Hängepartie Stadtrat kippt die einstimmige Empfehlung des Hauptausschusses zur weiteren Planung eines Industriegebiets an der A 61
Ratsmitglieder vollziehen Kehrtwende
Nicht mehr abgestimmt werden musste über einen Antrag der CDU-Fraktion, die darauf pochte, die im Haushalt 2018 eingestellten Mittel für den Wegebau auf den Friedhöfen Bad Salzig (50.000 Euro) und Buchholz (150.000 Euro) endlich abzurufen und die beiden Maßnahmen noch in diesem Jahr umzusetzen. Es besteht Handlungsbedarf: Der Zugang zur Leichenhalle in Buchholz (Foto) ist mit Löchern und Rissen übersät. Das soll sich bald ändern. Die Bäume, die den Weg säumten, sind bereits wegen Krankheit gefällt worden. In einem Telefonat hatte Bürgermeister Walter Bersch Wolfgang Spitz (CDU) vor der Stadtratssitzung versichert, dass der Wegebau auf beiden Friedhöfen noch in diesem Jahr realisiert werde. Daraufhin zog die CDU ihren Antrag zurück. Foto: Suzanne Breitbach
Suzanne Breitbac

Boppard. Der Stadtrat Boppard hat in seiner Sitzung am Montag einen 13 Tage zuvor im Hauptausschuss gefassten Beschluss gekippt. Es ging um die erweiterte Machbarkeitsstudie zur Ausweisung eines Gewerbegebiets im Stadtgebiet mit der Standortempfehlung zur Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Industrie- und Gewerbegebiet im Bopparder Stadtwald an der Autobahnausfahrt Koblenz-Mitte. Der Hauptausschuss habe, so Bürgermeister Walter Bersch, am 2. Oktober einstimmig dem Stadtrat empfohlen, den Weg freizumachen für die nächsten Planungsschritte.

Doch Philipp von Loringhoven stellte für die CDU-Fraktion den Antrag auf Vertagung: „Wir sollten erst die von uns beschlossenen Projekte angehen.“ Aufgrund des bereits vorhandenen Staus bereits verabschiedeter Projekte sollte der Rat keine neuen Projekte anstoßen und stattdessen lieber die Umsetzung der anstehenden Vorhaben realisieren, lautete die Begründung des CDU-Antrags. Von Loringhoven befürchtete Kosten von ca. 300.000 Euro, die auf die Stadt zukämen. Dieses Geld würde der Stadt bei der Realisierung der bislang auf Umsetzung wartenden Vorhaben fehlen.

Baurecht in der Schublade haben

Bürgermeister Walter Bersch erklärte daraufhin, dass die Verwaltung allenfalls Baurecht erwirken wolle. Die weitere Planung würde erst erfolgen, wenn konkrete Anfragen möglicher Investoren auf dem Tisch lägen. „Wenn ein Interessent anfragt, können wir dann sagen, dass wir Baurecht in der Schublade liegen haben“, nannte Bersch ein Argument, das potenzielle Investoren, die Interesse an dem Industrieareal zeigen, überzeugen könnte, sich in Boppard niederzulassen. Bersch verwies darauf, dass man sich in den Gremien bereits seit drei Jahren mit dem Thema beschäftige.

Das Argument nannte auch Jürgen Mohr für die Fraktion Bürger für Boppard (BfB) und verwies auf den Beschluss im Hauptausschuss. Rudolf Bersch (CDU) gab zu bedenken, dass er die Kosten für zu hoch und das Grundstück für absolut ungeeignet halte, worauf der Bürgermeister darauf verwies, dass man sich bei dem Beschluss im Hauptausschuss auf die Machbarkeitsstudie von 2015 bezogen habe. Den von Rudolf Bersch in den Raum gestellten Grundstückpreis von 70 Euro pro Quadratmeter bezeichnete Walter Bersch als „Quatsch“. Auf Anfrage unserer Zeitung bezüglich der zu erwartenden Höhe der Erschließungskosten verwies Bersch auf die Machbarkeitsstudie, die bereits im Oktober 2017 vorgelegen habe. Aufgeführt seien darin 35,50 Euro pro Quadratmeter, wenn nur der sogenannte Abschnitt 1b realisiert würde. Setze man die Abschnitte 1a und 1b gleichzeitig um, sei ein Preis 26,40 Euro zu erzielen.

Jürgen Schneider (Freie Wählergruppe Boppard) war wie von Loringhoven der Meinung, dass man zunächst die beschlossenen Dinge angehen sollte: „Ich stimme dem Kollegen zu, wenn man weiß, welche Projekte wir noch in der Pipeline haben. Wir sollten die Prioritäten angehen, sonst blockieren wir uns selbst.“ Schneider kann sich in Bezug auf das ins Auge gefasste Industrie- und Gewerbegebiet gut vorstellen, eine interkommunale Zusammenarbeit anzustreben: „Wir könnten mit anderen Gemeinden realisieren, an der A 61 eine gemeinsame Lösung zu schaffen, sei es mit der VG Emmelshausen oder der VG Untermosel“, schlug Schneider vor. Walter Maifahrt (FDP) erklärte: „Wir haben genügend andere Flächen.“ Hermann Noe (SPD) erinnerte daran, dass die entsprechenden Unterlagen bereits im Hauptausschuss zur Verfügung standen und kritisierte die Kehrwendung einiger Stadtratsmitglieder, die Hauptausschuss für das Projekt gestimmt hatten, im Stadtrat aber nun wieder dagegen waren: „Ich habe gedacht, dass uns das Desaster wie beim Schwimmbad hierbei erspart bleiben würde. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.“

In die gleiche Kerbe schlug Bürgermeister Walter Bersch: „Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass erwachsene Menschen am 2. Oktober einstimmig einen Beschluss gefasst haben und hier eine 180-Grad-Drehung hinlegen.“ Es gehe um eine Richtungsentscheidung für Boppard.

Georg Vetter (FWG) mahnte: „Wir sollten uns nur so viel in den Mund stopfen, dass wir noch kauen und runterschlucken können.“ Damit spielte auch er auf beschlossene Projekte an, die bislang noch umgesetzt sind.

Bürgermeister Walter Bersch brachte den Antrag der CDU auf Vertagung des Themas schließlich zur Abstimmung. Mit 17 Ja-Stimmen, 2 Enthaltungen und 13 Gegenstimmen ging der CDU-Antrag durch. Das Thema wurde damit abermals vertagt.

Winzer erhalten Entschädigung

Ein weiteres Thema, über das im im Stadtrat diskutiert wurde, war ein Antrag der Bürger für Boppard, der vorsah, den Winzern beim Bopparder Weinfest einen anteiligen Pachterlass zu gewähren, weil die Stadt aufgrund eines Unwetters am 23. September das Weinfest an diesem Tag aus Sicherheitsgründen vorzeitig ab 16 Uhr für beendet erklärt hatte (wir berichteten). „Hierdurch entstand den Standbetreibern für den Rest des Tages vollständiger Einnahmeverlust“, hieß es wörtlich im Antrag der BfB.

Bürgermeister Walter Bersch war vehement gegen einen anteiligen Pachterlass. Die Stadt nehme ein jährliches Defizit von 50.000 Euro beim Weinfest in Kauf. „Ich bin nicht bereit, hier eine Kürzung der Einnahmen vorzunehmen“, sagte Bersch. Unterstützung erhielt der Bürgermeister in diesem Punkt von Georg Vetter (FWG). Unternehmer müssten ein solches Risiko einkalkulieren, lautete sein Argument, dem auch Hermann Noe (SPD) folgte: „Kein Gastronom bekommt Geld zurück, wenn er seine Außengastronomie schließen muss, weil es regnet“, spitzte Noe das Thema zu, während Philipp von Loringhoven (CDU) den Antrag als fair bezeichnete und diesen unterstützte.

Jürgen Mohr erinnerte daran, dass es die Stadt gewesen sei, die das Fest geschlossen habe und daher für den Zeitraum der Schließung auch keine Pacht verlangen dürfe. Jürgen Schneider (FWG) betonte, die Schließung sei schließlich zur Sicherheit der Weinfestbesucher erfolgt.

Mit 16 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen folgte der Stadtrat am Ende dem Antrag der BfB. Die Bopparder Winzer dürfen also mit einer Teilentschädigung rechnen.

Von unserem Redaktionsleiter Thomas Torkler

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