Gerade vor dem Hintergrund des vergangenen heißen und äußerst trockenen Sommers spielt das Thema „Wasser“ in all seinen Facetten derzeit eine große Rolle. „Wir müssen das Wasser wieder in den Wald leiten statt in den Kanal“, hatte etwa kürzlich die Leiterin des Forstamts Simmern, Ann-Katrin Scheid, geäußert.
Ein Projekt, das genau das bereits seit sieben Jahren umsetzt, ist das Waldtümpelprojekt sowie sein Nachfolgeprojekt „Stillgewässer im Rhein-Hunsrück-Kreis“. Damit sollen neue Lebensräume geschaffen und die Artenvielfalt erhöht werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist zudem die Wasserrückhaltung.
„Das erste Projekt startete 2015 und beinhaltete die Neuanlage von kleineren Waldtümpeln“, erklärt Uwe Heimfarth von der Unteren Naturschutzbehörde, die sich um die Umsetzung der Projekte kümmert. Mehr als 80 Biotope seien so bis 2017 im gesamten Kreisgebiet entstanden, 60 davon führten dauerhaft Wasser. Die Kosten in Höhe von 50.000 Euro wurden damals über Ersatzzahlungen als Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft finanziert – Eingriffe wie der Bau von Stromleitungstrassen, Windrädern oder Funkmasten etwa. Die Gelder werden von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz verwaltet, die die Maßnahmen bewilligt. Auch das laufende Projekt mit einem Volumen von circa 150.000 Euro wird über diese Zahlungen finanziert.
2018 für Fortführung entschieden
„2018 haben wir bei der Stiftung Natur und Umwelt einen zweiten Antrag zur Fortführung und Erweiterung des Projektes unter dem Namen ,Stillgewässer im Rhein-Hunsrück-Kreis’ gestellt und bewilligt bekommen“, berichtet Heimfarth. Bei dem Projekt, das auf 15 Jahre angelegt ist, gehe es in erster Linie darum, größere Gewässer anzulegen und ältere, bereits bestehende Gewässer und Forstweiher zu entschlammen.
„Aktuell haben wir circa 70 Standorte im Kreis bearbeitet, etwa die Hälfte sind Neuanlagen, die andere Hälfte Entschlammungsmaßnahmen“, sagt er. Relativ neu entstanden sind etwa zwei Teiche oberhalb der Anzenfelder Mühle bei Gehlweiler in der Gemarkung Schlierschied. Schon wenige Monate nach Anlage lassen sich dort die ersten Königslibellen entdecken. Gerade für sie sei die Besonnung der Wasserfläche enorm wichtig. „Wir achten also darauf, dass ringsum nur wenig Bewuchs ist“, sagt Heimfarth.
Auf der Fläche oberhalb der Mühle, auf der einer der größten Teiche des Projekts entstanden ist, standen vorher vornehmlich Fichten, die dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen waren. Diese Flächen wurden freigeräumt und die Wasserstellen ausgebaggert. Dass sie auch zukünftig frei bleiben sollen, hat mehrere Gründe. „Gerade für Schwalben sind Rohbodenflächen wichtig, weil sie sie zum Nestbau brauchen“, weiß Heimfarth. Auch für den Schwarzstorch oder jagende Fledermäuse seien bewachsene Flächen nicht von Vorteil. Allein Brennnesseln, Wasserdost, Disteln und andere Pflanzen bleiben als Nahrungsquelle und Raupenfutterpflanze stehen.
Vor allem Himmelsteiche angelegt
Zudem handelt es sich bei den allermeisten Gewässern um sogenannte Himmelsteiche, die allein durch Regenwasser gespeist werden ohne Anschluss an Oberflächen- oder Grundwasser. „In diesem Fall haben wir eine Ausnahme gemacht und auch einen Graben gezogen, weil die Anzenfelder Mühle bei Starkregen häufig auch von abfließendem Wasser vom Hang betroffen ist“, erklärt er. Die Teiche dort dienten also auch dem Regenrückhalt.
Die Neuanlagen verfügen immer über eine tiefe Stelle, die circa 1,50 Meter tief ist, damit der Teich nicht komplett zufriert und im Sommer nicht ganz austrocknet. „Sonst sind sie möglichst flach, damit Tiere gut wieder rauskommen“, sagt Heimfarth. Und so bieten sie auch einen guten Lebensraum für Amphibien. Gerade diese ziehen schnell ein, weiß er. „Wenn wir die Maßnahme im Winter umsetzen, sind Frösche und Kröten im Frühjahr schon da“, berichtet Heimfarth. Hinzu kommen jede Menge Insekten wie Wasserläufer, Käfer oder Ruderwanzen.
Die Behörde beschränkt sich bei der Neuanlage auf Flächen in Gemeinde- und Staatswald. Und in der Regel seien es die zuständigen Förster, die mögliche Stellen melden. Denn sie wüssten am besten, wo passende Böden und andere nötige Voraussetzungen gegeben seien. Rund um Laubach etwa sei in diesem Bereich Förster Karl Heinz Bohn recht engagiert, rund um Schlierschied sei es sein Kollege Hartmut Frohnweiler. Auch der frühere Förster vom Revier Rheinböllen, Horst Hellwig, habe sich sehr eingebracht. Daher konzentrierten sich die bisherigen Projekte rund um Kisselbach, den Soonwaldrand und Laubach. Findet sich eine ausreichende Zahl an Flächen im räumlichen Zusammenhang, wird ein Auftragsbündel vergeben.
Die große Bandbreite des Projekts lässt sich etwa in Bubach auf engstem Raum begutachten, wo der ehemalige Förster Werner Barth im Projekt aktiv ist. Etwas versteckt am Waldrand findet sich dort eine recht eingewachsene nasse Stelle, die trotz der Hitze im Sommer das Wasser hält, das sich dort flächig verteilt. Nicht weit davon weg findet sich ein Tümpel, der nahezu trocken gefallen ist. „Dieser befindet sich auf einer Landwirtschaftsfläche, in der eine Drainage war“, weiß Heimfarth. Nun läuft der ausgebaggerte Tümpel recht schnell voll, wenn es regnet. In der sommerlichen Hitze bleibt nur ein kleiner Rest Wasser, in dem noch einige Laichkräuter wachsen.
Am Ortsausgang in Richtung Maisborn wurde im Rahmen der Maßnahme ein Forstteich am Eingang zum Gelände des Forsthauses entschlammt. „Der war völlig zugewachsen mit Rohrkolben und Schilf“, erklärt er. In der Regel hätten die Gewässer des Projekts keinen geregelten Zulauf oder andere Bauwerke wie Schieber oder Ablauf, bei Forstteichen wie dem Bubacher sei das jedoch häufiger der Fall. „Durch den Zulauf haben die Teiche auch einen Sauerstoffeintrag“, erklärt Heimfarth. Und dort, am Ortseingang, beglückt der Teich die Einwohner im Sommer obendrein mit einer prachtvollen Seerosenblüte.
Studien zeigen Erfolg
Dass die Maßnahmen von Erfolg gekrönt sind, zusätzlichen Lebensraum bieten und recht schnell von den verschiedensten Artengruppen besiedelt werden, zeigten Studien, die mehrere Studenten der Uni Koblenz während der ersten Projektphase zwischen 2015 und 2017 durchführten. Sie belegten: Innerhalb kürzester Zeit besiedelten Amphibien, Libellen, Käfer und Wanzen die neuen Lebensräume. Heimfarth rechnet damit, dass die neu angelegten Stillgewässer je nach Größe und Standort nach 15 bis 30 Jahren verlanden und den primären Zielgruppen dann nicht mehr dienen.
Doch auch die Verlandungsstadien hätten durchaus einen ökologischen Wert. Die Entscheidung über eine Entschlammung müsse dann im Einzelfall getroffen werden. Das eventuell nötige Freistellen der Wasserflächen von umstehendem Baumbewuchs könnte im Zuge der Forstwirtschaftsmaßnahmen umgesetzt werden.