Ein Besuch auf Burg Rheinfels ist immer ein Erlebnis. Aktuell wird die Burg aufwendig saniert. Bei einer Baustellenbesichtigung mit der Ingenieurin des Planungsbüros HAZ, das die Arbeiten betreut, kommt man aus dem Staunen kaum heraus – so viele spannende Details berichtet Nadja Heider aus dem Alltag auf dieser besonderen Baustelle.
An etlichen Stellen ist deutlich zu sehen, wie die Sanierung voranschreitet. Die Natursteinmauern werden entfugt, wo es nötig ist, saniert, ergänzt und dann wieder verfugt. Nur an den wenigen Stellen, an denen die Mauern zuletzt „nur noch aus Gewohnheit und von den Pflanzen zusammengehalten haben“, wie Heider mit Augenzwinkern sagt, werden Mauern neu aufgebaut. Dieser Ablauf klingt nur auf den ersten Eindruck überschaubar. Denn die Planer und Handwerker müssen dabei etliche Aspekte berücksichtigen.














Die Sanierung eines Gebäudes wie Burg Rheinfels wird natürlich vom Denkmalschutz eng begleitet. „Der Wunsch der Denkmalpflege ist, dass man später nicht sieht, dass wir da waren. Deshalb wird zum Beispiel auch nichts aufgemauert, was nicht vorher da war“, sagt Heider. Eine Ausnahme werde jedoch gemacht, wenn eine unauffällige Brüstung den Spagat in Fragen der Absturzsicherung schaffen kann.
Bei der Auswahl der Steine für die Sanierung habe man mit dem Institut für Steinkonservierung zusammengearbeitet. Burg Rheinfels sei größtenteils aus Schiefer und Grauwacke gebaut, hier und da ist Sandstein zu finden. „Die neuen Steine sollten zu den alten passen, aber auch aus der Region kommen“, sagt Heider. Im Schiefersteinbruch Bundenbach im Hunsrück sei man fündig geworden. „Die Steine fügen sich gut ein und auch der Denkmalschutz hat sein Okay gegeben.“ Nach Möglichkeit sollen aber alte Steine wiederverwendet werden.

Vor dem Beginn der Arbeiten an einer Mauer steht jedoch eine Untersuchung. Hierbei wägen die Ingenieure ab, wie viel Aufwand im Vorfeld etwa für den teils komplexen Gerüstbau betrieben wird. „Eine gewisse Unschärfe können wir da in Kauf nehmen, da man beim Bauen im Bestand ohnehin mit Überraschungen rechnen muss“, sagt Heider. An anderer Stelle wiederum habe es sich auch schon gelohnt, etwas mehr Aufwand zu betreiben. So habe eine recht grobe Kartierung der Windlasten Zweifel an der Standfestigkeit einer Wand aufgeworfen. Ein Windgutachten habe dann jedoch detailliertere Werte ergeben und gezeigt, die Wand steht sicher.
Von jeder Wand gibt es Aufnahmen, bei denen man theoretisch jeden einzelnen Stein anschauen kann. Bei der Begutachtung wird dann in Rot das Schadensbild festgehalten und in Blau die Beschreibung der nötigen Arbeiten. Manche Arbeiten sind unbedingt erforderlich. Bei anderen bietet es sich an, sie zu erledigen, solange das aufwendig gebaute Gerüst ohnehin steht. „Hier merkt man die große Erfahrung der Handwerker und mit wie viel Freude sie bei der Arbeit sind. Sie schauen auch nach links und rechts und bringen sich ein“, sagt Heider. Die gesamte Burg instandzusetzen, würde schätzungsweise rund 21 Millionen Euro kosten. Für die nun geplanten Arbeiten werden die Kosten auf rund 9 Millionen Euro geschätzt. „Man kann nicht alles auf einmal machen, allein schon weil es nicht so viele Baufirmen gibt, die diese Natursteinarbeiten machen können.“ Die laufenden Arbeiten sollen bis 2028 abgeschlossen sein und sind in sechs Bauabschnitte unterteilt (mehr dazu siehe Infobox).

Noch bevor die Handwerker die erste Hand an eine Wand legen können, muss Rücksicht darauf genommen werden, dass die Burg nicht nur ein Denkmal ist, sondern auch ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Etwa für Eidechsen werden vorab in der Nähe der Wand Steinhaufen als Rückzugsort aufgestapelt. „Das ist nicht etwa ein Haufen Steine, der vergessen wurde wegzuräumen, sondern Eidechsenquartier“, sagt Heider. Eine Mauer mit vielen Löchern ist gut für Eidechsen, aber nicht unbedingt standsicher, eine dichte Wand hingegen ist „tot für Tiere“. Deshalb werden hier und da bewusst Lücken gelassen. In den wenigen Mauern, die komplett neu aufgemauert werden müssen geht das so weit, dass Kübel und kleine Rohre als Lebensraum mit eingemauert werden.
Die Begrünung der Mauerkronen wird vor den Arbeiten abgenommen, auf einer Folie gelagert und im Sommer auch gegossen. „Es sind zum Teil schützenswerte Pflanzen dabei, die es zu erhalten gilt“, sagt Heider. Weil die Mauerköpfe aber auch dem Wind ausgesetzt sind, habe man verschiedene Varianten mit und ohne Wurzelschutzfolie und Befestigung erprobt, die je nachdem zum Einsatz kommen, wie es der Standort der Mauer erfordert. Der Efeu hingegen, der noch hier und da etwa an der Mauer vor dem Museumseingang rankt, schädigt die historischen Gemäuer und wird rigoros entfernt.

Die Begrünung auf den Mauerkronen erfordert natürlich auch in bestimmten Zeitabständen eine Kontrolle und gegebenenfalls Pflege und Wartung. Manche Mauerkrone hingegen wird man ohne ein sehr aufwendiges Gerüst nie mehr erreichen können. Deshalb setzt man an diesen Stellen auf einen Abschluss mit einem Estrich.
Beim Mörtel verwende man Material ohne Zement. Für eine möglichst lange Haltbarkeit achte man bei der Sanierung darauf, dass der Mörtel weicher und durchlässiger als der Stein ist. Das sei bei früheren Sanierungen und Reparaturen nicht immer optimal beachtet worden, merke man hier und da bei den laufenden Arbeiten. „An manchen Stellen haben die Handwerker während des Stemmens gestoppt, wenn ansonsten zu viel vom historischen Stein kaputt gegangen wäre“, sagt Heider.

Erhaltene historische Putze werden von einer Restauratorin geschützt. Dabei werden Anböschungen an den Rändern angebracht, um eine „Wasserläufigkeit“ herzustellen, damit das Wasser nicht zwischen Putz und Mauerwerk eindringt. Nach dem Sanieren des Mauerwerks gibt es die Möglichkeiten, die Fugen händisch oder maschinell zu schließen. An manchen Wänden lassen sich die Unterschiede zwischen den Verfahren gut nachvollziehen. Bei dem händischen Verfugen kann die Patina erhalten werden. Die Flächen bleiben somit etwas dunkler als jene, die maschinell bearbeitet werden. Das jedoch spart Zeit und somit auch Geld. In manchen der bisher abgeschlossenen Bauabschnitte seien die Kosten geringer als erwartet ausgefallen. Sollten die weiteren Arbeiten keine größeren Überraschungen bringen, bleibe so möglicherweise ein gewisses Budget übrig. „Damit könnten wir mit kleineren Sicherungsmaßnahmen Wände angehen, die bislang nicht vorgesehen sind“, berichtet Heider. So ließen sich vielleicht sogar Bereiche erschließen, die bislang für Besucher nicht zugänglich sind.
„Bislang haben wir noch keine ganz große Überraschung erlebt, aber die Arbeiten sind durchaus für die Bauforschung interessant“, sagt Heider. So habe man etwa einen ausgemauerten Torbogen geöffnet, bei dem man nicht wusste, was sich dahinter verbergen würde. Heraus kam statt eines verborgenen Schatzes jedoch bloß eine weitere Mauer, aber immerhin: „Man lernt weiter über Burg Rheinfels.“
Herangehensweise und Bauabschnitte
Die Sanierung der Burg Rheinfels mit ihren vielen Türmen und Gewölbekellern, Mauern und unterirdischen Gängen stelle manche Herausforderung dar, berichtete Nadja Heider vom Ingenieurbüro HAZ beim Rundgang mit dem Stadtrat St. Goar. Vorab ist systematisch der Zustand erfasst worden. Entsprechend einer Ampel wurden mit Rot Stellen erfasst, an denen kurzfristig Handlungsbedarf besteht, mit Gelb und Grün mittel- und langfristiger Handlungsbedarf. Direktes Handeln ist dort erforderlich, wo es um Standsicherheit und Verkehrssicherheit geht, Dauerhaftigkeit ist ein mittelfristiges Thema. Jedes Bauteil sei mit Kosten für die Instandsetzung hinterlegt worden. Auf dieser Grundlage habe man die Sanierung in sechs Bauabschnitte eingeteilt. Seit 2022 laufen die Arbeiten. Die ersten beiden Bauabschnitte sind abgeschlossen. Diese seien insbesondere wegen der Logistik und komplexer Gerüstbauarbeiten im ersten Bauabschnitt herausfordernd gewesen. phl