Und die Temperaturen luden dazu ein, kräftig in die Pedale zu treten, denn anders als in manchen Vorjahren war es diesmal keinesfalls zu heiß. Die Temperaturanzeige kletterte allenfalls sporadisch über die 20-Grad-Marke. So hörte man auch manche Erlebnisradler sagen: „Gut, dass nicht so eine Hitze ist.“
Das angenehme Wetter mag ein Grund dafür sein, dass in diesem Jahr doppelt so viele Teilnehmer ins Welterbe Oberes Mittelrheintal kamen wie im Jubiläumsjahr 2017, als der Erlebnistag 25. Geburtstag feierte. 30.000 Teilnehmer habe die Polizei in diesem Jahr gezählt, freute sich Claudia Schwarz von der Touristikgemeinschaft Tal der Loreley.
Allerdings muss man auch bedenken, dass die Teilnehmerzahlen aus den Anfangsjahren längst nicht mehr erreicht werden. Der Erlebnistag, 1992 von dem damaligen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping ins Leben gerufen, hat seinen Zweck erfüllt, nämlich mehr Menschen aufs Fahrrad zu bringen. 2016 fiel Tal total wegen eines Unwetters aus.
Doch auch wenn heuer keine 150.000 Radler mehr ins Mittelrheintal kommen, hat Tal total nichts von seiner Faszination verloren. Touristikexpertin Schwarz erklärte dies mit der inzwischen stark gestiegenen Zahl autofreier Erlebnistage in ganz Deutschland. Zudem sei das Radwegenetz massiv ausgebaut worden, was von den Radfahrern täglich genutzt werden könne.
Auf 120 Kilometern links und rechts des Rheins waren am Sonntag wieder die Autofahrer außen vor. Linksrheinisch war die B 9 von Bingen bis Koblenz gesperrt. Am rechten Rheinufer begann die Sperrung der B 42 im hessischen Rüdesheim und endete im rheinland-pfälzischen Lahnstein.
Roland Weger aus Offenbach ist noch gar nicht so lange dabei. Seit sechs Jahren lässt er keinen Erlebnistag aus. Er übernachtet auf dem Campingplatz an der Loreley und war gestern wieder voller Freude am Rhein entlang unterwegs – mit Frau und Dogge, die im Hänger mitrollen durfte. „Tal total lassen wir nicht aus. Wir kommen jedes Jahr wieder“, schwärmte der Hesse, als er sein Gespann in St. Goar am Fähranleger auf den Festplatz schob.
Und Orte zum Pause machen gab es auf beiden Rheinseiten einige – schöne, schattige Plätzchen, wo man sich unter Bäumen ein Päuschen gönnen konnte. Vereine, Verbände und Kommunen hatten sich buntes Programm zu bieten, mit und ohne Begleitmusik.
Eine beliebte Anlaufstelle auf der linken Rheinseite ist stets der Pfarrgarten in der Probstei in Hirzenach. Hier gibt es nämlich immer lecker etwas zu essen und erfrischende Getränke, denn am Raderlebnistag feiern die Hirzenacher auch immer ihr Pfarrfest. Die Raststelle hat sich bei den Tal-total-Teilnehmern längst herumgesprochen, und so füllte sich das Gelände vor allem um die Mittagsstunde, denn es war Essenszeit.
Speisen und Getränke warteten auch wieder an den Rheinanlagen in Oberwesel. Auf dem großzügigen Platz zwischen B 9 und Rhein ließen es sich die Radler gut gehen, bevor sie zur Weiterfahrt wieder in den Sattel stiegen. Noch ein Geheimtipp ist wohl der Rheinstrand wenige Meter weiter, direkt am Schiffsanleger der Köln-Düsseldorfer. Wo sich am Samstagabend noch jubelnde Arme in der 95. Minute des WM-Spiels Deutschland-Schweden beim Public Viewing in die Höhe reckten, hatte es sich eine Gruppe junger Leute aus Rheinböllen auf den Liegestühlen bequem gemacht und genoss die Pause. Bei einem kühlen Getränk ließen sich fein die Füße in den Sand strecken.
Weniger in den Sand, sondern eifrig in die Pedale traten die Benefiz-Radler der Vortour der Hoffnung, die natürlich wieder mit von der Partie waren. Seit 2010 gehört der Raderlebnistag am Mittelrhein zum festen Bestandteil des Jahreskalenders der Ehrenamtlichen. Und auch diesmal war eine große Gruppe wieder für die gute Sache unterwegs. Gestartet in Lahnstein, wechselten die Hoffnungsradler für krebs- und leukämiekranke Kinder in St. Goarshausen auf die linke Rheinseite, wo erneut der Infostand der ehrenamtlichen Spendensammler aufgebaut war. Auf der Fähre selbst sammelten die Hoffnungsradler Spenden mit ihrer Sammelbüchse.
Und die Verkehrsdirektion der Polizei in Koblenz meldete am Sonntagabend keine besonderen Zwischenfälle oder Unfälle: „Es war sehr ruhig.“ aj/tor