Eigentlich nur eine. Und über deren Zündstoff war sich der Redner, CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Wagner, sehr wohl bewusst. Wagner liebt den Moment in einer Debatte, genießt ihn geradezu, genau um die Wirkung seiner Worte wissend. Mal tut er das, um provokante Thesen ins Plenum zu feuern, mal, um den anderen möglichst schon beim ersten Aufschlag die Butter vom Brot zu nehmen. Und Letzteres gelang ihm am Montag mit Glanz und Gloria und von höchster politisch-moralischer Instanz geadelt.
Dass seine Worte wohl gewählt sein würden und er damit allen anderen Rednern im Kreistag gleich den Schneid abkaufen würde, dessen konnte er sich sicher sein. Zu viel ist in Sachen Mittelrheinbrücke in der Vergangenheit passiert. Aber der Reihe nach. Oben genannter Beschlussvorschlag stand im Raum, als Landrat Volker Boch um Wortmeldungen bat. Wagner meldete sich zuerst. Es gab auch keine dramaturgische Alternative für den Startschuss einer Debatte, die dann in der Folge nach dem Hauptmenü und dem Dessert lediglich Brotkrumen übrig ließ.
Wolfgang Wagner sagte im Namen seiner Fraktion: „Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist eindeutig, wir sind nicht mehr in 2018, sondern in 2023!“ Dieser Eröffnungssatz hatte schon mal gesessen.
Erwartungshaltung ist hoch
Aber es kam noch besser: „Der Weg war holprig, auch in diesem Raum. Es gibt auch neue Akteure in diesem Haus, wie in Mainz.“ Das Raunen im großen Sitzungssaal wurde lauter. Und Wagner legte nach: „Das Ganze ist jetzt hinterm Pflug. Wir wollen die Brücke, das Land nach eigenen Angaben auch. Aber wie sehr? Die Erwartungshaltung der Bevölkerung ist immens“, sagte Wagner und fuhr fort: „Wir sehen den Point of no return (Punkt ohne Rückkehr). Das Projekt Mittelrheinbrücke darf nicht mehr scheitern und wird nicht mehr scheitern.“
Hinter dem Beschlussvorschlag steckte das bevorstehende Planfeststellungsverfahren für den Bau der Mittelrheinbrücke. Und dafür werden die Landräte beiderseits des Rheins, Volker Boch und Jörg Denninghoff demnächst wohl häufiger bei Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz vorsprechen, um über die Modalitäten des Brückenbaus zu verhandeln.
Rhein-Hunsrück. Mit dem Abschluss des Raumordnungsverfahrens ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Realisierung der Rheinquerung am Mittelrhein erreicht worden. Die Reaktionen aus der Region darauf fallen allgemein positiv aus.Chance auf Umsetzung jetzt nutzen – Brückenbau über den Rhein gelingt nur gemeinsam
Dafür haben beide Landräte von ihren Kreistagen freie Hand erhalten. Im Rhein-Lahn-Kreis schon länger, im Rhein-Hunsrück-Kreis seit Montag. Es wird unter anderem darum gehen, mit wie viel Prozent das Land den Bau der Mittelrheinbrücke zu fördern gedenkt. Im Raum stehen Zahlen von 80 bis 90 Prozent. Die restlichen Kosten teilen die beiden Landkreise dann unter sich auf.
Wolfgang Wagner lag es fern, dem Landrat auf den Weg zu geben, wie viele Prozente er in Mainz herausschlagen solle: „Wir verzichten auf Prozentvorgaben. Herr Landrat, lieber Volker, gutes Gelingen!“ Also ob es dieser Schlusspointe noch bedurft hätte. Aber sie war, wie sämtliche Sätze zuvor, wohl gesetzt, sodass die Folgeredner sich erst einmal sammeln mussten. Am schnellsten die Fassung wiedergefunden hatte Genosse Michael Maurer, der unumwunden zugab: „Ich hätte nie geglaubt, dass ich bei dem Thema mal sagen würde: Ich schließe mich den Worten meines Vorredners vollumfänglich an.“
Zumindest waren Worte eines CDU-Vorredners zur Brücke gemeint. Maurer hatte zwar einige Argumente aus der Vergangenheit in petto, ließ sie aber glücklicherweise größtenteils stecken, um stattdessen zu betonen, dass man als SPD im Rhein-Hunsrück-Kreis nicht zurückschauen wolle, sondern in die Zukunft.
Auch Maurer wählte die persönliche Anrede, die in Kreistagssitzungen in offiziellen Redebeiträgen höchst selten Verwendung findet: „Lieber Volker, ich drück' Dir die Daumen!“ Zum Schluss drückte Maurer noch seine Freude darüber aus, dass man in Sachen Brücke nun wieder einen Zustand erreicht habe, der ganz „im Sinne der früheren Landräte Fleck und Kern“ sei.
Es folgte Markus Mono von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Nach Umweltgesichtspunkten sei immer noch die Fähre das probate Mittel, um ans andere Ufer des Rheins zu gelangen, schickte Mono voraus. Gleichwohl räumte der Bopparder ein: „Über Für und Wider der Brücke müssen wir nicht mehr diskutieren.“
Mono führte dann die Welterbehüter Icomos der Unesco ins Feld, die dann als Begründung für die Enthaltung der Grünen-Fraktion bei der Abstimmung herhalten mussten. „Icomos legt sich nicht fest. Die sind wie ein Wackelpudding, der mit zu viel Wasser angerührt wurde“, meinte Mono und ergänzte, dass ohne die Fähren eine Rheinbrücke nicht realisierbar sein werde. Grundsätzlich gelte es, im Hinblick auf die Fährverbindungen nachzubessern. „Hier muss nachgesteuert werden, deswegen werden wir Grüne uns der Stimme enthalten.“
Der seit vielen Jahren diskutierte Bau einer Mittelrheinbrücke kann bei Sankt Goarshausen umgesetzt werden. Das ist das Ergebnis eines sogenannten Raumordnungsverfahrens, das der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) und die Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) am Mittwoch ...Raumordnungsverfahren abgeschlossen: Bau von Mittelrheinbrücke bei Sankt Goarshausen ist möglich
Eindeutiger drückte sich im Anschluss Stefan Wickert für die Freien Wähler aus: „Die Brücke war für uns immer ein Kernthema, und wir hoffen, dass das Planfeststellungsverfahren nicht so lange dauert. Wenn es gut läuft, kommen wir mit der Bauzeit in die Buga-Zeit.“
Carina Konrad, Vorsitzende der FDP-Fraktion meinte dann, der Weg zur heutigen Sitzung sei holprig und prägend für alle gewesen, die schon länger in der Runde dabei seien. „Das zeigt, wie notwendig der Wechsel an der Spitze dieses Kreishauses war.“ Die Kreis-FDP werde ein gemeinsames weiteres Vorgehen unterstützen, „und das zeichnet sich nach der Rede der CDU ja ab“.
Grüne waren nicht umzustimmen
Auch Harald Bechberger (AfD) beschwor ein weiteres gemeinsames Handeln und war „froh, dass wir heute an diesem Punkt stehen“. In zentralen Fragen zusammenzustehen zeige, „was wir erreichen können“.
Thomas Bungert von der CDU richtete seine Worte an die Grünen und betonte, dass ein Subventionieren der Fähren durch die öffentliche Hand rechtswidrig sei.
Sein Ansinnen, die Grünen umzustimmen, um Landrat Boch mit einem einstimmigen Votum auszustatten, war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Die Grünen blieben bei ihrer Enthaltung.