Chorleiter, Kantor und Opernsänger: Drei Profis aus der Region geben Tipps für besinnliche und klangvolle Stücke
Profis aus dem Kreis geben Tipps: So spielt die richtige Musik zum Weihnachtsfest
Regionalkantor und ARD-Preisträger Lukas Stollhof aus Oberwesel empfiehlt, sich zur Weihnachtszeit mit den Texten bekannter Weihnachtslieder intensiv auseinanderzusetzen. Auch in altbekannten Stücken lassen sich aktuelle Bezüge entdecken, so der Musikexperte. Foto: Werner Dupuis
Werner Dupuis

Rhein-Hunsrück. Was wäre Weihnachten ohne Musik? Wohl ganz schön still und bescheiden. In diesem Corona-Jahr ist alles anders, und das Weihnachtsfest kann nicht so gefeiert werden, wie viele Menschen in der Region sich das vielleicht gewünscht hätten. Chorkonzerte und Rudelsingen unterm Tannenbaum müssen in diesem Jahr ausfallen, dennoch braucht niemand an Weihnachten auf passende und stimmungsvolle Musik daheim verzichten. Im Rhein-Hunsrück-Kreis gibt es zahlreiche Menschen, die kulturell und musikalisch engagiert sind. Unsere Zeitung hat drei Musikprofis nach Empfehlungen fürs Fest gefragt.

Der ARD-Preisträger Lukas Stollhof, Regionalkantor im Bistum Trier, Kirchenmusiker und Konzertorganist aus Oberwesel, hält eine ganze Reihe von Empfehlungen fürs Weihnachtsfest bereit. „Die Musikauswahl an Weihnachten ist, ebenso wie die Auswahl von Essen und Art der Feier, so individuell verschieden wie zu keinem anderen Anlass im Jahr“, betont Stollhof, der selbst verschiedene Chöre leitet. Zwar dürfen Chöre aktuell wegen Ansteckungsgefahr nicht singen. Basierend aus seiner Erfahrung bei der Musikauswahl in der Chorarbeit empfiehlt der Regionalkantor: „Viele Chöre haben ein bestimmtes Stück als Höhepunkt ihres alljährlichen Weihnachtsprogramms erkoren. Auch für mich gibt es Lieder mit der Gemeinde wie ,Nun freut euch, ihr Christen’ (Adeste fideles) oder Chorstücke wie ,Good News’, die ich nicht missen will.“

Neben Altbekannten verbirgt sich aber immer auch etwas Neues. Jahr für Jahr sucht Stollhof auch nach neuen Melodien und Stücken – oder komponiert ganz einfach selbst. „So ist mein Tipp einerseits, sich bei bekannten Weihnachtsliedern ganz neu dem Text zu widmen und gerade in dieser außergewöhnlichen Zeit in Zeilen wie ,Welt ging verloren – Christ ist geboren’ oder ,Ich lag in tiefster Todesnacht – du wurdest meine Sonne’ aktuelle Bezüge zu finden und Hoffnung zu schöpfen.“ Dabei könne man auch erkennen, dass vermeintliche Weihnachtslieder wie „Last Christmas“ außer der Erwähnung in der ersten Zeile nichts mit Weihnachten zu tun hätten.

„Andererseits empfehle ich, die Vielfalt unserer deutschen Weihnachtslieder zu entdecken und mit Liedern wie ,Süßer die Glocken nie klingen’, ,In dulci jubilo’ oder ,Freu dich, Erd und Sternenzelt’ das musikalische Repertoire zu erweitern“, sagt Stollhof und gibt den Tipp, große Chorwerke, wie das „Oratorio de Noel“ von Camille Saint-Saëns oder die „Historia der Geburt Jesu Christi“ von Heinrich Schütz, als Alternativen zum Bach’schen Weihnachtsoratorium kennenzulernen.

Opern- und Konzertsänger Falko Hönisch, der auch die St. Goarer Musikakademie und als St. Goars Stadtchef die Geschicke der Kommune leitet, gibt den Tipp, diesmal einfach selbst Geige, Klavier oder Blockflöte zu bemühen. „Nur Vorsicht natürlich bei allen Instrumenten, die bauartbedingt einen Aerosolausstoß mit sich bringen, ebenso beim Singen, dass man diese nur im geschützten häuslichen Personenkreis oder mit Abstand unter freiem Himmel spielt“, betont er. Wer dennoch lieber für sich musizieren wolle, komme an Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ (alle sechs Teile) oder Händels „Messias“ nicht vorbei.

Einen ganz persönlichen Musiktipp hält Falko Hönisch auch bereit: „Ein kleines Lied des britischen Komponisten Charles Villiers Stanford (1852–1924), das auf ein berührendes Gedicht der englischen Schriftstellerin Winifred Mary Letts (1882–1972) zurückgeht, treibt mir jedes Jahr erneut erfolgreich die Tränen in die Augen: ,The Monkey’s Carol’ (Deutsch: Des Äffchens Weihnachtslied).“ Das rund drei Minuten lange Stück wird aus der Perspektive eines kleinen Äffchens gesungen, das neben der Drehorgel seines alten und schwachen Herrchens in einer kalten Straße um ein paar Pennys für sie beide bittet. Die Moral offenbare sich in der letzten Strophe, in der das zitternde Tierchen singt: „Denn wenn Ihr den Armen ihren Anteil gebt, wird Gott auch Eure Teller nicht leer lassen.“ „Diese Botschaft ist sicher in heutiger Zeit wichtiger denn je und sollte uns allen in dieser herausfordernden Zeit eine Verpflichtung sein, ein solidarisches und den Nächsten liebendes Miteinander zu pflegen“, sagt Hönisch.

Auch bei Joachim Schreiber, Kantor des Kirchenkreises Simmern-Trabach, darf Bachs Weihnachtsoratorium natürlich nicht fehlen. „Für mich als gerade in dieser Zeit besonders eingespannten Berufsmusiker ist die Auswahl nicht einfach“, betont er. Am Schönsten seien natürlich die von jeder Familie zu Hause musizierten Weihnachtslieder – und, außerhalb der Corona-Zeiten, das Singen im Gottesdienst. „Für das häusliche Musizieren gibt es auch immer wieder CDs oder Notenausgaben“, empfiehlt Schreiber und fügt hinzu: „Was die konzertante Weihnachtsmusik angeht, gibt es an erster Stelle die barocken Evergreens: Händels erster Teil des ,Messias’ und das Weihnachtsoratorium von Bach, die ganz stark dazu beitragen, Weihnachten innerlich und äußerlich Klang werden zu lassen.“

Von unserer Redakteurin Denise Bergfeld

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