Zur Kreistagssitzung vom 9. Dezember 2020 hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen beantragt: „Die Kreisverwaltung wird beauftragt, bis Ende 2021 ein durchgängiges Radverkehrskonzept mit starkem Fokus auf Alltagsfahrten im Rhein-Hunsrück-Kreis zu erstellen. Das Konzept soll den Radverkehr nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Verbandsgemeinden und Kommunen ermöglichen, in dem Lücken im vorhandenen Netz geschlossen und alle Orte angebunden werden. Mit geeigneten Maßnahmen soll das Radfahren sicherer und attraktiver gemacht werden, auch in Kombination mit dem ÖPNV. Damit soll zum Umstieg vom Auto aufs Fahrrad motiviert werden. Das neue Konzept ergänzt die bestehenden Radverkehrskonzepte, die in den einzelnen Verbandsgemeinden vorliegen oder erarbeitet werden. Auch Verbindungen in die Kommunen der Nachbarkreise werden im Rahmen dieses Radverkehrskonzeptes berücksichtigt. Bei der Realisierung einer durchgängigen Kommunen übergreifenden Radwegeverbindung unterstützt der Kreis die Verbandsgemeinden und die Stadt Boppard in einer koordinierenden Rolle.“ Diesen Beschluss hatte der Kreistag denn auch einstimmig beschlossen und damit eine entsprechende Ausschreibung der Verwaltung initiiert.
Nur eine Bewerbung eingereicht
Wie Landrat Marlon Bröhr dem Kreisausschuss darlegte, gab es lediglich eine Bewerbung auf diese Ausschreibung. Das in Boppard ansässige Büro Stadt-Land-plus GmbH legte ein Angebot in Höhe von 82.820,43 Euro vor. Diese Summe, so heißt es in der Sitzungsvorlage der Verwaltung, gilt „im Marktvergleich als angemessen“. Eine Förderung durch Bund oder Land, so erläuterte Landrat Bröhr, sei für das Konzept nicht denkbar.
Im Kreisausschuss wurde allerdings durchaus diskutiert, ob die aufgerufene Summe nicht doch (sehr) hoch sei. Es war spürbar, dass die genannte Summe einige Abgeordnete zusammenzucken ließ, wenngleich dies sanfter formuliert wurde. Hans-Josef Bracht sagte für die CDU, dass er über die Kosten ein Stück weit erschrocken sei. Auch Wolfgang Wagner (CDU) und Klaus-Peter Müssig (SPD) zeigten sich recht überrascht über die Höhe der Kosten. Landrat Bröhr erklärte daraufhin inhaltlich, dass es eigentlich nicht möglich sei, die Ausschreibung zu verwerfen. Zudem erinnerte Lukas-von Nievenheim daran, dass bei der Haushaltsplanung sogar 100.000 Euro veranschlagt worden seien.
Was sind „Alltagsfahrten“?
Überdies wurde diskutiert, was sich hinter dem Begriff „Alltagsfahrten“ genau verbergen soll, ob es also um einen klassischen Rad-Pendlerverkehr gehen solle, wie er aus Städten bekannt ist, oder ob das Radwegenetz vor allem für den Freizeitbereich verbessert werden soll. Hier gibt es durchaus unterschiedliche Haltungen auf Kreisebene. Während Daniela Lukas-von Nievenheim für die Grünen betonte, dass es ihrer Fraktion sehr wohl darum geht, für den Weg zu Arbeit und Schule das Rad attraktiver zu machen, warb Ralf Schönborn (AfD) dafür, diesen Ausbau unter dem Aspekt der Tourismusförderung zu betrachten. Auch in der SPD-Fraktion gab es, so bei Katharina Monteith, Gedanken, den Begriff der Alltagsfahrten in diesem Kontext etwas genauer zu prüfen. Daraufhin plädierte Michael Maurer (SPD) dafür, den Antrag an diesem Punkt etwas umzubenennen, was wiederum dem Grundgedanken der Grünen widersprach. „Sie sollten nicht zu viel da rein interpretieren“, sagte der Landrat schließlich, „wir haben uns nichts dabei gedacht.“ Der Verwaltungsvorschlag zielte entsprechend eher darauf ab, eine konzeptionelle Gesamtbetrachtung zu beauftragen. Diesem Wunsch schloss sich der Kreisausschuss auch einstimmig an. Allerdings wird nun die Frage sein, wie detailliert der Planungsauftrag sein wird – ein Radwegenetz im hiesigen Flächenkreis könnte durchaus ein komplexes Unterfangen sein.
Müssig erinnerte daran, dass jede Verbandsgemeinde ihr eigenes Radwegekonzept habe und dies abgestimmt sein müsse. Inhaltlich plädierte Ausschusskollege Bracht dafür, die einst seitens der Bürger zum Thema Radwege bereits gemachten Vorschläge einfließen zu lassen. Im Tenor des Kreisausschusses schwang letztlich die große Hoffnung durch, dass es durch den Auftrag nun zu einem Konzept aus einem Guss kommen wird, der von der lokalen bis zur Kreisebene eine optimale Wirkung ergibt. „Wir müssen jetzt alle die Hoffnung tragen, dass es konzeptionell etwas bringt“, sagte Landrat Bröhr, der anregte, dass auch die Mittelzentren in ihrer Erreichbarkeit per Rad genau betrachtet werden.
Gespräch mit Planern erwünscht
Aus der Diskussion im Kreisausschuss heraus wurde rasch erkennbar, dass es sinnvoll wäre, nach der Beauftragung einmal mit den Planern selbst zu sprechen. Wagner bat darum, dass das Büro in den Kreisausschuss eingeladen wird. Nach der Auftragsvergabe dürfte einer solchen Beratung mit dem Fachplaner nichts mehr im Wege stehen.