Stollhof ist Regionalkantor im Bistum Trier und leitet in dieser Funktion unter anderem vier Chöre, die alle während der Weihnachtstage und in den Gottesdiensten aktiv sind. Für den studierten Kirchenmusiker bedeutet das: Er ist an Heiligabend zweimal sowie an den beiden Weihnachtsfeiertagen in der Oberweseler Liebfrauenkirche und muss im Vorfeld die Auftritte mit allen Musikern proben. „Vor dem Hintergrund sind alle erstaunt, wenn ich sage, dass der Dezember für mich ein eher entspannter Monat ist“, berichtet Stollhof mit einem Lachen.
Deutlich stressiger sei da der November, wenn im Bistum Prüfungen abgenommen werden müssten und wenn das Programm für das kommende Jahr zusammengestellt werden müsse. „Diese Planungen sind sehr zeitintensiv, weil ich immer auf die Rückmeldungen warten muss“, berichtet der Kirchenmusiker.
Im Vergleich dazu seien die Vorbereitungen auf die Auftritte an Weihnachten stressfrei. Das liegt allerdings auch daran, dass Stollhof mit seinen Chören auf hohem Niveau arbeitet und erst Anfang Dezember mit den Proben auf die Weihnachtsgottesdienste beginnt. Er selbst schreibt die Stücke, die optimal auf die Fähigkeiten seiner Musiker abgestimmt sind.
Dass vor den Gottesdiensten ein gewisses Maß an Anspannung vorhanden ist, liegt vor allem daran, dass er im Fall von kurzfristigen Absagen improvisieren muss. „Wir haben sicherlich immer noch Joker in der Hinterhand und auch in allen Bereichen genug, die problemlos ein Solo singen können, aber wenn uns von den Stimmlagen, in denen wir nur wenige Sänger haben, jemand ausfällt, wird es schon herausfordernder“, sagt Stollhof.
Manchmal mehr Psychologe denn Chorleiter
Seine Anspannung hält in der Regel solange an, bis die letzten Proben, die rund eine Stunde vor dem Beginn der Gottesdienste stattfinden, erledigt sind. Denn er weiß, wie wichtig diese Phase ist, wie wichtig es vor allem ist, dass er Optimismus verbreitet, dass er seinen Musikern das Gefühl gibt, dass alles gut wird. „In dieser Phase darf eigentlich nichts daneben gehen, damit keine Unsicherheit entsteht. Und mein Job ist es in dem Moment, Zuversicht zu verbreiten“, so der Kirchenmusiker. Er selbst sieht sich in diesem Moment mehr in der Rolle des Psychologen als des Chorleiters, müsse beispielsweise ein Auge dafür haben, wer noch Zuspruch benötige.
„Bis fünf Minuten vor dem Auftritt ist es harte Arbeit, danach ist Feiern angesagt.“ Das bedeutet auch, dass seine Musiker die Freude am Singen transportieren, die Besucher mit dieser Freude mitreißen sollen. Stollhof selbst ist ab diesem Moment „der Entspannteste überhaupt“. Dann wisse er, dass seine Chöre bestmöglich vorbereitet seien und dass er darauf vertrauen könne, dass jeder Einzelne sein Bestes gebe. „Und wenn was nicht klappt, dann lächle ich. Fehler sind schließlich menschlich.“ Von Aufnahmen während der Auftritte sieht Stollhof ganz bewusst ab. Denn im Nachgang sehe man viele Dinge mit anderen Augen, höre sie vor allem mit kritischeren Ohren. „Das würde vieles entzaubern, und das möchte ich gar nicht.“
Und wenn was nicht klappt, dann lächle ich. Fehler sind schließlich menschlich.
Kirchenmusiker Lukas Stollhof über die Auftritte seiner Chöre
Generell macht es ihm nichts aus, an Weihnachten jeden Tag im Einsatz zu sein. Auch wegen des Zaubers, den diese besonderen Gottesdienste versprühen. Durch die Mitwirkung der Chöre sei die Verbindung zu den Besuchern noch einmal eine intensivere. Hinzu komme, dass die Tage gut planbar seien und noch ausreichend Zeit ließen für Weihnachten daheim. Gerade an den beiden Feiertagen, an denen die Gottesdienste jeweils früh stattfinden, sei das kein Problem. „Wenn nachmittags noch etwas anstehe und man permanent auf die Uhr schauen müsste, wäre das etwas anderes. Aber so lässt sich das gut in den Tagesablauf integrieren“, sagt der Oberweseler Kirchenmusiker.
Ganz ähnlich sieht es auch Joachim Schreiber, Kantor im Kirchenkreis Simmern-Trarbach, der an Heiligabend dreimal und am ersten Weihnachtsfeiertag einmal ran muss. Bei den musikalischen Beiträgen in der Simmerner Stephanskirche liegt die besondere Herausforderung darin, dass die Musiker, die den Familiengottesdienst an Heiligabend mitgestalten, erst einen Tag vorher zur ersten und einzigen gemeinsamen Probe zusammenkommen. Das liegt darin begründet, dass es sich um ehemalige Jugendchormitglieder handelt, die mittlerweile „in der ganzen Welt unterwegs sind“, wie es Schreiber sagt.
Deswegen haben seine Planungen auch bereits im Oktober begonnen – als es darum ging, einen Chor zusammenzustellen. Viele E-Mails, Anrufe und Textnachrichten später war ein junger Chor gefunden, für den Schreiber selbst Lieder schrieb und den Musikern die Noten für die Vorbereitung zur Verfügung stellte. „Die Kompositionen sind auf die Fähigkeiten der Musiker abgestimmt“, sagt der Kreiskirchenkantor. Am ersten Weihnachtsfeiertag singt der Chor der Kantorei in der Stephanskirche, hinzu kommen Instrumentalisten.
Auch hier vertraut Schreiber auf die Fähigkeiten der Musiker. Er selbst wird den Part an der Orgel übernehmen. Anders als sein katholischer Kollege ist für ihn nach dem 11-Uhr-Gottesdienst am ersten Weihnachtsfeiertag Schluss, und er kann die Zeit mit seiner Familie verbringen. Dass er an Heiligabend um 14.30, um 17 und um 22.30 Uhr in der Kirche sein muss, stellt für ihn kein Problem dar.
Gemeinde möchte in Gottesdienste eingebunden werden
Der Ablauf, auch mit der Familie, sei darauf abgestimmt. Er nutze die Zeit zwischen dem zweiten und dem dritten Gottesdienst für ein gemeinsames Essen und die Bescherung, zudem sei auch seine Familie bei der Christvesper um 17 Uhr dabei, seine Frau als Instrumentalistin. „Wir sind es gewohnt und planen entsprechend. Für mich gehört das einfach dazu und ist Jahr für Jahr schön.“ Auch zu sehen, dass viele Heimatbesucher zu den Gottesdiensten kommen, sei etwas Besonderes. Zudem würden an Weihnachten viele Stücke gespielt, die nur in dieser Zeit gehen würden, dazu zähle auch „Stille Nacht“. Da kann Stollhof nur beipflichten. „Das ist ein Lied, bei dem die Gemeinde ausdrücklich einbezogen werden möchte“, sagt er mit einem Lachen.