Sanierung kostet 1,5 Millionen
Verkauf des Hunsrückdoms steht (noch) nicht zur Debatte
Hoch über Ravengiersburg drohnt der Hunsrückdom, der schon aus weiter Ferne sichtbar ist. Er prägt den Hunsrück, nicht nur optisch. Doch seine Zukunft ist ungewiss.
Werner Dupuis

Die Kirche wolle den Hunsrückdom in Ravengiersburg verkaufen, war ein Gerücht, das sich im Hunsrück wie ein Lauffeuer verbreitete. Das dementiert die Kirchengemeinde. Aber es stehen teure Sanierungen an, die sie nicht ohne Spenden stemmen kann.

Das Gerücht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch den Hunsrück, die Kirchengemeinde aber dementiert: „Wir wollen den Hunsrückdom nicht verkaufen“, erklärt Pfarrer Lutz Schultz. Allerdings sieht sich die Gemeinde einer großen Herausforderung gegenüber. Dringende Sanierungen müssen durchgeführt werden, um den Sakralbau zu erhalten. Die geschätzten Kosten liegen bei mehr als 1,5 Millionen Euro. Geld, das die Kirchengemeinde nicht hat.

„Das Problem ist, dass das Problem bereits seit mehr als zehn Jahren besteht“, sagte Schultz bei einer Versammlung im Kloster Ravengiersburg, zu dem er gemeinsam mit Birgit Bai, Vorsitzende des Verwaltungsrats, neben weiteren auch Vertreter des Pfarrgemeinderates, der Ortsgemeinde, des Verwaltungsrats und des Dombauvereins eingeladen hatte. Ziel des Treffens sollte sein, gemeinsam zu überlegen, wie die Sanierung gestemmt werden und wie damit die Zukunft des Doms in Kirchengemeindehand aussehen könnte. „Wir müssen ins Tun kommen und die Sanierung angehen“, machte Schultz deutlich.

„Wir müssen ins Tun kommen und die Sanierung angehen.“
Pfarrer Lutz Schultz sieht dringenden Handlungsbedarf.

Es habe bereits einige Gespräche gegeben, deren Inhalt noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei. Von einem aber konnte Schultz berichten, und das verärgerte die Anwesenden besonders: In der Regel übernimmt das Bistum Trier 60 Prozent der Kosten einer Sanierung, 40 Prozent müsste in diesem Fall die Pfarrei Simmern-Rheinböllen St. Lydia stemmen. Doch das Bistum habe angesichts der finanziellen Größenordnung in Ravengiersburg bereits abgewunken, die Finanzierung müsse anderweitig und ohne die Unterstützung des Bistums aufgebaut werden. „Die Immobilienabteilung hat uns klargemacht, dass die Kirchengemeinde verantwortlich ist. Sie sagte, wenn wir das nicht hinkriegen, würden wir den Dom verkaufen müssen“, berichtete der Pfarrer. Das aber sei wohl das „Worst-Case-Szenario“, das das Bistum gezeichnet habe. Eines, das für die Pfarrei nicht infrage komme, betonte Schultz.

Vor mehr als zehn Jahren bereits fanden die ersten Beratungen zur Sanierung statt, man sei aber zu keiner Entscheidung gekommen. So sei das Vorhaben immer wieder in der Versenkung verschwunden. Zudem sei die Gemeinde recht lang mit dem Rückbau des KAB-Gebäudes beschäftigt gewesen. Nun müssten jedoch dringende bau- und substanzerhaltende Maßnahmen am Dom durchgeführt werden. „Das Finanzvolumen hat sich seit damals natürlich gesteigert“, erklärte Schultz. Damals – vor Corona – hätten die Schätzungen bei 1.184.000 Euro gelegen, nun müssten circa 40 Prozent dazu gerechnet werde, schätzte er. „Dann wären wir bei 1.657.614 Euro, allein die Baustraße wird uns circa 190.500 Euro kosten“, sagte er. Eine Baustraße sei unbedingt notwendig, weil ein vor einigen Jahren erstelltes Gutachten eines Geologen ergeben habe, dass die Straße rund um den Dom keine schweren Lkw tragen könne. Mit Blick auf diese hohen Kosten habe der Verwaltungsrat im Jahr 2022 die Waffen gestreckt.

Neben Chor und Schiff müssen auch die Türme saniert werden, insbesondere der Putz.
Werner Dupuis

Nun hofft Schultz auf den Verkauf des Klosters, das seit etwa einem Jahr zum Verkauf steht. Denn damit könne die Kirchengemeinde zumindest erste finanzielle Mittel generieren. Für das Gebäude habe es recht viele Interessenten gegeben, berichtete Birgit Bai. Und die seien aus verschiedenen Bereichen gekommen: „Von Schulungen über Hochzeitsevents, einem Jagdhaus oder einem Gebetszentrum bis hin zu Luxusapartments war alles dabei“, sagte sie. Nun sei ein ernsthafter Interessent übrig geblieben. Dabei handele es sich um die Firma Sitoa mit Sitz in Starnberg. Geschäftsführer Heiko Bonn stammt aus Sohren, seine Mutter aus Ravengiersburg. Er hänge also auch ein wenig an dem Kloster, so Bai. Die Gespräche seien bereits sehr konkret. „Aber es steht und fällt mit Zuschüssen und Mitteln der ISB“, sagte sie. Bonn müsse massiv investieren, könne aber im Hunsrück keine 20 Euro pro qm Miete verlangen. „Er will unter 6 Euro bleiben“, wusste sie zu berichten. Zudem gebe es noch viel zu tun in Sachen Bauanträge, Umnutzung, Brandschutz oder Denkmalpflege. „Wir peilen Ende 2025 für den Abschluss an“, sagte Bai. Klar sei: „Wir können nicht das Kloster verkaufen und den Dom daneben verfallen lassen.“ Bonn und seine Kollegin Anna Held kämen der Pfarrei insgesamt sehr entgegen, auch was die Zugänge zur Sakristei, zur Kapelle, zu den Toiletten und zur Orgel angehe. Auch über eine Lagermöglichkeit der Krippe sei bereits gesprochen worden. „Alles in allem bin ich sehr optimistisch, dass wir uns einig werden“, sagte sie.

„Wunder geschehen, wo man sich mit eigener Kraft einsetzt.“
Pfarrer Lutz Schultz hofft, den Hunsrückdom vor einem Verkauf zu bewahren.

„Im Gespräch mit Bonn und Held hat sich gezeigt, dass die Firma dem Dom eine große Wertschätzung entgegenbringt“, ergänzte Pfarrer Schultz. Sie hätte ein Gespür dafür, dass es sich um einen besonderen Ort handele. Komme es zum Verkauf, stünden der Kirchengemeinde 470.000 Euro zur Verfügung, um erste Maßnahmen am Dom durchführen zu können. Der Verkauf erziele 550.000 Euro, das Bistum fordere aber noch die Rückzahlung eines Kredits in Höhe von 80.000 Euro, die für den KAB-Abriss benötigt wurden. Sonstige Rücklagen habe die Kirche nicht. Zudem müsse sich zeigen, wie frei die Kirchengemeinde mit dem Erlös aus dem Verkauf umgehen kann. „Wir sind in dieser Hinsicht nur bedingt selbstständig“, sagte Schultz. Alle Beträge, die über 2600 Euro liegen, müssten vom Bistum abgesegnet werden, ergänzte Bai.

Die Kirchengemeinde sei also auf Spenden angewiesen. Ein wenig hofft Schultz auf Unterstützung durch die Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen und den Landkreis, er plane hierzu einen großen runden Tisch mit den Kommunen und Vertretern des Denkmalschutzes. Dabei möchte er auch auf die identitätsstiftende und ortsbildprägende Bedeutung des Hunsrückdoms hinweisen.

Architektin Annette Peter sieht bei den Türmen noch Einsparpotenzial. Denn im Grunde könnten sie auch unverputzt bleiben, sagt sie.
Werner Dupuis

„Bisher war der Dom zuerst einmal ein kirchliches Gebäude mit kirchlicher Nutzung. Damit füllen wir diesen Raum aber immer weniger“, sagte der Pfarrer. Ziel sei es daher, den Dom nicht mehr nur als rein kirchliches, sondern auch als öffentliches Gebäude zu sehen und es mit neuem Leben zu füllen. „Wir wollen eine andere, dem Gebäude angemessene Nutzung möglich machen“, erklärte er. So könnten die Menschen den Dom wieder für sich entdecken. „Wenn es nicht gelingt, die Finanzierung auf andere Beine zu stellen, ist ein Verkauf nicht auszuschließen“, sagte Schultz. Er werde sich aber mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es nicht so weit komme.

Monika Haager, engagierte Bürgerin aus Simmern, hatte sich im Vorfeld des Treffens mit anderen Engagierten ausgetauscht. Dabei sei die Idee entstanden, eine Stiftung zu gründen – mit dem Erlös aus dem Klosterverkauf als „Startkapital“. Dieser Idee aber habe das Bistum Trier bereits eine Absage erteilt. „Der Erlös aus dem Verkauf ist Kirchengeld, und dieses darf nicht in eine Stiftung übergehen“, sagte Bai. Der bereits existierende Hunsrücker Dombauverein indes sieht sich nicht in der Lage, ein derart umfangreiches Projekt zu stemmen. Dieser hat viel eher die Sanierung der Orgel im Sinn, für die der Verein bereits Spenden in Höhe von 250.000 Euro gesammelt hat. Klar aber ist: Die Orgel kann und sollte erst dann saniert werden, wenn der Dom saniert ist, machte Pfarrer Schultz deutlich.

Die Hoffnung jedenfalls gibt er noch nicht auf: „Wunder geschehen, wo man sich mit eigener Kraft einsetzt“, ist er sicher.

Zwei Bauabschnitte wären nötig

Wie Architektin Annette Peter berichtete, sind zwei Bauabschnitte geplant und notwendig. Zunächst müssten Dachdecker- und Zimmermannsarbeiten an Chor mit Dachreiter und Schiff durchgeführt werden. Die Holzkonstruktion müsse ertüchtigt und Natursteinarbeiten durchgeführt werden. Im zweiten Schritt ginge es dann um die Sanierung der Türme, insbesondere des Putzes. Hier gebe es – um Kosten zu sparen – auch die Möglichkeit, die Türme unverputzt zu lassen. Insgesamt sehe sie noch Einsparpotenzial, auch weil das Schiff noch in einem recht guten Zustand sei. Wäre die Zuwegung etwa über eine Baustraße geklärt, könne flott begonnen werden. „Die Ausschreibungen liegen fertig in meiner Schublade, ich müsste sie nur noch ein wenig überarbeiten“, sagte Peter. Der Vorplatz des Doms, die Stützmauern und die Straße befinden sich im Besitz der Ortsgemeinde. ces

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