Gebäude soll in städtisches Eigentum übergehen - SPD, Grüne und Freie Wähler kritisieren überstürzte Vorgehensweise
Umstrittenes Geschenk der Kirche: Oberwesel will Jugendheim als kommunales Mehrzweckgebäude übernehmen
Die Stadt Oberwesel möchte das Jugendheim von der katholischen Kirche als Mehrzweckgebäude übernehmen und sanieren. Mit elf Jastimmen setzte sich die CDU im Stadtrat durch. SPD, Freie Wähler und Grüne stimmten dagegen, unter anderem, weil die Folgekosten noch unklar sind. Foto: Archiv/Denise Bergfeld
Denise Bergfeld

Oberwesel. Ein Vorhaben hat in der jüngsten Stadtratssitzung in Oberwesel für lange Diskussionen gesorgt: Die Stadt soll das katholische Jugendheim von der Kirche übernehmen und in ein städtisches Mehrzweckgebäude umwandeln. Die CDU-Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag gestellt und den Punkt auf die Tagesordnung setzen lassen (wir berichteten).

Mit diesem Vorstoß der Christdemokraten waren SPD, Grüne und Freie Wähler nicht einverstanden. Die Kritik der drei Fraktionen richtete sich aber nicht gegen das Jugendheim als möglichen Standort an sich – dem standen alle offen gegenüber –, sondern gegen einen vorschnellen Beschluss.

„Oberwesel lebt von den Vereinen“, betonte hingegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Zimmer. Und diese seien schon immer auf das Jugendheim ausgewichen, da die Stadt über kein eigenes Mehrzweckgebäude verfügt. Die Fraktionsvorsitzenden hatten sich zuvor getroffen, um gemeinsam zu überlegen, wo sich ein solches kommunales Mehrzweckgebäude theoretisch realisieren lassen könnte. Drei Varianten kamen in die engere Wahl: Neubau im Gewerbegebiet Tuchscheren, Abriss und Neubau des Winzervereins und Kernsanierung des Jugendheims.

Ein Neubau im Gewerbegebiet schied laut CDU wegen fehlender Bauplätze aus. Gegen einen Abriss des Winzervereins hatte unter anderem der Denkmalschutz gesprochen, der einen Umbau nur im Bestand zulässt. Die katholische Kirchengemeinde hingegen ist bereit, der Stadt Oberwesel das stark sanierungsbedürftige Jugendheim und ein weiteres Gebäude (Martinsberg 5) zu schenken. „Wenn wir das nicht machen, dann verkauft die Kirche das Gebäude vielleicht an jemand anderen“, betonte Zimmer. Im schlimmsten Fall würde aus dem Jugendheim dann ein Gebäude, das überhaupt nicht genutzt werde. Jetzt aber sei die Chance gekommen, auch mit Blick auf die Buga, auf dem Martinsberg ein Gesamtbild zu schaffen, das die Stadt auch vorzeigen könne. Ziel sei, bis zum Jahr 2029 eine „ordentliche Bausubstanz“ auf dem Martinsberg herzustellen, argumentierte der CDU-Fraktionsvorsitzende.

„Es ist unstrittig, dass wir ein kommunales Mehrzweckgebäude brauchen. Ich verstehe aber nicht, dass von der CDU so ein Druck ausgeübt wird“, betonte hingegen Ralph Becker von den Freien Wählern. Erst im Januar habe die Begehung der Anwesen mit den Fraktionsvorsitzenden stattgefunden. Der nächste Schritt hätte die Bildung eines überparteilichen Gremiums sein sollen. Es sei zudem noch gar nicht klar, was das ganze Projekt kosten werde. Becker beantragte, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen oder alternativ geheim abzustimmen. Beide Anträge fanden im Rat aber keine Mehrheit.

Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Angelika Albrecht sprach sich vehement dagegen aus, „blind eine Schenkung anzunehmen“. „Das ist blauäugig, weil man gar nicht weiß, was auf einen zukommt“, betonte sie und verwies auf ihre Verpflichtung den Wählern und Steuerzahlern gegenüber sowie auf das Wirtschaftlichkeitsgebot. „Wir wollen vorab wissen, welche Folgekosten eine Schenkung mit sich zieht. Auch bezüglich des Denkmalschutzes.“

Auch bei den Grünen sei die Vorgehensweise der CDU auf „Stirnrunzeln“ gestoßen, wie der Fraktionsvorsitzende Christian Büning klarstellte. Vor Kurzem erst habe der Bauausschuss getagt. „Dort hätte das Thema hingehört“, so Büning. „Warum jetzt?“, fragte er. Beim jüngsten Treffen der Fraktionsvorsitzenden sei man auseinandergegangen mit dem erklärten Ziel, das Vorhaben gemeinsam und überparteilich anzugehen. „Das ist nicht gemeinsam für Oberwesel, das ist ein CDU-Antrag. Ich kann verstehen, wenn Ihr die Lorbeeren ernten wollt, nur der Stadtrat ist nicht nur CDU“, wandte sich Christian Büning direkt an die Mehrheitsfraktion der Christdemokraten. Derzeit sei aber auch ein von der Kirche beauftragtes Baugutachten in Arbeit. „Wenigstens das hätten wir abwarten können“, so Büning.

Die Sanierung des Jugendheims könne mit 80-prozentiger Förderung aus dem Bund-Länder-Programm „Zukunft Stadtgrün“ umgesetzt werden, argumentierte hingegen Noel D’Avis (CDU) für das Vorhaben. Die Fördermittel seien gedeckelt und die Stadt wolle auch das Rheinufer umgestalten, hielten aber die Grünen weiter dagegen. „Lassen wir uns es schenken, koste es, was es wolle, sind wir im Zugzwang. Niemand möchte eine Bauruine haben“, sagte Büning.

Der Druck, eine Entscheidung zu treffen, die vielleicht erst in fünf Jahren umgesetzt werde, sei vorhanden, seit vor zwei Jahren die Decke im Jugenheim heruntergekommen sei, betonte hingegen Jan Zimmer. „Wir müssen als Politiker auch den Mut haben, Entscheidungen zu treffen, bei denen wir nicht auf Heller und Pfennig wissen, was es kosten wird.“

Stadtbürgermeister Marius Stiehl (CDU) verwies schließlich darauf, dass auch der Schenkungsvertrag im Stadtrat zu behandeln sei und dieser auch noch abgelehnt werden könne. Zur Gewichtung der Fördergelder aus dem Stadtentwicklungsprogramm betonte er: „Für mich persönlich sind die Rheinanlagen und der Schaarplatz Priorität Nummer zwei. An erster Stelle steht das Mehrzweckgebäude.“

Mit elf Jastimmen und einer Enthaltung setzten sich die Christdemokraten schließlich mehrheitlich durch. SPD, Grüne und Freie Wähler sprachen sich mit sieben Stimmen gegen die Beschlussvorlage aus.

Von unserer Redakteurin
Denise Bergfeld

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