Streit nach Bordellbesuch endet mit Messerstichen - Opfer behauptet: Der Angeklagte und ein Zeuge haben ihm nicht geholfen
Versuchter Totschlag: Wer sagt die Wahrheit? – Streit nach Bordellbesuch
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Bad Kreuznach/Kastellaun. Die Abläufe in der Tatnacht werden sich ganz exakt wohl nicht mehr rekonstruieren lassen. Fest steht zweifelsfrei nur, dass es am 19. Januar vorigen Jahres nach einem Bordellbesuch in Kastellaun zu einem immer weiter eskalierenden Streit zwischen einem gebürtigen Ukrainer mit litauischer Staatsbürgerschaft und einem Kasachen mit deutscher Staatsbürgerschaft kam. Weil dieser sich gegen den auf ihm knienden Kontrahenten, der mit dem Ellbogen gegen seinen Hals drückte, mit einem Messer wehrte, muss er sich wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach verantworten.

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Ein Polizeibeamter, der den Angeklagten gemeinsam mit seiner Kollegin dingfest machte, bestätigte am zweiten Prozesstag in einem Punkt im Wesentlichen die Version des Angeklagten. Dieser sei aus freien Stücken mit erhobenen Händen auf sie zugekommen, und habe gerufen: „Ich bin schuldig.“ Der Aufforderung, sich auf den Boden zu legen, wo ihm Handschellen angelegt wurden, sei er widerstandslos nachgekommen. Dabei soll er nach Aussage des Polizisten von der PI Simmern sinngemäß gesagt haben, dass dieser ihm in den Kopf schießen soll. Der Beamte interpretierte diese Aussage so, dass der 48-Jährige für das, was er getan hatte, bestraft werden wollte. Er sei aber in keiner Phase aggressiv geworden, bestätigte auch seine Kollegin. Ein an Ort und Stelle durchgeführter Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,31 Promille.

Das ebenfalls alkoholisierte Opfer erlitt vier Wunden, die sich später im Krankenhaus als nicht lebensgefährlich herausstellten. Die Stiche habe er zunächst für Faustschläge gehalten, hatte der 36-Jährige am ersten Prozesstag berichtet. Als ihm die Luft wegblieb, habe er vorgeschlagen: „Lass uns aufhören.“ Erst als er aufstand, habe er gesehen, dass sein Oberkörper voller Blut war. Da habe er bei den Bewohnern eines nahestehenden Hauses Hilfe gesucht. Er hat bei seinen beiden polizeilichen Vernehmungen und vor Gericht drei verschiedene Versionen zum Tatablauf präsentiert. Er selbst will durchweg kein bisschen aggressiv aufgetreten sein.

Dem widerspricht neben dem Angeklagten auch die Bordellbetreiberin: Sie hat ausgesagt, dass sie sich von ihm bedroht gefühlt habe, nachdem sie die beiden wegen ihres hohen Alkoholpegels abgewiesen hatte. Auch gegenüber einer Prostituierten sei er ausfällig geworden. Bei all den Widersprüchen und Ungereimtheiten wird entscheidend sein, wem das Gericht unter Vorsitz von Richterin Claudia Büch-Schmitz und Staatsanwältin Nicole Frohn eher glaubt.

Nicht ganz aufgeklärt werden konnte bisher die Rolle eines Zeugen, der für seine beiden Arbeitskollegen am Tattag als Fahrer fungierte. Der 59-Jährige hatte seine ursprüngliche Aussage wenige Tage später nachgebessert. Er wollte sich so weit wie möglich aus der Sache heraushalten, so der Eindruck der ihn befragenden Polizeibeamten. Vielleicht weil er, wie das Opfer behauptet, nach der Tat auf dessen Bitte, einen Rettungswagen zu rufen, abgewunken habe und mit seinem Auto weggefahren sei. Auch der Angeklagte habe ihm nicht geholfen. Besagter Zeuge gab an, sich schon entfernt zu haben, bevor es zu den Messerstichen kam.

Von Kurt Knaudt

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