Von unserem Redakteur Volker Boch
Wenige Stunden nach der Presseinformation gab es in Oberwesel eine Besprechung der Bahn mit kommunalen Vertretern. Es ging darum, die Entscheidungsträger vorab zu informieren, welche potenziellen Modelle es in St. Goar geben könnte. „Ich war überrascht, dass parallel zu der Veranstaltung bereits in den Medien über diese Pläne berichtet wurde“, sagt St. Goars Stadtbürgermeister Walter Mallmann.
In fünf Jahren könnte sich die linksrheinische Bahnstrecke bei St. Goar grundliegend verändern. Die mehr als 150 Jahre alten Tunnel Bankeck, Betteck und Kammereck müssen auf einen neuen Sicherheitsstand gebracht und renoviert werden. In der Praxis bedeutet dies wohl zwangsläufig, dass in St. Goar eine neue Röhre gebaut wird. Denn selbst, wenn es zu einer Sanierung der alten Tunnel kommt, wird der Bahnverkehr hier nur noch eingleisig durchgeleitet werden können. Dies sind die derzeitigen Modelle der Bahn:
Erneuerung und Neubau: bei dieser Variante würden die alten Tunnel erhalten bleiben und eingleisig erneuert werden. Dies würde den Neubau einer zweiten eingleisigen Tunnelröhre bedeuten. Auf ähnliche Weise erhielten zwischen 1959 und 1961 im Zuge der Elektrifizierung der rechtsrheinischen Strecke der Loreley- und Rosssteintunnel zweite Röhren. Würde diese Lösung gewählt, kämen dafür nach heutigem Stand drei mögliche Optionen infrage: Erstens eine neue Tunnelröhre in unmittelbarer Nähe der bestehenden Trasse. Zweitens eine Variante, die kurz vor dem Bettecktunnel vor der Loreley in einem geringerem Kurvenradius „tiefer“ durch den Berg geführt wird. Drittens eine Röhre, die in St. Goar am Bankecktunnel in den Berg geführt wird, unter Urbar verläuft und erst kurz vor Oberwesel wieder aus dem Massiv geleitet wird.
Kompletter Neubau: Laut Bahn sind mehrere Varianten denkbar. Die erste Option würde – unter Beibehaltung des Haltepunktes St. Goar – etwa auf Höhe des Bankecktunnels in den Berg hineinführen und kurz vor Oberwesel auf die bisherige Trassenführung zurückkehren. Die zweite Option würde an der gleichen Stelle kurz vor Oberwesel an den Rhein zurückkommen, den Bahnverkehr aber komplett aus St. Goar heraushalten. Auf Höhe des Gründelbachtals würde diese Tunnelvariante kurz vor der Burg Rheinfels beginnen und 4,5 Kilometer lang unter dem Stadtteil Biebernheim sowie Urbar verlaufen – dann würde der bisherige St. Goarer Bahnhof wegfallen, es könnte einen neuen Haltepunkt geben. Projektleiter Jürgen Gunnemann von der DB Projektbau sagt, dass ein solcher Tunnel eine „Überbauung“ von rund 130 Metern hätte, also tief unterhalb der Ortslagen durch den Berg verlaufen würde.
In den kommenden Monaten soll mit der Bevölkerung eine Abstimmung erfolgen. „Nach Stuttgart 21 will die Bahn nicht auch noch ein St. Goar 21 erleben“, sagt St. Goars Stadtbürgermeister Mallmann. Deshalb sei das Unternehmen daran interessiert, die Kommunen mit einzubinden. Er kritisiert, dass zur ersten Veranstaltung zwar 25 Vertreter von Kommunen, Vereinen und Verwaltungen erschienen, aus St. Goar aber offensichtlich nur er als Stadtbürgermeiste. „Egal, welche Variante gewählt wird, St. Goar betrifft der Tunnelbau am umfangreichsten.“ Mallmann sieht eine mögliche große Chance des Projekts, falls St. Goar den Bahnlärm verlieren und einen adäquaten neuen Haltepunkt bekommen würde. Aber bis dahin sind noch viele Fragen offen.