Einstimmig beschlossen hat der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung das vom Planungsbüro Stadt-Land-plus (Boppard-Buchholz) vorgelegte Radwegekonzept für den Rhein-Hunsrück-Kreis. Da das Planungsbüro auch von den Verbandsgemeinden Simmern-Rheinböllen, Kastellaun und Hunsrück-Mittelrhein sowie von der Stadt Boppard entsprechende Aufträge erhalten hat, sah die Beschlussvorlage im Kreistag vor, dass nur das Hauptnetz beplant werden sollte.
Mit einem Akku unterm Hintern wird der Hunsrück zum Flachland.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Wolfgang Wagner, verfügt mittlerweile auch über E-Bike-Erfahrungen.
Bereits im Kreisausschuss am 13. Februar war man dem vorgelegten Konzept von Stadt-Land-plus gefolgt und hatte es dem Kreistag zur Verabschiedung empfohlen. Neben der einstimmigen Annahme des Konzepts folgte der Kreistag auch der Empfehlung der Verwaltung, dass der Ausschuss für Wirtschaft und Struktur Vorschläge zur weiteren Umsetzung des Radverkehrskonzepts erarbeitet.
Das Konzept unter dem Namen „Vision 2040“ sieht unter anderem vor, auf insgesamt 433 km Streckenlänge alle Zentren im Landkreis miteinander zu verbinden. Diese überregionalen Verbindungen sollen auf Ebene der Verbandsgemeinden ergänzt werden. Aktuell sind von den 433 km 220 km sogenannte HBR-Strecken. Die Abkürzung HBR leitet sich ab aus einer Grundlage eines Merkblatts des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM), der im Jahr 2004 „Hinweise zur wegweisenden und touristischen Beschilderung für den Radverkehr in Rheinland-Pfalz (HBR)“ erstellt hat.
Bestehende Wirtschaftswege nutzen
In Kurzform: HBR-Strecken sind bestehende, als Radwege ausgeschilderte Fahrradstrecken. Im Gegensatz dazu gibt es 15 km nicht beschilderte und 14 km geplante Strecken sowie 185 km als Ergänzung vorgesehene Routen. Zu ergänzen sind beispielsweise Verbindungen zwischen Simmern und Rheinböllen sowie zwischen Simmern und Kirchberg. Es fehlt außerdem ein Radweg zwischen Kastellaun und Emmelshausen und weiter zwischen Emmelshausen und Boppard.
Einzelne Verbindungen vom Rhein bei Oberwesel und bei St. Goar hinauf auf die Hunsrückhöhe gehören ebenfalls in die Kategorie Ergänzung. Das gilt auch für den Aufstieg von Boppard auf die Höhe. Die als Ergänzung ausgewiesenen Verbindungen müssen dabei nicht zwingend neu gebaut werden. Hier können auch bereits bestehende Wirtschaftswege einbezogen werden. Mitunter müssen bei solchen Feldwegverbindungen nur kurze Teilstücke ergänzt werden, um eine durchgehende Strecke zu realisieren, erläutern die Planer von Stadt-Land-plus.
Axel Brechenser von Stadt-Land-plus erläuterte in der Kreistagssitzung außerdem, dass von den 433 km des Zielnetzes 68 km auf Kreisstraßen, 55 km auf Landesstraßen und 42 km auf Bundesstraßen verlaufen. Die Planung des Radwegekonzepts ist detailliert ausgeführt und listet auf, wo Maßnahmen an bestehenden HBR-Strecken erforderlich sind. Das können Deckensanierungen sein oder eine mangelhafte Beschilderung, die behoben werden muss. Teilweise müssen die HBR-Strecken ausgebaut werden, Geländer nachgerüstet oder der Bewuchs entfernt werden.
Für 2024 ist vorgesehen, touristische Radrouten zu Alltagsverbindungen aufzuwerten. Der Lückenschluss zwischen Kastellaun und Emmelshausen soll 2025 ausgebaut werden. Für 2026 ist daran gedacht, beleuchtete Schulwege einzuweihen. Ein Jahr später sollen 1000 sichere Stellplätze mit einheitlichem Buchungssystem im Kreis in Betrieb gehen.
Und wenn alles nach Plan verläuft, weiht der Kreis 2028 neu gebaute Radwege an der B 50 ein. Und 2029 soll's mit dem Pedelec zur Buga gehen. „Mit einem Akku unterm Hintern wird der Hunsrück zum Flachland“, signalisierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wagner Zustimmung zum vorgelegten Radwegekonzept. Landrat Volker Boch bezeichnete das Vorhaben als Generationenprojekt und riet dazu, die genaue Herangehensweise im Wirtschafts- und Strukturausschuss zu beraten.
Kosten soll das Ganze rund 40 Millionen Euro. Eine hohe Summe, aber Wolfgang Wagner bezeichnete das Konzept als „hochinteressante Grundlage“ und ergänzte: „Von 40 Millionen lassen wir uns nicht entmutigen.“
Markus Mono (Grüne) begrüßte das Konzept ebenso wie Klaus-Peter Müssig (SPD): „Das ist mehr als ich eigentlich erwartet habe.“ Dass die Planer die Strecken im Rahmen der Erstellung des Konzepts abgefahren haben, bewertete Müssig als „toll“. Auch Harald Rosenbaum (CDU) war voll des Lobes: „Die Perspektive 2040 ist mir viel zu weit hinten. Mit den 40 Millionen habe ich überhaupt keine Bange. Wenn wir das ernsthaft wollen, müssen wir drangehen.“ Es brauche in dieser Hinsicht einen Investitionsplan Buga, „das ist ganz wichtig, dann hätte der Hunsrück einen Radweg an den Rhein. Das braucht, Herr Landrat, politisches Gewicht“, sagte Rosenbaum.
Zuständigkeit auf VG-Ebene verlagern
Der Landrat reagierte und berichtete, er habe bereits nach Fördermöglichkeiten des Bundes gesucht. „Es geht um viel Geld, aber es geht nicht nur ums Geld“, sagte Volker Boch. Michael Maurer (SPD) hatte keine Bedenken, das Projekt finanziert zu bekommen und meinte, 60 bis 70 Prozent Förderung seien durchaus realistisch.
Walter Bersch gab zu bedenken, dass das Ganze an kleinen finanzschwachen Gemeinden scheitern könnte. „Deswegen haben wir in der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen beschlossen, die Zuständigkeiten von den Ortsgemeinden auf die Verbandsgemeinde zu übertragen“, warf Michael Boos (SPD) ein. Der Landrat nickte und ergänzte: „Da haben wir ja beim Breitbandausbau schon eine Blaupause hingelegt.“ Es folgte die einstimmige Annahme des Radwegeverkehrskonzepts für den Rhein-Hunsrück-Kreis.