An dieser Stelle hatte der Betreiber Juwi bereits seine Windkraftpläne begraben müssen, nachdem auf dem Gebiet der ehemaligen Verbandsgemeinde Rhaunen sensible Vogelvorkommen den vorgesehenen Windpark verhinderten. Nachdem bei Oberkirn nun zwei 241 Meter hohe Windräder immer lauter ins Gespräch kamen, rief die CDU Kirchberg dazu auf, ein deutliches Zeichen gegen das Projekt zu setzen. Und das gelang. Am Samstagvormittag, zu einer Zeit, in der Hunsrücker normalerweise „was schaffe“, nahmen zahlreiche Anwohner aus Dickenschied, Lindenschied, Woppenroth, Sohrschied, Hecken und von weiter her den Weg nach Dickenschied auf sich, um gegen die Windradpläne in der Nachbarschaft zu protestieren. Mit dabei war natürlich auch die Bürgerinitiative „WEA Allern – SooNit!“, die mit einer Onlinepetition innerhalb von nur vier Wochen mehr als 1200 Unterschriften gegen das vom Betreiber Gaia geplante Projekt gesammelt hatte.
Kerstin Rudat, die neue Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbands, freute sich über den starken Zuspruch und fragte angesichts der Tatsache, dass der Rhein-Hunsrück-Kreis bereits die dreifache Menge des im Kreis benötigten Stroms erwirtschafte: „Haben wir Hunsrücker nicht schon unglaublich viel zur Energiewende beigetragen?“ Niemand sei so naiv, zu glauben, der Strom komme aus der Steckdose. Die Energiewende spiele sich auf dem Land ab. „Aber nicht, wenn unsere Natur und Lebensqualität die Verlierer werden. Es reicht!“ Über die Zukunft der Hunsrücker Heimat werde in den Städten entschieden, „mit Planern am Hebel, die ein Bild vom Landleben haben, wie in einer 60er-Jahre Bullerbü-Verfilmung“, ereiferte sich Rudat und schob nach: „Wir lassen uns nicht zur Energie-Lege-Batterie der Städte machen.“ Nicht zuletzt wäre im Falle einer Realisierung der Oberkirner Windkraft-Pläne dann auch südlich der B 50 die Büchse der Pandora geöffnet.
Die Verbandsgemeinde Simmern hatte bekanntlich einmal den Beschluss gefasst, dass südlich der Bundesstraße keine Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Darauf nahm auch der Fraktionssprecher der CDU im Kreistag, Wolfgang Wagner, Bezug. Würden die Oberkirner Anlagen gebaut, wäre das ein Dammbruch im Soonwald. „Wenn sich hier die ersten Windräder südlich der B 50 drehen, weiß ich, wie die Flächennutzungspläne der Zukunft in dieser Region aussehen“, sagte Wagner.
Dass das Thema Windkraft immer emotionaler diskutiert wird, vor allem, seit Bündnis 90/Die Grünen angekündigt haben, die Anzahl der Anlagen im Land verdoppeln zu wollen, weiß Wagner und bediente in seiner Rede sowohl die sachliche, wie die emotionale Schiene. „Dieser Standort ist eine Frechheit und eine kommunale Provokation. Es ist eine nachbarschaftliche Kriegserklärung. Gute nachbarschaftliche Beziehungen hören beim schnöden Mammon auf“, haute Wagner mächtig drauf – und bekam kräftigen Beifall. Der kam übrigens auch von der AfD im Kreis. Bereits im Vorfeld, hatte die Kreis-AfD die Demo der CDU begrüßt, und am Samstag stand Kreisvorsitzender Ralf Schönborn mit auf der Wiese „Auf Allern“.
Die Allianz kommentierte Wolfgang Wagner mit einem Augenzwinkern in Richtung Schönborn: „Du darfst das.“ Hintergrund: Schönborn lebt in Dickenschied, Wagner ist dort aufgewachsen. Von Bündnis 90/Die Grünen wurde allenfalls ein Abtrünniger gesichtet. Hans Dunger, Mitglied im Verbandsgemeinderat Kirchberg, wohnte der Demo ebenfalls bei.
Unterstützung kam auch von Uwe Anhäuser vom Bündnis Mensch und Natur. Der zügelte ein wenig die Emotionalität von Wolfgang Wagner und erinnerte daran, dass es Oberkirner waren, die seinerzeit die Windkraftpläne an gleicher Stelle verhindert hätten. Anhäuser spannte den Bogen über den aktuellen Standort hinaus und blickte weit in den Nachbarkreis Birkenfeld hinein, wo es ebenfalls gelte, die Soonwaldregion frei von Windkraft zu halten. Einen Seitenhieb gegen die CDU verkniff sich Anhäuser nicht. Es seien Wolfgang Wagner und der damalige Kreisvorsitzende Hans-Josef Bracht gewesen, die schon Ende 2014 im Kreistag betont hätte, dass sie weitere Windkraftanlagen ablehnten. Auch dem Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, gab Anhäuser noch einen mit. Dessen Aussage, die CDU schließe gesunde Waldflächen als Energieflächen aus, bezeichnete Anhäuser als „Blödsinn“, angesichts des miserablen Gesundheitszustands des heimischen Waldes. „Aber hier haben wir ein Naturparadies ohnegleichen, mit einer Artenvielfalt, wie sie kaum noch vorkommt, das lassen wir uns nicht kaputtmachen.“
Die CDU-Landtagsabgeordnete Karina Wächter verteidigte ihren Fraktionschef in Mainz sogleich, sagte aber auch, dass der Rhein-Hunsrück-Kreis ja nicht umsonst Energiekommune des Jahrzehnts geworden sei. Jetzt gelte es mit Effizienz und Augenmaß vorzugehen. „Dazu gehört auch, zu sagen: Jetzt reicht's“, sagte Wächter. Wolfgang Wagner gab sich am Ende optimistisch und musste dem Dickenschieder Ortsbürgermeister Volker Bender-Praß recht geben, der Wagners martialische Worte von der „nachbarschaftlichen Kriegserklärung“ nicht mittragen wollte: „Wir wollen keinen Krieg und keinen Kampf führen. Er könne es verstehen, wenn Gemeinden die Einnahmen durch Windräder lockten: „Geld ist natürlich ein sensibles Thema für alle Gemeinden.“
Wolfgang Wagner erklärte: „Der Projektentwickler Gaia sollte schon wissen, dass es ein langer, teurer und steiniger Weg wird. Wir sind ein Boxer, der jede Runde mitgeht und protestieren hier zum richtigen Zeitpunkt.“ Noch sei in Sachen Windräder Oberkirn nichts entschieden. Es gebe lediglich eine positive vereinfachte Raumordnerische Prüfung der Kreisverwaltung Birkenfeld. Wagner sieht vor allem in der Erschließung des Gebiets Aussicht auf Erfolg. Die Erschließung könne der Knackpunkt werden. „Dickenschied kommt hier eine Schlüsselrolle zu.“ Will heißen: Dickenschied könnte den Weg zu den geplanten Standorten verschlossen halten.