Demnach ist geplant, die Reede Bad Salzig einer wesentlichen Änderung zu unterziehen. Die Reede 1 soll künftig als Liegeplatz für Gefahrgutschiffe genutzt werden. Das bedeutet, dass die Schiffe mit Gefahrgut künftig am südlichen Ende von Bad Salzig Richtung Hirzenach festmachen – also weit weg von den Wohnhäusern. Das bedeutet für die Bad Salziger Bürger mehr Sicherheit im Ernstfall. Alle weiteren Reeden sollen erhalten bleiben. Einzig der Bereich um die Anlegestellen der Personenschifffahrt soll frei bleiben.
15 Landgangstege installieren
Die derzeitige Planung sieht vor, dass insgesamt 47 Dalben im Mittelwasserbett des Rheins eingebracht werden. Je nach Höhenlage der angrenzenden Bundesstraße können diese maximal zwei bis drei Meter über Straßenniveau hinausragen. Damit die Schiffer sicher ihre Schiffe verlassen können, sollen circa 15 Landgangstege installiert werden, die unterhalb der Ufermauer zu sehen sind. Die Dalben haben eine Wandstärke von ein bis zwei Zentimetern. Auch eine eckige Variante ist möglich. Die Dalben bestehen aus Stahl und werden in rostgrau oder mit einem Anstrich versehen.
Die Sicherheit der Schiffer soll mit der Modernisierung der Reede Bad Salzig gewährleistet werden. Ähnlich wie bei Lkw-Fahrern, haben auch Rheinschiffer Lenk- und Ruhezeiten, die sie einhalten müssen. Und auch im Hochwasserfall über einen längeren Zeitraum, bei dem die Schifffahrt nicht mehr zugelassen ist, bietet sich die modernisierte Reede Bad Salzig an. Bislang war es kompliziert und gefährlich, ein Schiff in Bad Salzig zu verlassen und an Land zu gehen. Nach einem Arbeitstag bietet sich der Landgang zur Versorgung in den beiden Supermärkten in Bad Salzig an. In der Gastronomie auf ein Bier einkehren oder einfach mal die Sportschuhe schnüren und sich am Ufer körperlich Fitmachen, das ist auf einem Rheinschiff weniger möglich.
„Um eine Liegestelle einzurichten, werden die Strömungsverhältnisse und Wassertiefen herangezogen. Und der Abstand zur Fahrrinne ist die nächste wichtige Komponente“, sagt ein Sprecher vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein.
Die Modernisierung der Liegestellen bietet einen weiteren Vorteil. Dieselaggregate, die bislang auf den Schiffen zur Stromerzeugung genutzt werden, gehören dann der Vergangenheit an. Über die Zugangsstege und die Dalben sollen die Schiffe künftig eine Stromtankstelle nutzen können. Das sieht die Rheinschifffahrts-Polizeiverordnung für Liegestellen vor, dass der Strom dort genutzt werden muss, sofern er vorhanden ist. Damit das Personal problemlos wechseln kann, sollen zwei oder drei Parkplätze für die Schifffahrt an einem geeigneten Standort in der Nähe der Liegestellen zur Verfügung gestellt werden. Einen ersten Ortstermin gab es bereits mit Vertretern des Landesbetriebs Mobilität und der Stadtverwaltung. Die in der Ortsbeiratssitzung vom WSA aufgenommenen Beiträge und Anmerkungen werden in der weiteren Bearbeitung geprüft und wenn möglich berücksichtigt. Somit wird der Planungsprozess des WSA noch weiter andauern. Die Baukosten für die Modernisierung der Reede liegen bei rund 9,5 Millionen Euro, Kostenträger ist der Bund.
Optische Beeinträchtigung
Im Rahmen einer Corona-bedingten Videokonferenz am 25. März wurde Boppards Bürgermeister Walter Bersch und Ortsvorsteher Andreas Nick die Planung erstmals vorgestellt. „Der Rhein ist eine Bundeswasserstraße. Bei den Planungen werden wir zwar beteiligt, haben aber nur sehr beschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten. Die vorgesehenen Dalben werden für eine optische Beeinträchtigung sorgen“, sagt Bürgermeister Bersch, der auf einen Artikel in der Rhein-Hunsrück-Zeitung vom 18. November 1998 hinweist. Am 25. Oktober 1998 kollidierten zwei Tanker auf dem Rhein vor Bad Salzig. Die Havarie der beiden Gefahrgutschiffe, die mit 1700 Tonnen Superbenzin und 2000 Tonnen Flugbenzin beladen waren, verlief glimpflich. Die Kollision hätte auch böse enden können, wie Analysen bestätigten. Feuerwehrverantwortliche und Kommunalpolitiker forderten damals Konsequenzen. Gefahrguttransporte sollten nicht mehr in der Nähe der Wohnbebauung ankern dürfen.
„Die Notwendigkeit erschließt sich mir, für Bad Salzig ist die optische Veränderung aber problematisch. Dalben und Landgangstege werden das Ortsbild deutlich verändern. Es ist ein Anliegen des Ortsbeirats, dass es möglichst schonend und verträglich realisiert wird“, sagt Bad Salzigs Ortsvorsteher. Nach der Vorstellung im Ortsbeirat gab es bereits ein Feedback. Eine neue Variante wird derzeit erarbeitet und soll in einer der kommenden Ortsbeiratssitzungen vorgestellt werden.
Überrascht waren die Mitglieder des Ortsbeirates über die Planung und deren Dimension, zumal es zur Vorbereitung auf die Sitzung keinerlei schriftliche Unterlagen zu diesem Tagesordnungspunkt gab. Einige Ortsbeiratsmitglieder sehen die vorgelegte Planung als weiteren Verlust für die Rheinansicht von Bad Salzig. Das Thema beschäftigt die Bad Salziger so sehr, dass sie zwischenzeitlich die Initiative „#gegen Reede 2.0“ gegründet haben. Initiatoren sind Alfred Fuchs, Alfons Volk, Burkhard Höhlein, Christian Fuchs, Eric Betzing, Julia Klinkhammer, Jürgen Schneider und Wolfgang Spitz.
Industrieanlage mitten im Welterbe
Die Initiative sieht die vorgelegte erste Planung als optische Verschandelung an. Inmitten des Filetstücks des Welterbetals im Umfeld der Burgen Sterrenberg und Liebenstein und des Klosters Bornhofen einen Industriehafen entstehen zu lassen, wollen die Mitglieder der Initiative nicht hinnehmen. „Es geht hier nicht um Anliegerinteressen, sondern um den Gesamteindruck, den man gewinnt, wenn man aus Richtung Boppard oder Hirzenach nach Bad Salzig kommt. Bislang haben Touristen gern einen Stopp eingelegt, um das Ensemble Burgen und Kloster zu fotografieren. Wenn die Dalben ein paar Meter aus dem Wasser ragen und die Landgangstege dauerhaft installiert sind, haben wir eine Industrieanlage mitten im Welterbe. Das wollen wir nicht. Bahnlärm, B 9 und jetzt ein Industriehafen bedeutet für Bad Salzig einen weiteren Verlust“, argumentiert die Initiative.
Zwischenzeitlich hat die Initiative „#gegen Reede 2.0“ Fakten gesammelt und um Akteneinsicht bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung gebeten. Gleichzeitig wurde ein Kontakt mit der Initiative Baukultur Welterbe Oberes Mittelrheintal bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz geschaffen. Und Flugblätter wurden gedruckt, die zwischenzeitlich an alle Bad Salziger Haushalte verteilt sind. Darin werden die Kurstädter aufgerufen, sich der Initiative anzuschließen. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit, sich auf der Internetseite der Initiative www.gegenreede.de anzumelden. „Wir dürfen das nicht einfach so hinnehmen“, heißt es seitens der Initiative.
Und auch die Anwohner am rechten Rheinufer sowie die Betreiber der Gastronomie auf Burg Sterrenberg und Liebenstein dürften nicht begeistert davon sein, wenn die Reede Bad Salzig mit 47 Dalben und Landgangstegen ausgestattet wird. Schließlich werben die beiden Burgen seit Jahrzehnten mit einem herrlichen Ausblick ins Rheintal.