zu finden. Denn am Ende des Makeovers steht eine Auktion, bei der ausgesuchte Käufer auf die Tiere bieten können.

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